Auswirkungen der Neuregelung der Kryptosteuer in Österreich
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat am 08.11.2021 einen ersten Entwurf des Ökosozialen Steuerreformgesetzes 2022 veröffentlicht. Darin ist auch ein neues Steuerregime für Kryptowährungen enthalten. Mit der Regierungsvorlage vom 15. Dezember wurde noch an der ein oder anderen Stelle nachgeschärft. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die geplanten Regelungen:
Welche Krypto-Assets fallen unter die Neuregelung?
Die neue Kryptosteuer erfasst nur „Kryptowährungen“. Diese werden gesetzlich definiert als „eine digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Damit wird dieselbe Definition verwendet, die auch an anderen Stellen (Art. 3 Z. 18 der EU-Richtlinie 2015/849 und § 2 Z. 21 FM-GwG) für „virtuelle Währungen“ verwendet wird.
Tokens wie beispielsweise Utility Tokens oder Investment Tokens dürften somit nicht unter die Neuregelung fallen. Ebenso wenig greift die Neuregelung für Non Fungible Tokens (NFTs). Für derartige Krypto-Assets kommt es somit zu keinen Änderungen.
Was ändert sich bei der Besteuerung von Kryptowährungen?
Im Privatvermögen wird der Verkauf von Kryptowährungen derzeit noch als Spekulationsgeschäft eingestuft. In den meisten Fällen kommt es demnach nur dann zu einer Besteuerung (mit dem progressiven Steuertarif), wenn der Zeitraum zwischen An- und Verkauf nicht mehr als ein Jahr beträgt.
Mit der neuen Kryptosteuer wird die Spekulationsfrist für Kryptowährungen abgeschafft. Einkünfte aus Kryptowährungen werden stattdessen in das Steuerregime für Kapitalvermögen integriert. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen künftig die folgenden:
- Laufende Einkünfte aus Kryptowährungen: Darunter fallen sowohl Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen (z. B. Lending) als auch der Erwerb von Kryptowährungen durch einen technischen Prozess, bei dem Leistungen zur Transaktionsverarbeitung zur Verfügung gestellt werden (z. B. Mining). Besteht jedoch die Leistung zur Transaktionsverarbeitung lediglich im Einsatz vorhandener Kryptowährungen („klassisches“ Staking) oder werden Kryptowährungen unentgeltlich („airdrops“), für lediglich unwesentliche sonstige Leistungen („bounties“) oder im Rahmen einer Abspaltung von der ursprünglichen Blockchain („hardfork“) übertragen, stellen die erworbenen Kryptowährungen keine laufenden Einkünfte dar. In diesem Fall werden Anschaffungskosten von null angesetzt und es kommt (erst) bei einer späteren Realisierung zur Steuerpflicht.
- Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen sind die Einkünfte aus der Veräußerung gegen Fiat-Geld wie auch aus dem Tausch gegen andere Wirtschaftsgüter und Leistungen. Der Tausch von Kryptowährungen gegen andere Kryptowährungen soll – entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis – keinen Realisierungsvorgang mehr darstellen.
Einkünfte aus Kryptowährungen sollen grundsätzlich dem besonderen Steuersatz von 27,5 Prozent unterliegen. Ausnahmen sind etwa für „private placements“ oder für Betriebe mit einem Schwerpunkt auf dem Handel mit Kryptowährungen vorgesehen. In diesen Fällen gilt der progressive Steuertarif.
Bei Einkünften aus Kryptowährungen soll eine Verlustverrechnung mit anderen Kapitaleinkünften, die dem besonderen Steuersatz unterliegen (ausgenommen Sparbuchzinsen und Stiftungszuwendungen), ermöglicht werden.
Entsprechend den allgemeinen Regeln für Kapitalvermögen wird es künftig auch Entstrickungsregelungen für Kryptowährungen geben. Verliert die Republik Österreich das Besteuerungsrecht an Kryptowährungen (z. B. aufgrund eines Wegzugs des bzw. der Steuerpflichtigen ins Ausland oder aufgrund einer Schenkung an eine:n Ausländer:in), so kommt es zu einer sofortigen Besteuerung. Bei Wegzug in einen EU-/EWR-Staat kann ein Steueraufschub beantragt werden.
Wie wird die neue Steuer erhoben?
Für viele Anleger:innen überraschend kommt die geplante Einführung einer Kapitalertragsteuer (KESt) für Kryptowährungen. Demnach sollen inländische Einkünfte aus Kryptowährungen einem verpflichtenden KESt-Abzug unterliegen, wenn bei laufenden Einkünften ein:e inländische:r Schuldner:in oder ein inländischer Dienstleister vorliegt, die bzw. der die Kryptowährungen oder sonstigen Entgelte gutschreibt. Ebenso soll es bei realisierten Wertsteigerungen zum KESt-Abzug kommen, wenn ein inländischer Dienstleister die Realisierung abwickelt. Der Begriff des inländischen Dienstleisters erfasst Anbieter elektronischer Geldbörsen und Dienstleister, die einen Umtausch von Kryptowährungen in Fiat-Geld vornehmen (jeweils unter Verweis auf die Definitionen in § 2 Z. 22 lit. a und b FM-GwG).
