Das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 (RÄG 2014) nahm bei den latenten Steuern in § 198 Abs 9 und 10 UGB eine umfassende konzeptionelle Änderung vom G&V-orientierten Konzept hin zum international üblichen bilanzorientierten Konzept vor (siehe Tax-News Beitrag vom 7.10.2015). Das Gesetz ist erstmalig für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, anzuwenden. Das AFRAC befasst sich in der Stellungnahme Nr. 30 (Fassung vom Juni 2017) mit der Bilanzierung latenter Steuern bei Beteiligungen an Personengesellschaften und trifft wichtige Aussagen für die Praxis.

Unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften im Unternehmens- und Steuerrecht
Personengesellschaften sind kein Steuersubjekt und unterliegen nicht der Einkommen- und Körperschaftsteuer; das Vermögen der Gesellschaft wird ertragsteuerlich als „Bilanzbündel“ den Gesellschaftern der Personengesellschaft zugerechnet. Ebenso werden Gewinne oder Verluste der Personengesellschaft direkt den Gesellschaftern zugewiesen und erhöhen/vermindern das Kapitalkonto. Der steuerrechtliche Buchwert des „Bilanzbündels“ entspricht dem anteiligen Eigenkapital (Kapitalkonto zuzüglich Ergänzungsbilanz) der Personengesellschaft. Im Unternehmensrecht wird die Beteiligung an der Personengesellschaft dagegen als Vermögensgegenstand angesehen. Gewinnansprüche der Personengesellschaft werden in der Regel erst nach Feststellung des Jahresabschlusses der Personengesellschaft als Beteiligungsertrag erfasst. Verluste können eine außerplanmäßige Abschreibung der Beteiligung an der Personengesellschaft erfordern.

Latente Steuern und Personengesellschaften
Die AFRAC-Stellungnahme gliedert die temporären Differenzen systematisch in mehrere Ebenen:

Ebene 1:
Unterschiede zwischen den unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Wertansätzen von auf Ebene der Personengesellschaft bilanzierten Vermögensgegenständen, Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten.

Ebene 2:
Fortschreibung von Ergänzungsbilanz und Sonderbilanz

Ebene 3:
Steuerrechtliche Zuweisung von Gewinn- und Verlustanteilen.

Auf Grundlage dieser Ebenen ist bei der Ermittlung der latenten Steuern wie folgt vorzugehen:

Ebene 1:
Temporäre Differenzen sind in Höhe der für die steuerliche Gewinnzuweisung geltenden Quote zu berücksichtigen.

Ebene 2:
• Ergänzungsbilanz: Bei entgeltlichem Erwerb eines Personengesellschaftsanteils stimmen die unternehmensrechtlichen Anschaffungskosten und das steuerrechtliche Eigenkapital überein. Erst in den Folgeperioden verändert sich das Ergänzungskapital (zB durch die Abschreibung des Firmenwerts, den Abbau stiller Reserven, die Aufdeckung stiller Lasten), dem keine Veränderung des unternehmensrechtlichen Beteiligungsbuchwerts gegenübersteht.

Hinsichtlich des Ansatzes latenter Steuern differenziert das AFRAC wie folgt: Für den Firmenwert soll die Ausnahme gemäß § 198 Abs 10 Z 3 UGB anwendbar sein. Demgegenüber soll für sonstiges Vermögen die Ausnahme nicht greifen, weshalb latente Steuern unter den Voraussetzungen des § 198 Abs 9 und 10 UGB anzusetzen sind.

• Sonderbilanz: Das Sonderbetriebsvermögen wird im Jahresabschluss bzw in der Steuerbilanz des Gesellschafters erfasst. Auf temporäre Differenzen gemäß § 198 Abs 9 und 10 UGB hat der Gesellschafter latente Steuern anzusetzen.

Ebene 3:
Aus der steuerrechtlich und unternehmensrechtlich zeitlich unterschiedlichen Zurechnung bzw Erfassung von Gewinn- und Verlustanteilen können Unterschiede der Wertansätze zwischen Beteiligungsbuchwert zuzüglich Beteiligungsertrag einerseits und steuerlichem Kapitalkonto andererseits entstehen. Hinsichtlich des Ansatzes latenter Steuern unterscheidet das AFRAC wie folgt:

• Gewinnanteile. Kann die Auflösung der aktiven temporären Differenz durch entsprechende Entnahmepolitik gesteuert werden und ist die Auflösung der Differenz in absehbarer Zeit nicht wahrscheinlich, soll § 198 Abs 10 Z 3 UGB anwendbar sein, und ein Ansatz latenter Steuern unterbleibt.

• Verlustanteile. Die Auflösung der passiven temporären Differenz ist durch den Gesellschafter grundsätzlich nicht beeinflussbar. Deshalb soll die Ausnahmebestimmung § 198 Abs 10 Z 3 UGB nicht anwendbar sein, und es sind passive latente Steuern anzusetzen.

Fazit
Nicht die Personengesellschaft selbst, sondern der Gesellschafter der Personengesellschaft hat latente Steuern hinsichtlich seiner Beteiligung an der Personengesellschaft zu bilanzieren. Dazu trifft das AFRAC in der Stellungnahme Nr 30 für die Praxis wichtige Aussagen, insbesondere unter welchen Voraussetzungen temporäre Differenzen in die Ermittlung der latenten Steuern einzubeziehen sind und für welche die Ausnahmeregelung des § 198 Abs 10 Z 3 UGB gelten soll.

13.9.2017, Autor: Karl Stückler, www.deloitte.at