Der österreichische Automarkt trotzt der Corona-Krise
Geringe Treibstoffkosten, Klimaschutz und Förderungen sprechen laut Konsumenten für E-Auto-Kauf.
Im Rahmen der Global Automotive Consumer Study analysiert das Beratungsunternehmen Deloitte jährlich die Konsumentenmeinungen zu Entwicklungen in der Automobilbranche. Die aktuelle Ausgabe beinhaltet die Einschätzungen von mehr als 24.000 Personen aus 23 Ländern, darunter auch 1.046 Befragte aus Österreich.
Das Ergebnis: Die Corona-Pandemie wirkt sich im Automobilbereich relativ gering auf das Kaufverhalten der Österreicher aus. Lediglich 21 Prozent der Studienteilnehmer haben wegen der Krise ihre Kaufpläne verschoben, nur fünf Prozent entscheiden sich für ein anderes Fahrzeugmodell. Damit ist die Kaufkraft in Österreich im internationalen Vergleich recht stabil. In den USA etwa peilen 34 Prozent einen späteren Zeitpunkt für den Autokauf an, 16 Prozent wählen krisenbedingt ein anderes Modell.
Verbrennungsmotoren dominieren
Vor allem herkömmliche Antriebsmodelle sind hierzulande gefragt: Diesel- und Benzin-Fahrzeuge gelten für rund 58 Prozent der österreichischen Studienteilnehmer noch immer als bewährte und leistbare Option. „In unsicheren Zeiten greifen viele auf Altbewährtes zurück. Dieser Trend lässt sich weltweit beobachten“, erklärt Matthias Kunsch, Partner bei Deloitte Österreich. „Die Mehrheit der Österreicher bevorzugt beim nächsten Autokauf ein Diesel- oder Benzin-Fahrzeug. Das Interesse an Elektro- und Hybridautos lässt mit rund 35 Prozent zwar nicht nach, wächst wegen der Krise aber auch nicht.“
Beim Autokauf selbst mögen es die meisten heimischen Befragten traditionell: Trotz Social-Distancing-Maßnahmen kommt ein virtueller Fahrzeugkauf nur für die wenigsten in Frage. 87 Prozent wollen ihr nächstes Fahrzeug nach wie vor physisch beim Autohändler ihres Vertrauens erwerben.
Gute Argumente für E-Auto-Kauf
Gründe für den Umstieg auf Elektroantrieb gibt es laut den wechselwilligen Konsumenten genug. Die österreichischen Studienteilnehmer nennen hier vor allem die geringeren Treibstoffkosten, den Kampf gegen den Klimawandel sowie staatliche Förderungen. Ein großes Manko ist jedoch das mangelnde Angebot an leistbaren Modellen. So sind aktuell rund 41 Prozent der Österreicher bereit, bis zu 30.000 Euro für ein Elektrofahrzeug auszugeben. In diesem Preissegment ist die Auswahl aber noch sehr beschränkt. Neben den hohen Anschaffungskosten äußern die Befragten auch Bedenken hinsichtlich Reichweite und Sicherheit.
„Immer wieder werden Forderungen nach einer besseren öffentlichen Ladeinfrastruktur laut. Das ist mit Sicherheit ein wichtiger Punkt. Interessanterweise planen aber laut Umfrage die meisten Interessenten, ihre Elektrofahrzeuge zu Hause aufzuladen. Nur 27 Prozent geben bislang an, öffentliche Ladestationen verwenden zu wollen. Das liegt unter anderem auch an der zu langen Ladedauer. Das vollständige Laden zu Hause oder am Arbeitsplatz ist deshalb noch immer die beliebteste Vorgehensweise”, ergänzt Branchenexperte Kunsch.
Misstrauen gegenüber neuen Technologien
Die Österreicher zeigen sich zwar gegenüber Innovationen wie E-Mobilität aufgeschlossen, bei Technologien wie autonomem Fahren oder vernetzten Fahrzeugen ist aber weiterhin eine deutliche Skepsis zu spüren: 48 Prozent der heimischen Befragten sind der Ansicht, dass selbstfahrende Autos nicht sicher sind. Das sind sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Nur knapp ein Viertel der Studienteilnehmer glaubt außerdem an die Vorteile von mit dem Internet vernetzten Autos – 64 Prozent haben sogar ernste Sicherheitsbedenken. Asiatische Konsumenten scheinen hier laut Studie um einiges offener zu sein: In China sind zum Beispiel 83 Prozent von den Vorteilen dieser Technologie überzeugt.