Bemerkenswert sind die Vorgaben an den bzw. die Abzugsverpflichteten zur Berechnung der KESt: Sind dem bzw. der Abzugsverpflichteten nämlich die tatsächlichen Anschaffungskosten der Coins nicht bekannt (etwa weil diese auf einer anderen Handelsplattform angeschafft und anschließend übertragen wurden), so werden dem bzw. der Abzugsverpflichteten weitreichende Möglichkeiten eingeräumt, von dem bzw. der Steuerpflichtigen bekannt gegebene Informationen zu übernehmen. Diesbezüglich ist eine Ermächtigung für das BMF vorgesehen, Details zur konkreten Vorgehensweise des bzw. der Abzugsverpflichteten in einer Verordnung zu regeln. Gibt der bzw. die Steuerpflichtige keine bzw. unrichtige Daten an, ist davon auszugehen, dass die Anschaffung nach dem 28.02.2021 erfolgt ist und ggf. auch dass die Anschaffungskosten dem halben Erlös entsprechen.
Der bzw. die Abzugsverpflichtete soll außerdem zum automatischen Verlustausgleich zwischen Einkünften aus Kryptowährungen verpflichtet werden.
Es sollen inländische Einkünfte aus Kryptowährungen einem verpflichtenden KESt-Abzug unterliegen, wenn bei laufenden Einkünften ein inländischer Schuldner oder ein inländischer Dienstleister vorliegt, der die Kryptowährungen oder sonstige Entgelte gutschreibt.
Christian Massoner
Kommt es zum KESt-Abzug, so führt dies grundsätzlich zur Abgeltungswirkung („Endbesteuerung“) und der bzw. die Steuerpflichtige muss die Einkünfte nicht in seine bzw. ihre Steuererklärung aufnehmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Anschaffungskosten pauschal ermittelt wurden oder auf unrichtigen Angaben des bzw. der Steuerpflichtigen beruhen. In diesen beiden Fällen – sowie generell, wenn kein KESt-Abzug erfolgt – hat der bzw. die Steuerpflichtige die Einkünfte aus Kryptowährungen im Veranlagungsweg zu erklären.
Ab wann gelten die neuen Regelungen?
Die neue Kryptosteuer tritt grundsätzlich mit 01.03.2022 in Kraft und soll bereits alle nach dem 28.02.2021 angeschafften Coins erfassen. Damit kommt es de facto zu einer rückwirkenden Einführung des neuen Steuerregimes: Sämtliche Coins, die bei Inkrafttreten der neuen Regelung noch nicht steuerfrei verkauft hätten werden können, bleiben steuerhängig. Jene Coins hingegen, die vor dem 01.03.2021 angeschafft wurden, bleiben von der neuen Kryptosteuer ausgenommen und können im Privatvermögen zeitlich unbefristet steuerfrei verkauft werden („Altvermögen“).
In die Regierungsvorlage wurde zudem eine zusätzliche Übergangsregel aufgenommen, wonach laufende Einkünfte aus Kryptowährungen ab 01.03.2022 stets unter das neuer Besteuerungsregime fallen, auch wenn dafür Altvermögen eingesetzt wird. Außerdem kann für Realisierungen nach dem 31.12.2021 und vor dem 28.02.2022 das neue Steuerregime bereits auf Antrag angewendet werden.
Das KESt-Regime soll erst ab 2024 eingeführt werden, wobei bereits auf 2022 und 2023 anfallende Erträge freiwillig KESt einbehalten werden kann.
Fazit
Die Neuregelung führt zu einer Abschaffung der Spekulationsfrist und somit zu einer deutlichen Ausweitung der Steuerpflicht von Kryptowährungen.
Positiv zu werten sind die Angleichung an das allgemeine Steuerregime für Kapitalvermögen, der besondere Steuersatz von 27,5 Prozent und die neuen Verlustausgleichmöglichkeiten. Zudem ist der Tausch zwischen Kryptowährungen künftig nicht mehr steuerpflichtig, was in vielen Fällen eine Erleichterung für die Praxis bedeutet.
Differenziert zu sehen ist hingegen die Einführung eines KESt-Regimes. Einerseits ist damit für viele Anleger eine deutliche Vereinfachung der Steuererhebung verbunden, andererseits ist zu bedenken, dass Kryptowährungen (besonders im Vergleich zu anderen Arten von Kapitalvermögen) besonders leicht zwischen Handelsplattformen transferiert werden können. Ob sich die weitreichenden Möglichkeiten für die inländischen Dienstleister, Angaben des bzw. der Steuerpflichtigen einfach zu übernehmen bzw. pauschal Anschaffungskosten zu schätzen, in der Praxis bewähren, bleibt abzuwarten. Dabei ist zu hoffen, dass das KESt-Regime nicht zu einem wesentlichen Standortnachteil für österreichische Kryptodienstleister führt.
Die weitere Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.
18.1.2022 / Autor: Christian Massoner / Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. / www.ey.com
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