Es geht (auch) um IHRE 63 Kilogramm!
Schnitzel, Stelze & Co. vom Schwein sind die bei Weitem beliebteste Fleischsorte hierzulande. Die Statistiker haben zuletzt (für 2019) errechnet, dass sich die mehr als 36 kg, die im Magen jeder Frau Österreicherin, jedes Herrn Österreichers (und, wenn wir richtig interpretieren, auch jedes Nicht-Staatsbürgers, der in unserem Land lebt) landen, auf jährlich insgesamt 323.542 Tonnen summieren. Dafür werden hierzulande jedes Jahr mehr als fünf Millionen Schweine geschlachtet.
Und die haben zumeist schon vor ihrem gewaltsamen Tod ein schlimmes Leben. Denn wie Tiere, die Fleisch, Milch und Eier liefern, gehalten werden sollen, ist zwar im Tierschutzgesetz und in der 1. Tierhaltungsverordnung geregelt.
Besonders bei der Haltung von Schweinen wird dabei aber (über-)deutlich: Mit artgemäßem Leben haben diese gesetzlichen Vorgaben nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich um Mindeststandards, die den tatsächlichen Anforderungen an eine tiergerechte Haltung in keinster Weise entsprechen. So ist es möglich – und dabei völlig legal –, dass mehr als 90 Prozent der Schweine in Österreich auf viel zu wenig Platz, Vollspaltenböden, ohne Stroh und Auslauf gehalten werden. Schmerzhafte Eingriffe (wie Schwanzkupieren und Kastration) in den ersten Lebenstagen der Ferkel sind grausame Routine.
Eine Folge dieser völlig unzureichenden Haltungsvorgaben: Drei Viertel der in der österreichischen Tierhaltung eingesetzten Antibiotika werden Schweinen verabreicht.
Ein Lichtblick
Erfreulicherweise haben die heimischen Konsumenten in den vergangenen Jahren ein besseres Bewusstsein für Tierwohl entwickelt. Die Branche hat darauf reagiert: Es gibt immer mehr Gütesiegel und Markenprogramme, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
Soeben ist die neue, vollständig überarbeitetete Auflage des Einkaufsratgebers „Augen auf beim Schweinefleischkauf“ herausgekommen, in dem die Tierschutzombudsstelle Wien gemeinsam mit Greenpeace, pro-tier, dem Verein gegen Tierfabriken und Vier Pfoten 26 Marken und Gütesiegel für Schweinefleisch nach zwölf Tierwohl- und Umweltschutzkriterien bewertet. Diese Vorgaben betreffen den gesamten Lebenszyklus der Schweine von der Geburt und den ersten Lebenstagen über die Mast bis zur Schlachtung.
Diese Einkaufshilfe für Schweinefleisch stellt übersichtlich dar, welche Maßnahmen hinter den unterschiedlichen Programmen stecken: Eine praktische Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Kriterien einer tiergerechteren und umweltfreundlicheren Schweinehaltung auf der Basis der Richtlinien und Standards der jeweiligen Marken und Gütezeichen.
Am Beispiel Stroh
Nur ein einziges Kriterium als Exempel: Stroh ist sehr wichtig für Schweine! Es kann als Einstreu verwendet werden, ist wärmedämmend und eignet sich auch hervorragend als Beschäftigungsmaterial. Die Schweine können sich auf befestigten Liegebereichen aus Stroh bequeme Schlafnester bauen – und sie mögen es, im Stroh zu wühlen, es zu bekauen und damit zu spielen.
Lexpress Service
Den Einkaufsführer sowie eine Broschüre „Augen auf beim Schweinefleischkauf“ und weitere Infos findet man hier: www.tieranwalt.at
6.1.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at