Standort-Entwicklungsgesetz: Was bedeutet dies für zukünftige UVP-Verfahren?
Am 17.8.2018 hat die Begutachtungsfrist für den Ministerialentwurf betreffend das Bundesgesetz über die Entwicklung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich (Standort-Entwicklungsgesetz – StEntG) geendet. Den Erläuterungen zum Ministerialentwurf zufolge soll das Standort-Entwicklungsgesetz einen wesentlichen Beitrag insbesondere zur Verfahrensbeschleunigung in UVP-Verfahren und damit zur Attraktivierung des Wirtschafts-, Industrie- und Infrastrukturstandortes Österreich leisten.
Konkret hat der Gesetzesentwurf sog „standortrelevante Vorhaben“ im Auge. Dabei handelt es sich um Vorhaben, für welche die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen und nach dem 31.12.2018 ein Genehmigungsantrag nach dem UVP-G gestellt worden ist.
Besonderes öffentliches Interesse
Sobald für ein standortrelevantes Vorhaben ein Genehmigungsantrag gestellt worden ist, kann der jeweils örtlich zuständige Landeshauptmann (bei grenzüberschreitenden Vorhaben die jeweils örtlich zuständigen Landeshauptleute) oder ein Mitglied der Bundesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Bestätigung des „besonderen öffentlichen Interesses“ der Republik Österreich (sog „Bestätigungsantrag“) für ein standortrelevantes Vorhaben bei der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort einbringen. Diese hat den Bestätigungsantrag zusammen mit den für seine Beurteilung notwendigen Unterlagen dem jeweils zuständigen Fachminister vorzulegen, der vier Wochen Zeit hat, eine begründete Stellungnahme zu erstatten, in der auch anzugeben ist, ob er das besondere öffentliche Interesse bestätigt oder nicht.
Standortentwicklungsbeirat
Danach wird der Bestätigungsantrag gemeinsam mit der Stellungnahme dem neu einzurichtenden „Standortentwicklungsbeirat“ zur Beurteilung vorgelegt. Bei diesem Beirat soll es sich um ein Expertengremium handeln, das aus sechs Mitgliedern besteht, die auf Vorschlag des Bundeskanzlers und fünf weiterer Bundesminister für eine Funktionsdauer von fünf Jahren bestellt werden. Der Beirat hat binnen weiterer vier Wochen zu tagen, das Vorhaben zu beurteilen und seine Empfehlung abzugeben.
Danach hat die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die Unterlagen zu dem jeweiligen standortrelevanten Vorhaben beschlussreif aufzuarbeiten und eine für die Beschlussfassung durch die Bundesregierung entsprechend begründete Empfehlung zu erstellen. Die Bundesregierung hat bei Vorliegen begründeter Empfehlungen, mögen diese auch negativ ausgefallen sein, jedenfalls einmal im Kalenderhalbjahr über standortrelevante Vorhaben, für die ein Bestätigungsantrag gestellt worden ist, im Form eines Ministerratsbeschlusses zu entscheiden.
Beurteilungskriterien
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein standortrelevantes Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse gelegen ist, haben die Bundesregierung bzw der jeweils zuständige Fachminister und der Standortentwicklungsbeirat insbesondere die vom Standort-Entwicklungsgesetz genannten Kriterien zu beachten. Das Gesetz nennt beispielhaft die überregionale, strategische Bedeutung eines Vorhabens, ein maßgebliches Investitionsvolumen oder ein nach Österreich stattfindender Wissens-, Technologie- und Innovationstransfer. Genannt als Kriterium wird auch die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, was den Erläuterungen zufolge das wichtigste Kriterium für die Beurteilung des besonderen öffentlichen Interesses darstellen soll.
Wird eine Bestätigung für ein standortrelevantes Vorhaben erteilt, soll diese mittels Verordnung kundgemacht werden und auf maximal 20 Jahre befristet sein. Die Kundmachung einer solchen Verordnung löst eine Frist von einem Jahr aus, innerhalb welcher die jeweils zuständige Behörde über einen Genehmigungsantrag nach dem UVP-G zu entscheiden hat. Tut sie dies nicht, gilt das Ermittlungsverfahren als geschlossen und das standortrelevante Vorhaben als genehmigt. Neu ist auch, dass die Behörde diesfalls binnen acht Wochen den Genehmigungsbescheid zu erlassen hat. Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen sind diesfalls nur insoweit vorzusehen, als dadurch wesentliche und nachhaltige nachteilige Auswirkungen des standortrelevanten Vorhabens auf die Umwelt vermieden, eingeschränkt oder, soweit möglich und verhältnismäßig, ausgeglichen oder ersetzt werden können.
Verkürzung der Verfahrensdauer
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass es durch das Standort-Entwicklungsgesetz zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer bei standortrelevanten Vorhaben, denen die Bundesregierung ein besonderes öffentliches Interesse zuerkennt, kommen wird. Die Erläuterungen zum Ministerialentwurf gehen davon aus, dass die Bundesregierung über einen Bestätigungsantrag binnen sechs Monaten entscheiden wird. Danach hat die Behörde noch zwölf Monate Zeit über den Genehmigungsantrag zu entscheiden. Im Vergleich zu anderen Verfahren, die mehrere Jahre gedauert haben und über die medial breit berichtet worden ist (zB Flughafen Wien), wäre dies eine tatsächliche und wesentliche Verkürzung der Verfahrensdauer.
Reduzierter Bewertungsmaßstab
Zu beachten ist allerdings, dass die Behörde einem Genehmigungsantrag nicht zwingend stattgeben muss. Vielmehr kann sie einen solchen Antrag innerhalb der gesetzlichen Frist genauso gut zurück- oder abweisen. Eine Bestätigung der Bundesregierung, dass ein standortrelevantes Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse gelegen ist, führt somit noch nicht automatisch zu dessen Genehmigung. Für solche standortrelevanten Vorhaben soll allerdings ein anderer differenzierter (weniger strenger) Bewertungsmaßstab in Bezug auf die Umweltrelevanz gelten, was ihre Genehmigung jedenfalls erleichtern dürfte.
Ausblick
Die im Rahmen der Begutachtung verfassten Stellungnahmen gehen mit dem Gesetzesentwurf zum Teil hart ins Gericht. So wird insbesondere kritisiert, dass ein standortrelevantes Vorhaben automatisch als genehmigt gilt, sollte die Behörde innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Bestätigung keine Entscheidung treffen. Durch eine missbräuchliche Verzögerung des jeweiligen Verfahrens könnten dank dieses Automatismus standortrelevante Vorhaben genehmigt werden, ohne dass die Behörde die Möglichkeit hat, dieses ausreichend zu prüfen. Auch der reduzierte Bewertungsmaßstab in Bezug auf die Umweltrelevanz wird in verschiedenen Stellungnahmen kritisiert. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Gesetz in der vorgeschlagenen Form beschlossen wird oder doch noch Änderungen erfolgen.
31.08.2018, Autor: Konstantin Köck, Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte / www.jankweiler.at