Gerade im Bereich der Familienunternehmen kommt der rechtzeitigen Regelung der Generationennachfolge in der Praxis große Bedeutung zu. Gleichzeitig mit dem Übergang der Leitungsfunktionen kommt es regelmäßig auch zur vermögensrechtlichen Übertragung von Unternehmen in Form einer Schenkung. Sehr häufig ist diese Vermögensübertragung im Schenkungswege mit der Abgabe eines Pflichtteilsverzichtes seitens des Übernehmers verbunden. Das BFG hatte in einem aktuellen Fall (RV/7100336/2013) zu entscheiden, ob ein derartiger Pflichtteilsverzicht unter die Gebührenpflicht für außergerichtliche Vergleiche zu subsumieren ist.

Rechtslage
Ist eine Vereinbarung als außergerichtlicher Vergleich einzustufen, unterliegt dieser gemäß § 33 TP 20 Abs 1 lit b GebG einer Rechtsgebühr von 2% vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen. Die Definition des Vergleiches richtet sich dabei nach § 1380 ABGB und ist demnach ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet. Mit einem derartigen Vertrag sollen bisher strittige oder zweifelhafte Rechte oder Rechtsgeschäfte bereinigt werden (VwGH 11.9.1987, 86/15/0121).

Sachverhalt im Anlassfall
Die Beschwerdeführerin schloss in Form eines Notariatsaktes im Jahr 2010 mit ihren Eltern einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag ab, wonach sie im Falle des Ablebens ihrer Eltern endgültig auf sämtliche ihr zustehende Erb- und Pflichtteilansprüche verzichtet, und dieser Verzicht gegen die Leistung eines einmaligen, pauschalen Abschlagbetrages erfolgt, welcher von ihren Eltern vor Unterfertigung dieses Vertrages zu leisten ist. Der Vertrag wurde auf Wunsch der Eltern geschlossen, um etwaigen Erbstreitigkeiten der Kinder vorzubeugen und um eine vermögensrechtliche Aufteilung bereits zu Lebzeiten zu erreichen. Der Bruder der Beschwerdeführerin hatte bereits mit Notariatsakt im Jahr 2005 einen Erb-und Pflichtteilsverzicht abgegeben. Das Finanzamt stufte diese Vereinbarung als Vergleich gemäß § 33 TP 20 Abs 1 lit b GebG ein und setzte die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 2% der vereinbarten Abschlagszahlung fest.

Ansicht des BFG
Das BFG wies die Beschwerde als unbegründet ab, da die Vereinbarung einer Abfindung für einen Erb- bzw Pflichtteilsverzicht dann der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 20 Z 2 lit b GebG unterliege, wenn damit unter beiderseitigem Nachgeben einverständlich ein strittiges oder zweifelhaftes Recht neu geregelt worden ist.

Bei der Abgabe des vorliegenden Erb- und Pflichtteilverzichtes habe sich die Beschwerdeführerin den Vertragspartnern nicht vollständig unterworfen, sondern habe eine vertraglich vereinbarte Abschlagszahlung erhalten. Somit sei ein der Höhe nach ungewisses Recht (zukünftig entstehendes Forderungsrecht der Pflichtteilsberechtigten) durch beiderseitiges Nachgeben neu geregelt worden. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Fazit und Kritik
Wird ein Erb -bzw Pflichtteilsverzichtsvertrag gegen eine Abfindung geschlossen und werden dadurch streitige oder zweifelhafte Rechte durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt, ist dies nach Ansicht des BFG als außergerichtlicher Vergleich einzustufen und somit eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 2% vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen zu entrichten.

Die Auswirkungen dieser Sichtweise sind von einiger Tragweite, da unter übernommene Leistungen klarerweise nicht bloß Abfindungsbeträge in Geld zu verstehen sind, sondern schlichtweg alle Leistungen im Zusammenhang mit der Abgabe eines Erb- bzw Pflichtteilsverzichtes. Beispielsweise müsste sodann die Übertragung eines Unternehmens oder eines Gesellschaftsanteiles unter gleichzeitiger Abgabe eines Erb- bzw Pflichtteilsverzichtes zu einer Gebührenbemessung nach § 33 TP 20 Z 2 lit b GebG vom Wert des übertragenen Vermögens führen.

Die Gebührenbestimmung hinsichtlich außergerichtlicher Vergleiche steht seit längerer Zeit in der Kritik. Bezieht man zudem die unentgeltliche Unternehmensübertragung einer Gesamtbetrachtung, so stellt man fest, dass in bestimmten Konstellationen der schenkungsweisen Unternehmensübertagung durch den Anfall von Grunderwerbsteuer, Grundbuchseintragungsgebühr sowie allfälliger Gebühren, wie insbesondere für die Einräumung von Leibrenten und der Vergleichsgebühr, eine nicht unwesentliche Belastung des übertragenen Vermögens erfolgt, welche mangels Realisat aus der Substanz des Unternehmens getragen werden muss.

5.2.2018, Autor: Daniel Hofer / www.deloitte.at