Ministerialentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2024
Am 3. Mai 2024 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) einen Ministerialentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2024 (AbgÄG 2024) zur Begutachtung veröffentlicht. (Symbolbild: pixabay.com)

Der Ministerialentwurf enthält unter anderem folgende wesentlichen Änderungen:

Einkommensteuer

  • Mit dem AbgÄG 2023 wurde die gespaltene Betrachtung bei Einlagen in Kapitalgesellschaften „vergesetzlicht“, nämlich dass eine steuerpflichtige Realisierung, die der Tauschbesteuerung unterliegt, nur in Höhe der Fremdquote verwirklicht wird. In Höhe der Eigenquote liegt hingegen ein Einlagevorgang gem § 6 Z 5 EStG vor. Nunmehr wird diese gespaltene Betrachtung auf Entnahmen aus Personengesellschaften erweitert. Darüber hinaus wird gesetzlich verankert, dass die Aufsplittung eines Einlage- oder Entnahmevorgangs auch für Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen dem Betrieb des Gesellschafters und dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft gelten soll.
  • Das AbgÄG 2024 ermöglicht nunmehr, dass virtuelle Anteile (phantom shares), die per se sonst alle Voraussetzung der neuen Start-up-Mitarbeiterbeteiligung erfüllen, bis 31. Dezember 2025 umgestellt werden, ohne dass es zu einer Bewertung und (Lohn-)Besteuerung kommt. Vor dem Umstieg sollte eine allgemeine Vorteilhaftigkeitsüberlegung angestellt werden.
  • Lebensmittelspenden sollen steuerfrei ermöglicht werden (dh der steuerliche Buchwert gilt als Betriebsausgabe).

Körperschaftsteuer

  • Insbesondere bei Gruppenerweiterungen „nach oben“ soll eine potentiell doppelte Verlustverwertung eingeschränkt werden, sodass Verlustvorträge vor dem Entstehen der neuen Gruppe, die aus ehemaligen steuerwirksamen Teilwertabschreibungen oder aus Veräußerungsverlusten hinsichtlich von Beteiligungen an Körperschaften stammen, die bereits im Zeitpunkt der Abschreibung oder Veräußerung Mitglied einer anderen Unternehmensgruppe waren, beim neuen Gruppenträger nicht mehr mit dem Gruppenergebnis verrechnet werden können. Das Verrechnungsverbot soll temporär und nur für den neuen Gruppenträger gelten.
  • Die Verrechnung von ausländischen Verlusten im Regime der Steuergruppe soll als Wahlrecht ausgestaltet werden.
  • Die aufgrund eines aktuellen BFG-Urteils nunmehr eng zu verstehende Antragsmöglichkeit auf Gruppenbesteuerung soll gemäß dem vorliegenden Entwurf erweitert werden, sodass ein Antrag über FinanzOnline mittels qualifizierter Signaturen möglich ist.
  • Die in § 10a und § 12 KStG normierten Niedrigsteuer-Tests für die Hinzurechnungsbesteuerung, den Methodenwechsel sowie für niedrigbesteuerte Zinsen und Lizenzen werden um nationale Ergänzungssteuern gem Pillar II ergänzt.

Pillar II

  • Zahlreiche kleinere Details wurden klargestellt oder sprachliche Unzulänglichkeiten korrigiert.
  • Die temporäre CbCR-Safe-Habour Regel soll um Unternehmensgruppen erweitert werden, die nicht zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts (CbCR) verpflichtet sind. Weiters sind Änderungen in der vereinfachten Berechnung bei hybriden Gestaltungen angedacht.

