Basel III ab 2013 – Wie sich Österreichs Betriebe finanzieren
„Großkunden verschieben ihr Investment auf Anleihen – KMU werden auf den klassischen Kredit setzen“.
13.03.2013. Lexpress-Interview mit Dr. Karl Sevelda, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International AG (RBI)
Lexpress: Die neuen Richtlinien zu Eigenkapitalanforderungen erschweren die Investitionen österreichischer Unternehmen. Welche Alternativen sehen Sie, um als Bank die Investitionen zu begleiten?
Dr. Karl Sevelda: „Die Kreditfinanzierung wird einerseits aufgrund der gestiegenen Refinanzierungskosten teurer, andererseits bringt auch das höhere Eigenkapitalunterlegungserfordernis Kosten mit sich. Das hat natürlich Einfluss auf die Attraktivität der klassischen Unternehmensfinanzierung. Daher sind Unternehmensanleihen derzeit bei unseren Großkunden sehr beliebt. Für kleinere Finanzierungen, ich spreche da von Volumina ab ca. € 30 Millionen aufwärts, können aber auch Schuldscheindarlehen eine kostengünstige Alternative sein. Diese sind einfacher konzipiert und damit auch günstiger als Anleihen.“
Neben den Eigenkapitalanforderungen steigt auch der Aufwand durch zusätzliche Vorschriften und Regulierungen. Wird die klassische Finanzierungsform, der Bankkredit, durch Basel III an Bedeutung verlieren?
Dr. Karl Sevelda: „Das kommt auf das Kundensegment an. Im Bereich der Großkunden sehen wir aus den eben genannten Gründen eine Verschiebung hin zu Anleihen. Das ist aber für die Banken nicht wirklich beunruhigend, da eine Ertragskomponente durch eine andere teilweise ersetzt wird. Gerade für KMU ist aber der klassische Kredit aufgrund seiner vergleichsweise einfachen Dokumentation sowie den im Vergleich mit einem Corporate Bond niedrigen Kosten auch in Zukunft nicht wegzudenken.“
Zunächst sollte Basel III im Jänner dieses Jahres in den G20 umgesetzt werden. Man spricht nun von 2014. Was waren die Gründe für diese Verzögerung?
Dr. Karl Sevelda: „Auf EU-Ebene haben die Verhandlungen zwischen Rat, Europäischem Parlament und der Europäischen Kommission zu Verzögerungen geführt, was aber auch mit der Komplexität der Materie und den unterschiedlichen nationalen Interessen zu tun hat. In Europa sollen die Basel III-Regelungen nun mit 1. Jänner 2014 in Kraft treten und zwar unter Verkürzung der Übergangsfristen um ein Jahr. Im internationalen Vergleich sollte aber nicht übersehen werden, dass die Amerikaner, wie schon bei Basel II, im Gesetzgebungsprozess betreffend Basel III noch viel weiter als die Europäer zurückliegen.“
Werden einzelne europäische Länder die Basel III-Richtlinien abändern können? So soll für KMU eine geringere Eigenkapitalunterlegung gelten.
Dr. Karl Sevelda: „Das Basel III-Paket besteht aus zwei europäischen Rechtsakten, einer Verordnung (CRR) und einer Richtlinie (CRD IV). Erstere wirkt unmittelbar und direkt, daher besteht hier kein Spielraum für die Mitgliedstaaten. Die Richtlinie hingegen muss noch in nationales Gesetz umgesetzt werden, und hier haben die Mitgliedstaaten einen gewissen Ermessensspielraum. Was die geringere Eigenkapitalunterlegung für KMU-Kredite betrifft, so ist diese in der unmittelbar geltenden Verordnung geregelt. Und das ist gut so, weil die Spielregeln in Europa bei dieser wichtigen Materie überall dieselben sein müssen. Durch die Ende Februar vereinbarte Anhebung der Kreditvolumensobergrenze von 1 auf 1,5 Millionen Euro für die begünstigte Behandlung von KMU wird der Kreis der begünstigten Unternehmen im Vergleich zu Basel II erweitert.“
Basel III ist eine Reaktion auf die Finanzkrise, um u.a. die Bankenliquidität sicherzustellen. Durch die CRD-Richtlinien werden nun Kredite an Unternehmen höher unterlegt, nicht so die Derivatgeschäfte als Auslöser der Krise? Auch angesichts des geringen EZB-Leitzinssatzes …
Dr. Karl Sevelda: „Vorsicht, hier werden die Begriffe Liquidität und Eigenkapitalunterlegung vermischt. Ziel der Basel III-Regelungen ist die Qualität des Eigenkapitals zu verbessern und aufzustocken sowie das Austrocknen von Liquiditätsreserven zu verhindern. Die Fragestellung ist insoweit nicht richtig, als ja das Risikogewicht für KMU-Kredite gesenkt wird und Derivatgeschäfte nicht ausschließlich von der CRD IV geregelt werden. Die Basel III-Regelungen sehen jedoch für diese eine verschärfte Eigenmittelunterlegung vor, und zwar für Marktwertschwankungen aufgrund von Kontrahentenausfallrisiken. Und genau damit soll eine Bonitätsverschlechterung des Derivats verhindert werden.“
Bestehen in den Märkten der RBI unterschiedliche Anforderungen, unterschiedliche Rahmenbedingungen der Kreditrichtlinien, für Unternehmen/für die RBI? – insbesondere für den CEE-Raum?
Dr. Karl Sevelda: „Prinzipiell nein. Der Kunde muss immer und überall eine akzeptable Bonität, eine klare Eigentümerstruktur und ein nachvollziehbares Geschäftsmodell haben. Das sind die Grundvoraussetzungen. Je schwächer aber der Kunde ist, desto strenger wird die Kreditstruktur ausgelegt, also z.B. bessere Besicherung oder kürzere Laufzeiten. Und je „schwieriger“ das jeweilige Land und sein Wirtschafts- und Rechtssystem ist, umso kürzer werden generell die Laufzeiten, umso mehr Gewicht wird eben auf die erwähnten Faktoren gelegt.“
Die derzeitige Situation beim Banken-Insolvenzrecht?
Dr. Karl Sevelda: „Den Ansatz der Regierung, zunächst einmal die Prävention von Krisen zu regeln und für die Abwicklung von Banken die Verhandlungen auf europäischer Ebene abzuwarten, sehe ich positiv im Sinne der Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen für Österreichs Banken. Ein angemessener Rechtschutz ist jedenfalls unabdingbar, da die vorgeschlagenen Interventionsmaßnahmen in verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechte wie Eigentumsrecht und Erwerbsfreiheit eingreifen können. Neben der Sicherheit der Einlagen muss nicht zuletzt im Interesse der Kunden außerdem gewährleistet sein, dass neben den bereits bestehenden zahlreichen anderen regulatorischen Vorgaben kein allzu hoher zusätzlicher Aufwand entsteht. Schließlich sind Banken bereits jetzt schon die meistregulierte Branche.“
Wir danken für das Gespräch.