Gerade in Covid-19-Zeiten wie diesen benötigt die heimische Volkswirtschaft Risikokapital. Darüber hinaus tragen die börsennotierten Unternehmen massiv zur kommunalen Wertschöpfung sowie Beschäftigung bei und sind selbstverständlich auch ganz wichtige Investoren.

Die Wiener Börse AG in der Wallnerstraße 8 im 1. Wiener Bezirk (Foto: © Wiener Börse)

Gegründet wurde die Wiener Börse von Maria Börse vor beinahe einem Vierteljahrtausend im August 1771 von Maria Theresia. Sie sollte einerseits dem schon damals nicht übermäßig finanzstarken Staat Geld durch Staatsanleihen verschaffen und außerdem den ungeregelten Handel mit Staatsanleihen und Papiergeld (das seit 1762 ausgegeben wurde) eindämmen.

Heute öffnet die Wiener Börse AG als zentrale Infrastrukturanbieterin der Region Tore zu kommunalen ebenso wie zu globalen Märkten. Sie betreibt die Börsenplätze Wien und Prag, sie sammelt und verteilt Kursdaten und berechnet die wichtigsten Indizes für ein Dutzend Märkte der Region. Dank ihres Know-hows vertrauen auch die Nationalbörsen in Budapest, Laibach und Zagreb auf die IT-Dienstleistungen der Wiener Börse. Darüber hinaus ist sie an weiteren Energiebörsen und Clearinghäusern der Region beteiligt. „Dass mehr Unternehmen die heimische Börse nutzen, wird für künftiges Wachstum entscheidend sein“, meint Börsenvorstand Christoph Boschan. „Denn der Weg aus der Krise führt langfristig nur über Rekapitalisierung.“

Ordentliche Leistung im ersten Halbjahr
Die Handelsumsätze an der Wiener Börse haben sich im ersten Halbjahr positiv entwickelt: mit 39,18 Mrd. Euro liegen sie mehr als ein Fünftel (plus 23,86 Prozent) über der Vergleichsperiode des Vorjahres. Gleichzeitig baute der heimische Börsenbetreiber seine Marktanteile aus. Die Zahl der neu an der Wiener Börse gelisteten Anleihen hat sich verglichen zum ersten Halbjahr 2019 mehr als verdreifacht. Seit Beginn des Jahres gab es 1.020 neue Bond-Listings. 676 stammen von internationalen Kunden, darunter die Banco Bilbao Vizcaya Argentina, die zweitgrößte Bank Spaniens und eine der 50 größten Banken weltweit. Seit März ist sie der größte Anleiheemittent in Wien.

Mit 6,53 Mrd. Euro lag der durchschnittliche Monatsumsatz in Wien auf dem höchsten Wert seit 2010. An den beiden stärksten Handelstagen im ersten Halbjahr, dem 20. März und dem 19. Juni (Quartalsverfallstag), wurden 777 und 915 Mio. Euro umgesetzt. Die umsatzstärksten österreichischen Aktien im ersten Halbjahr 2020 waren Erste Group Bank AG mit 7,09 Mrd., vor OMV AG mit 5,51 Mrd. und Raiffeisen Bank International AG mit 3,34 Mrd. Euro. Auf Platz vier und fünf folgten voestalpine AG (3,12 Mrd.) und Verbund AG (2,46 Mrd. Euro).

Ein Tor zur Welt
Neue Initiativen der Wiener Börse, wie der Handel an Feiertagen und die Erweiterung des internationalen Segments „global market“, liefern zusätzliches Volumen. Im global market verzeichnet die Wiener Börse 2020 bislang knapp 1,73 Mrd. Euro Umsatz, im gesamten Jahr 2019 waren es 1,79 Mrd. Der Feiertagshandel am 6. Jänner (138 Mio., 2019 fiel der 6. Jänner auf ein Wochenende), 21. Mai (185 Mio., + 40 Mio. mehr als im Vorjahr) und 11. Juni (288 Mio., + 87 Mio. Mehr als im Vorjahr) brachte zusätzliche 611 Mio. Euro. Mehr als 85 Prozent der Aktienumsätze an der Wiener Börse kommen von internationalen Handelsteilnehmern.

Der heimische Leitindex ATX fiel im Jahresverlauf 2020 um 29,14 Prozent. Das Jahreshoch am 2. Jänner lag bei 6.208,00 Punkten, das Jahrestief am 18. März bei 3.135,05 Punkten. Seit dem Jahrestiefststand und dem gemeinsamen Aufruf der börsennotierten Unternehmen und wichtiger Stakeholder an die Investoren, sich nicht von österreichischen Aktien abzuwenden, verzeichnete der österreichische Nationalindex einen Zuwachs von +38,47 Prozent. Die Marktkapitalisierung aller heimischen, an der Wiener Börse notierten Unternehmen lag per 30. Juni 2020 bei 90,04 Milliarden Euro.

