Wie Governance-Funktionen die Transformation unterstützen. (Symbolbild: pixabay.com)

Kaum eine Branche steht so massiv unter Transformationsdruck wie die Automobilindustrie. Auf dem Weg in eine CO2-neutrale Zukunft müssen die Unternehmen ihre Einkaufsprozesse, Entwicklungs- und Produktionsmethoden und ihre Vertriebsmodelle grundlegend überdenken. Derweil könnte die Unsicherheit über die weitere Marktentwicklung und künftig erfolgversprechende Geschäftsmodelle kaum größer sein. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld prägte in diesem Zusammenhang das Diktum von den „unknown Unknowns“.

Die Frage, welchen Beitrag die Governance-Funktionen in solchen Umbruchphasen leisten können, wurde bislang nur wenig beleuchtet. Wir sind überzeugt, dass sie eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Transformation der Automobilindustrie spielen können, indem sie helfen, Hard- und Softwarewelt miteinander zu verbinden und aus dieser Verbindung neue Wertschöpfungspotenziale zu entwickeln – vorausgesetzt, sie sind bereit, sich laufend selbst zu transformieren.

„Die Frage ist nicht, ob das Software- oder Hardware-Mindset überlegen ist. Automobilhersteller, die einen Weg finden, beide Welten zu verbinden, werden künftig einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil haben“, so Roland Berger Partnerin Caroline Merk in Frankfurt.

Governance-Funktionen setzen den Rahmen und gestalten den Umbruch
Was versetzt die Bereiche Recht, Compliance, Interne Revision, Integrity Management und Risikomanagement in diese machtvolle Lage? Es ist vor alle die Dualität von „Shape & Protect“ – ein Konzept, das die Mercedes-Benz Group schon seit mehreren Jahren in ihrem Leitbild verankert hat. In ihrer „Protect“-Funktion schaffen und sichern die Governance-Funktionen den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen der Transformation. Dabei managen sie nicht nur Risiken, sondern sind zugleich aktive Gestalter des Umbruchs, indem sie neue Möglichkeiten ausloten und dabei ihre „Shape“-Rolle ausfüllen.

Aus knapp einem Dutzend Fachinterviews mit Führungskräften der Mercedes-Benz Group AG, wissenschaftlicher Literatur zum Thema und der Branchen- und Transformationsexpertise unserer Partner haben wir sechs Bausteine des Wandels vom Hardware- zum Software-Unternehmen abgeleitet, zu denen Governance-Funktionen einen wichtigen Beitrag leisten.

Die sechs Bausteine des Wandels vom Hardware- zum Soft-wareunternehmen: Wie Unternehmen der Wandel gelingt.

Unternehmen der Automobilbranche stehen aktuell vor der Herausforderung, neben dem bestehenden „Hardware-Mindset“ auch ein „Software-Mindset“ aufzubauen – und zu integrieren. Weil beide Ansätze für sehr unterschiedliche Arten des Denkens, Steuerns und Managens stehen, ist das nicht ganz einfach. Während traditionelle Konzepte von längeren Entwicklungszyklen, wenigen, eher großen Projekten, hierarchischen Strukturen und einem ROI-getriebenen Vorgehen geprägt sind, setzt der aus der Software-Entwicklung stammende Ansatz auf kurzfristige, iterative Entwicklungsprozesse und eine projektzentrierte Herangehensweise.

Weil es in der Automobilindustrie bislang nicht viele Führungskräfte gibt, die in beiden Welten zuhause sind, müssen Neugier und Offenheit neu erlernt und gezielt gefördert werden. Governance-Funktionen kommt hierbei die Aufgabe zu, die Ausbildung dieser Kompetenzen zu unterstützen und die Integration beider Ansätze voranzutreiben. Gleichzeitig müssen die verschiedenen Governance-Bereiche die unterschiedlichen Welten in ihrer eigenen Arbeit reflektieren und prüfen, welche Implikationen sich daraus für ihre eigenen Personalprofile oder Arbeitsprozesse ergeben.

18.04.2024, Autorenteam: Markus Baum, Caroline Merk und Andreas Poeschl, Roland Berger, www.rolandberger.com