Update Kartellgesetz: Die wichtigsten Neuerungen
Mit dem Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2021 hat der Gesetzgeber nicht nur unionsrechtliche Vorgaben aus der Richtlinie (EU) 2019/1 umgesetzt, sondern das Kartellrecht vor allem an neuere Entwicklungen im Wirtschaftsleben angepasst. Die Novelle berücksichtigt insbesondere die digitale Plattformökonomie und den Klimawandel. Die praktisch wichtigsten Änderungen gibt es in der Fusionskontrolle.
Die wichtigsten Neuerungen des Kartellgesetzes (KartG) in Kürze:
„Grüne“ Ausnahme vom Kartellverbot
Die Neufassung des § 2 Abs 1 KartG erweitert die wenigen gesetzlichen Ausnahmen vom Kartellverbot: Künftig sollen Kartelle auch dann freigestellt sein, wenn ihr Gewinn wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beiträgt. Die Bestimmung schafft damit Rechtssicherheit und einen Freiraum für unternehmerische Kooperationen zugunsten nachhaltiger Vereinbarungen, die sonst nach nationalem Recht verboten wären. Hier wäre es zudem wünschenswert, auch für Österreich durch Nutzung der Ermächtigung zu Gruppenfreistellungsverordnungen einen klaren „Safe Harbour“ wie in der EU zu schaffen, zumal dies im Gesetz auch diesmal nicht passiert ist.
Modernisierung der Missbrauchsaufsicht
Mit dem Ziel, das Kartellrecht an die digitale Plattformökonomie anzupassen, erfolgt eine Ausdehnung des Tatbestands der marktbeherrschenden Stellung (§ 4 KartG) durch zwei Neuerungen:
Einerseits haben Unternehmen künftig auch dann eine überragende Marktstellung inne, wenn sie etwa durch ihre Vermittlungsleistungen für andere Unternehmen einen bedeutenden Zugang zum Markt oder zu wettbewerblich besonders relevanten Daten haben (§ 4 Abs 1 Z 2 KartG).
Andererseits erfährt der Begriff der marktbeherrschenden Stellung durch das Konzept der relativen Marktmacht eine weitere Verschärfung: Nach dem neuen § 4a KartG gilt ein Unternehmer auch dann als marktbeherrschend, wenn er eine im Verhältnis zu seinen Abnehmern oder Lieferanten überragende Marktstellung hat. Der Gesetzgeber hat damit typische Marktmachtkriterien der digitalen Plattformökonomie im Visier. Durch den neuen § 28a KartG erhalten die Amtsparteien und Regulatoren zusätzlich die Möglichkeit, die marktbeherrschende Stellung solcher Unternehmen gerichtlich feststellen zu lassen, die auf digitalen Märkten agieren.
Änderungen in der Fusionskontrolle
Durch die Neufassung des § 9 Abs 1 Z 2 KartG erfährt die praktisch bedeutsame Anmeldepflicht für Zusammenschlüsse eine von der Praxis häufig geforderte Einschränkung, um die Fusionskontrolle zielgerichteter anzuwenden und unnötige Anmeldungen zu vermeiden: Bisher war jeder Zusammenschluss bei einem Inlandsumsatz von insgesamt mehr als 30 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr anmeldepflichtig. Nach der neuen Reglung müssen zusätzlich mindestens zwei beteiligte Unternehmen jeweils Umsatzerlöse von mehr als einer Million Euro im Inland erwirtschaftet haben.
Es gibt ein neues materielles Prüfkriterium, das eine Untersagung bei deutlich geringeren Auswirkungen ermöglicht: Alternativ zur Begründung oder Verstärkung einer markbeherrschenden Stellung können Zusammenschlüsse künftig auch dann untersagt werden, wenn dadurch eine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs zu erwarten ist (§ 10 Abs 1 Z 1 KartG).
Parallel gibt es zusätzliche Rechtfertigungskriterien: In bestimmten Fällen erhält das Kartellgericht die Möglichkeit, einen Zusammenschluss trotz Vorliegens der Untersagungsvoraussetzungen ausnahmsweise nicht zu untersagen (§ 12 Abs 2 KartG), und zwar bei Zusammenschlüssen, bei denen eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen zu erwarten ist, die die Nachteile überwiegt, oder deren volkswirtschaftliche Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen.
Schlussendlich hat der Gesetzgeber die Pauschalgebühr für Zusammenschlussanmeldungen empfindlich von EUR 3.500,– auf EUR 6.000,– erhöht (§ 10a Abs 1 WettbG).
Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde
Schließlich enthält die Novelle eine Reihe von Anpassungsbestimmungen, die die Rolle der Bundeswettbewerbsbehörde stärken, insbesondere durch Einbeziehung bei der Amtshilfe, Rechtshilfe im Kartellrechtsvollzug und der Vollstreckungshilfe für Geldbußen und Zwangsgelder.
4.10.2021 / Autoren: Lukas Flener, Maximilian Benke / Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH / www.fwp.at