Umsatzsteuer

  • Im Zuge der Implementierung der Vorgaben der EU wird ein „EU-Kleinunternehmer“ geschaffen, sodass österreichische Unternehmen auch in anderen Mitgliedstaaten die Kleinunternehmerbefreiung in Anspruch nehmen können sowie – vice versa – ausländische Unternehmen in Österreich von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen können. Der relevante Umsatz des Kleinunternehmers in der EU darf im Vorjahr und laufenden Jahr EUR 100.000 nicht überschreiten, wobei eine Toleranzgrenze für das einmalige Überschreiten von den Mitgliedstaaten implementiert werden kann.
  • Für die Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung für ausländische Unternehmen in Österreich darf der EU-weite Umsatz EUR 100.000 nicht übersteigen. Bei Überschreiten des EU-weiten Umsatzes von nicht mehr als 10% kann die Steuerbefreiung bis zum Ende des Kalenderjahres weiterhin in Anspruch genommen werden. Zudem dürfen lokale steuerbare Umsätze iHv maximal EUR 42.000 bewirkt werden.
  • Kleinunternehmen können unabhängig des Rechnungsbetrags von der Möglichkeit der vereinfachten Rechnungsausstellung gem § 11 Abs 6 UStG Gebrauch machen. Der bereits geltende EUR 400 Betrag für Bagatellrechnungen bleibt erhalten.
  • Lebensmittelspenden unterliegen künftig einer echten USt-Befreiung (dh keine Entnahmebesteuerung) unter vollem Vorsteuerabzug.
  • Die Differenzbesteuerung ist bei der Lieferung von Kunstgegenständen nicht anwendbar, sofern bei der Lieferung an den Wiederverkäufer oder bei der Einfuhr durch den Wiederverkäufer der ermäßigte Steuersatz angewendet wurde.

BAO

  • Die Anträge auf Fristverlängerungen für die Einreichung von Abgabenerklärungen sollen auf eine einmalige Nachfrist eingeschränkt werden.
  • Der Vollzug bei doppelt ansässigen Gesellschaften wird nunmehr klar geregelt. Hat die Gesellschaft im Sitz-Staat Rechtspersönlichkeit, obwohl sie nach österreichischem Recht nicht als juristische Person zu behandeln ist, kann ihr ein Bescheid zugestellt werden. Eine unbeschränkte Haftung der Gesellschafter für die Abgaben der Gesellschaft ist für Drittstaaten zu beachten.
  • Die Umsatzsteuer-Gutschrift-Zinsen sollen eingeschränkt werden.

Sonstiges

  • Die antraglose Arbeitnehmerveranlagung wird ausgeweitet.
  • Ein Freibetragsbescheid wird nur auf Antrag ausgestellt.
  • Als rückwirkendes Ereignis nach § 295a BAO sollen die nachträgliche Übermittlung eines korrigierten Lohnzettels als auch die Korrektur beim Familienbonus Plus gelten.
  • Das Abzugsverbot des § 12 Abs 2 KStG wird um Kryptowährungen ergänzt.
  • Präzisierungen bei Fonds werden vorgeschlagen, sodass vom Entwurf zu § 186 Abs 1 InvFG nur Sondersteuersatz-Kapitaleinkünfte erfasst werden, Abs 5 hingegen für tarifversteuerte Kapitaleinkünfte gelten. Die 20%ige Bagatellgrenze soll von den Sondersteuersatz-Kapitaleinkünften plus der Erträge, die Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen iSd § 14 Abd 2 Z 1 und 3 InvFG entsprechen, berechnet werden. Ausschüttungen von inländischen Grundstücks-Gesellschaften gem ImmoInvFG sollen als Bewirtschaftungsgewinne gelten.
  • Es soll keine Gebühr gem § 14 TP 5 GebG mehr auf jene Beilagen entfallen, die auf elektronischem Wege der Behörde übermittelt werden, wenn diese schon im selben Verfahren in Papier vorgelegt wurden.
  • Die Zuständigkeiten für Konzerne, die CbCR und Pillar II relevante Gesellschaften in Österreich haben, soll neu geregelt werden, sodass das Finanzamt für Großbetriebe allgemein zuständig ist.

Mit einer Gesetzwerdung ist unseres Erachtens noch im frühen Sommer zu rechnen. Die Begutachtungsfrist endet bereits am 17. Mai 2024.

8.5.2024, Autorin: Selina Siller, PwC Österreich Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GmbH, www.pwc.at