„Für die meisten Österreicher ist der Nutzen von autonomem Fahren und vernetzten Autos nach wie vor nicht greifbar“, erklärt Kunsch. „Dementsprechend sind sie auch nicht bereit, wesentlich mehr für diese Technologien auszugeben. Hier braucht es seitens der Anbieter intensive Aufklärungsarbeit, um die bestehenden Berührungsängste zu überwinden. Die Zeit drängt.“
E-Zulassungen stiegen 2020 um 93 Prozent
Hauptsächlich getragen von strategischen Investitionen in den vergangenen Jahren ist es den Herstellern dennoch gelungen, den E-Fahrzeugmarkt weiter voranzutreiben, zeigen die Ergebnisse des aktuellen „E-Mobility Sales Review“ von PwC Autofacts und Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Nun werden sowohl die Hersteller als auch die Zulieferer des neuen Produktportfolios in dieser Sparte mit hohem Wachstum belohnt: So stiegen die Neuzulassungen von E-Autos 2020 in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um fast 93 Prozent. Nach einem neuen Rekord von knapp 7.778 Neuzulassungen im Dezember erreichte der Marktanteil der 2020 in Österreich neu zugelassenen E-Fahrzeuge einen neuen Höchstwert von 20 Prozent.
Auf Platz eins der Wachstumstreiber stehen hierzulande die Plug-in-Hybride (PHEV) mit einem Plus von 254 (!) Prozent im Vergleich zum Vorjahr, die Zulassungen der Voll-Hybride (Hybrid) nahmen um 81 Prozent zu. Auch batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) steigerten sich in Österreich im gleichen Zeitraum um rund 73 Prozent. An der Spitze der meistverkauften E-Autos (BEV) in Österreich 2020 steht der „Tesla Model 3“, gefolgt von „Renault Zoe“ und dem „VW ID.3“.
„2020 war ein realer Stresstest für die Automobilindustrie, die trotz der Covid-19-bedingten Umsatzeinbußen weiterhin in die Transformation des Produktportfolios hin zu Elektrofahrzeugen investiert und einen veritablen Wendepunkt für den E-Mobilitätsmarkt erreicht hat“, kommentiert Peter Trögel, Automobilexperte und Director bei Strategy& Österreich. „Jetzt geht es für Fahrzeughersteller darum, ganze Portfolien von traditionellen Produkten auf E-basierte oder auf Elektromobilität ausgerichtete Plattformen umzustellen.“
Der globale Vergleich
Die zehn analysierten europäischen Märkte (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, UK, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Österreich) bestätigen dabei einmal mehr ihre Vorreiterrolle im E-Auto-Markt: Der Marktanteil der elektrischen Fahrzeuge kletterte 2020 auf knapp 26 Prozent. Europaweit verzeichnen PHEV im Jahresvergleich das größte Wachstum (+213 Prozent) und erreichten einen Anteil von 21 Prozent an allen neu zugelassenen Elektroautos, während die rein batterieelektrischen Fahrzeuge 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 107 Prozent auf 27 Prozent Anteil wuchsen.
Im weltweiten Vergleich bleibt der Marktanteil von Elektroautos in China mit 7,2 Prozent hinter Europa zurück, zeigt aber ein klares Übergewicht von 70 Prozent reinen Batteriefahrzeugen im Segment. Trotz massentauglichen Angebots auch von sehr günstigen Elektrofahrzeugen wuchs der gesamte E-Markt hier 2020 um nur 20 Prozent. In den USA verhindert unter anderem der Fokus auf hochpreisige Fahrzeugsegmente noch immer das weitere Wachstum der Elektromobilität. Trotz stagnierender Absatzzahlen (2020: +1,1 Prozent) stieg der E-Anteil am US-amerikanischen Markt von 4,3 Prozent im Jahr 2019 auf 5,1 Prozent 2020.
„Neue Produkteinführungen und das ungebrochene Interesse an E-Autos werden auch 2021 für ein großes Absatzwachstum sorgen“, erwartet Peter Trögel. „Zudem werden nun neben der öffentlichen Ladeinfrastruktur auch private Ladesäulen gefördert, was einen kritischen Erfolgsfaktor für die Mobilitätswende darstellt.“
Für eine zukunftsgerichtete und nachhaltige Marktentwicklung ist bei den Automobilherstellern neben umfassenden Investitionen in Forschung und Entwicklung vor allem strukturelle Anpassungsfähigkeit gefragt: „Die Transformation der Technologien, Prozesse und Lieferketten in der Automobilindustrie erhöht weiter ihre Geschwindigkeit“, erläutert Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich. „Der Anspruch ist bereits heute, verschiedene Entwicklungszyklen parallel laufen zu lassen, um technologische Verbesserungen an einzelnen Komponenten schneller integrieren und mit globalen Wettbewerbern mithalten zu können. Um mit der rapiden Marktdynamik mithalten zu können, müssen Fahrzeughersteller daher stetig in technologische Weiterentwicklungen investieren.“
10.2.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at