Hard Brexit: Auswirkungen auf grenzüberschreitende Mitarbeitereinsätze in Sozialversicherungs- und Fremdenrecht
Im Falle eines ungeordneten Brexit wären bei grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen zwischen Österreich und Großbritannien ab dem 30. März 2019 Beschäftigungs- und Aufenthaltsbewilligungen erforderlich und die EU Bestimmungen zur Koordinierung der Sozialversicherung wären nicht mehr anwendbar. Die Regierungen in beiden Ländern arbeiten an Maßnahmen zur Abfederung der möglichen Konsequenzen.
Mit der Ablehnung des Austrittsabkommens durch das britische Parlament am 15. Jänner 2019 ist ein ungeordneter Brexit wahrscheinlicher geworden. Zahlreiche Mitgliedstaaten, darunter Österreich, erarbeiten daher die gesetzlichen Grundlagen, um auch für diesen Fall Rechtssicherheit für entsendete britische BürgerInnen zu schaffen. Das britische Austrittsministerium (DExEU / Department for Exiting the EU) hat die beabsichtigten Maßnahmen in einer Grundsatzerklärung dargelegt. Österreich hat eine „Lenkungsgruppe Brexit“ eingerichtet und ein Sammelgesetz zur Schließung gesetzlicher Lücken ist in Ausarbeitung.
Sozialversicherungsrecht
Wird der Austrittsvertrag nicht unterzeichnet (Hard Brexit), sind die EU-Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ab dem 30. März 2019 nicht mehr anwendbar.
A1 Formulare, die bestätigen, welche Sozialversicherungsvorschriften innerhalb der EU auf die jeweilige Person anzuwenden sind, werden nach Auskunft der österreichischen Sozialversicherungsträger derzeit weiterhin unbefristet ausgestellt. Im Falle eines Hard Brexit verlieren sie jedoch ab 30. März 2019 ihre Rechtsgrundlage und werden ungültig.
Aller Voraussicht nach würde das vor dem EU-Beitritt zwischen Österreich und dem Vereinigten Königreich abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen wieder zur Anwendung gelangen. Das Abkommen wurde im Geltungsbereich der EU Verordnung von dieser ersetzt.[1] Da das Sozialversicherungsabkommen keine Bestimmungen für Personen enthält, die regelmäßig sowohl in Österreich als auch in Großbritannien tätig werden (Mehrstaatentätigkeit), bestünde das Risiko der Doppelversicherung jedoch selbst bei weiterer Anwendbarkeit dieses alten Abkommens. Das Abkommen hat grundsätzlich einen sehr breiten Anwendungsbereich auf Krankenversicherung, Unfallversicherung, Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung und Familienbeihilfe.
Beschäftigungs- und Aufenthaltsbewilligungen
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen Großbritannien und der EU wäre – als eine der Grundfreiheiten des EU Binnenmarktes – ab dem 30. März 2019 nicht mehr anwendbar. Es wären die für Drittstaatsangehörige geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen maßgeblich und für entsendete Mitarbeiter müssten die entsprechenden Beschäftigungs- und Aufenthaltsbewilligungen beantragt werden.
Großbritannien hat in Aussicht gestellt, dass EU-Bürger, die bereits zum Zeitpunkt des Austritts legal im Vereinigten Königreich leben, Settled oder Pre-Settled Status beantragen können sollen und ein Aufenthaltsrecht und Zugang zum Arbeitsmarkt haben werden. Die Österreichische Bundesregierung würde laut Bericht im Ministerrat vom 16. Jänner 2019 in diesem Fall auch für die in Österreich lebenden britischen Staatsangehörigen Gegenseitigkeit gewähren und erarbeitet dafür im Augenblick Lösungen.
[1] Es bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Artikel 8 EU VO 883/2004 so zu verstehen ist, dass bestehende Sozialversicherungsabkommen im Anwendungsbereich der Verordnung ruhen oder außer Kraft treten.
21.1.2019, Autorinnen: Daniela Meßner, Alexandra Platzer / www.pwc.at