15 Jahre Nachhaltigkeitsindex
Seit Juni hat der VÖNIX – einer der weltweit ersten nationalen Nachhaltigkeitsindizes – eine neue Zusammensetzung: Neu in den Index aufgenommen wurde die Raiffeisen Bank International AG. Der VÖNIX ist in sein 16. Index-Jahr gestartet und ist damit ein Zeichen für gelebte Nachhaltigkeit am Standort Österreich. Er beinhaltet jene an der Wiener Börse notierten Unternehmen, die hinsichtlich ökologischer und gesellschaftlicher Aktivitäten und Leistungen führend sind. Die Berechnung und Verteilung erfolgt durch die Wiener Börse.

Unter den 19 VÖNIX-Mitgliedern 2020/21 finden sich zahlreiche kommunal bzw. regional enorm bedeutende Akteure – Stichworte dazu finden sich in Hülle und Fülle: „Nationale Rübenkrise“ (Agrana Beteiligungs-AG), allgemeine Energieversorgung (EVN, Verbund), Investoren in erneuerbare Energie (u.a. Vienna Insurance Group) etc. Die weiteren Mitglieder in alphabetischer Reihenfolge: AMAG Austria Metall AG, AT & S, BKS Bank, Burgenland Holding, CA Immobilien Anlagen, Erste Group Bank, Kapsch TrafficCom, Lenzing, Palfinger, Raiffeisen Bank International, Rosenbauer, Telekom, Uniqa Insurance Group, Wienerberger und Zumtobel.

Indexmanagement und Nachhaltigkeitsresearch ermöglichen die VBV-Vorsorgekasse, die Raiffeisen Nachhaltigkeits-Initiative und die Security KAG sowie, als technische Partner, die rfu (verantwortlich für die Nachhaltigkeitsanalyse) und die Börse selbst, die für Indexmanagement und laufende Berechnung und Publikation zuständig ist.

Den Stillstand vermieden
„Mit der Dynamik der österreichischen Unternehmen konnte ein Stillstand im Land vermieden werden“, lobt Christoph Boschan. „Die Auszeichnung mit dem Wiener Börse Preis soll den Aushängeschildern am heimischen Markt Rechnung tragen. Sie ist nur ein kleiner Teil der Anerkennung, die den heimischen Unternehmen zusteht.“ Der Preis wurde heuer aufgrund der Covid-19-Maßnahmen schon vor einiger Zeit in kleinem Rahmen in der Wiener Börse übergeben. Der ATX-Preis 2020 ging an die OMV, die damit erstmals die Königsdisziplin für sich entscheiden konnte. Das Unternehmen überzeugte die Juroren und Kapitalmarkt-Experten der ÖVFA mit einer ausgezeichneten und ausführlichen Finanzberichterstattung, umfangreicher IR-Tätigkeit sowie sehr guter Performance und Liquidität im Berichtsjahr 2019. Weiters punktete der Konzern mit klarer Strategie sowie gut wahrnehmbarer Corporate Governance. Die OMV landet auch beim Corporate Bond-Preis auf dem ersten Platz. Insgesamt ist OMV mit 16 Auszeichnungen das meistgekürte Unternehmen in der Geschichte des Wiener Börse Preises.

In der Kategorie „Mid Cap“ stand heuer Palfinger auf Platz 1. Das Unternehmen überzeugte die Jury im Peer Group-Vergleich und bei Strategie/Unternehmensführung. Der VÖNIX-Nachhaltigkeitspreis ging an die Oberbank, die mit ihrer gesamtheitlich nachhaltigen Geschäftsstrategie hervorstach und heuer erstmals einen Preis entgegennahm. Bei den Medien punktete heuer die Erste Group: Sie eroberte den ersten Platz in der Kategorie „Journalisten-Preis“, nach Stockerlplätzen in den vergangenen drei Jahren. Die Fach-Jury begründete ihre Wahl mit dem umfangreichen Angebot für Journalisten, womit das Medien-Team der Erste Group Standards für Kommunikation in der Finanzbranche setzt.

Die Preisträger 2020 auf einen Blick

ATX-Preis

  1. Platz: OMV AG
  2. Platz: Wienerberger AG
  3. Platz: CA Immobilien Anlagen AG

VÖNIX Nachhaltigkeitspreis

  1. Platz: Oberbank AG
  2. Platz: Lenzing AG und Telekom Austria AG

Mid Cap-Preis

  1. Platz: Palfinger AG
  2. Platz: UBM Development AG
  3. Platz: Marinomed Biotech AG

Journalisten-Preis

  1. Platz: Erste Group Bank AG
  2. Platz: Flughafen Wien AG
  3. Platz: Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG

Corporate Bond-Preis

  1. Platz: OMV AG

Der Wiener Börse Preis wird gemeinsam von Aktienforum, APA-Finance, Cercle Investor Relations Austria (C.I.R.A.), Oesterreichische Kontrollbank (OeKB), Oesterreichische Nationalbank (OeNB), Österreichische Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (ÖVFA) mit CFA Society Austria, Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG), VÖNIX-Beirat, Wiener Börse, Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und Zertifikate Forum Austria (ZFA) verliehen.

9.11.2020 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at