COVID-19: Stundung für Kredite von Verbrauchern und Kleinstunternehmen
Als Folge der COVID-19-Pandemie ist die Liquidität vieler Kreditnehmer angespannt; dies gilt auch für Verbraucher (etwa wenn ihr Dienstverhältnis gekündigt wurde) und für Kleinstunternehmen (etwa wenn sie ihr Geschäft schließen mussten und bis zur Lockerung der Maßnahmen daher keine Einnahmen generieren konnten). Die Bundesregierung hat daher nach dem Vorbild des deutschen Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz initiiert, welches die im Folgenden dargestellten Erleichterungen für Kreditnehmer enthält.
Der Anwendungsbereich der Erleichterungen umfasst die von Verbrauchern und Kleinstunternehmen vor dem 15.3.2020 abgeschlossenen Kreditverträge; Kreditverträge anderer Kreditnehmer sowie andere Formen der Kreditierung wie Stundungen oder Leasingverträge sind nicht erfasst.
Das Gesetz definiert Kleinstunternehmen durch einen Verweis auf Art. 2 Abs 3 des Anhangs zur Empfehlung 2003/361/EG der Europäischen Kommission betreffend die Definition von Unternehmensgrößen; nach dieser Definition sind Kleinstunternehmen solche, die im letzten Geschäftsjahr weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt haben und deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz höchstens EUR 2 Mio. betragen hat. Kredite anderer Unternehmen sind nicht erfasst.
Die Erleichterung besteht vor allem in einer Stundung jener Verbindlichkeiten des Kreditnehmers (Rückzahlungen, Zins- oder Tilgungsleistungen), die zwischen dem 1.4.2020 und dem 31.10.2020 fällig werden; die Stundung tritt von Gesetzes wegen ein. Der Kreditnehmer muss die Stundung jedoch verlangen und gegenüber dem Kreditgeber das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen darlegen und nachweisen.
Die Dauer der Stundung beträgt sieben Monate ab der Fälligkeit der einzelnen Verbindlichkeit. Das Gesetz stellt klar, dass sich der Kreditnehmer mit der Zahlung der gestundeten Beträge nicht in Verzug befindet, sodass ihn keine Verpflichtung zur Bezahlung von Verzugszinsen trifft.
Voraussetzungen für die Stundung bei einem Verbraucher sind, dass er aufgrund der Folgen der COVID-19-Pandemie Einkommensausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Zahlung der geschuldeten Beträge nicht zumutbar ist. Unzumutbarkeit liegt insbesondere dann vor, wenn im Falle der Zahlung der angemessene Lebensunterhalt des Verbrauchers oder jener Personen, die ihm gegenüber einen Unterhaltsanspruch haben, gefährdet ist. Bei einem Kleinstunternehmen setzt die Stundung voraus, dass es infolge der auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführenden Umstände die Zahlungen nicht leisten kann, oder dem Unternehmen die Zahlung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich ist.
Die gesetzliche Stundung lässt das Recht des Kreditnehmers, die zwischen 1.4.2020 und 31.10.2020 fälligen Kreditverbindlichkeiten zu bezahlen, unberührt. Leistet der Kreditnehmer die fälligen Beträge vereinbarungsgemäß weiter, gilt die Stundung als nicht erfolgt.
Der Kreditnehmer kann mit seinem Kreditgeber auch andere Vereinbarungen abschließen, die ihm die Bedienung des Kredits nach Maßgabe seiner persönlichen Verhältnisse ermöglichen; beispielsweise kann eine befristete Reduktion der Kreditraten vereinbart werden. Das Gesetz sieht auch vor, dass der Kreditgeber dem Kreditnehmer ein Gespräch über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Regelung und mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten soll, wobei das Gespräch über Fernkommunikationsmittel geführt werden kann.
Für den Zeitraum nach dem 31.10.2020 können der Kreditnehmer und der Kreditgeber eine Vereinbarung über die Rückzahlung des Kredits abschließen; kommt keine Einigung zustande, verlängert sich die Laufzeit des Kreditvertrages um sieben Monate, wobei die Fälligkeit aller vom Kreditnehmer geschuldeten Leistungen entsprechend hinausgeschoben wird.
Das Recht des Kreditgebers zur Kündigung des Kreditvertrags wegen Zahlungsverzugs oder wegen einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers ist bis zum Ablauf der gesetzlichen Stundung ausgeschlossen.
Der Kreditgeber hat dem Kreditnehmer eine Ausfertigung des Kreditvertrags, in der die Stundung bzw. die abgeschlossenen Vereinbarungen (sowohl für den Zeitraum bis 31.10.2020 als auch für den Zeitraum danach) berücksichtigt sind, zur Verfügung zu stellen. Bei bloßen Stundungen (sowohl bei der gesetzlichen als auch bei einer vereinbarten unentgeltlichen Stundung) bestehen keine zusätzlichen Informationspflichten gegenüber dem Kreditnehmer.
Zu Sicherheiten ist geregelt, dass sich eine Frist für die Verwertung der Sicherheit durch die Stundung verlängert, sodass dem Kreditgeber für die Inanspruchnahme der Sicherheit nach der letzten, durch die Stundung hinausgeschobenen Fälligkeit derselbe Zeitraum zur Verfügung steht, wie er nach den Vereinbarungen vor der Stundung bestanden hat.
3.7.2020 / Autor: Gregor Schett / Fellner Wratzfeld & Partner
Rechtsanwälte GmbH / www.fwp.at