VAT in the Digital Age („ViDA“) – Keine Einigung im ECOFIN am 14. Mai 2024 zum Kompromissvorschlag, (Symbolbild: pixabay,com)

Am 8. Dezember 2022 hat die Europäische Kommission mit ihrem Richtlinienentwurf für die Initiative „VAT in the Digital Age“ (ViDA) ihre lang erwarteten Vorschläge zur Modernisierung der Mehrwertsteuervorschriften in der EU vorgelegt. Grob lässt sich der Richtlinienvorschlag in folgende drei Maßnahmenpakete gliedern, die schrittweise in Kraft treten sollen.

  • Digitale Mehrwertsteuermeldepflichten und elektronische Rechnungsstellung (Digital Reporting Requirements / E-Invoicing)
  • Plattformwirtschaft (Platform Economy)
  • Einzige EU-Mehrwertsteuerregistrierung (Single VAT Registration)

Der Richtlinienentwurf wurde von einigen EU-Mitgliedstaaten sehr kritisch kommentiert. Am 8. Mai 2024 wurde ein Kompromissvorschlag veröffentlicht, der im Rahmen des ECOFIN am 14. Mai 2024 besprochen, aber noch nicht final beschlossen wurde. Besonders kritisch wurden die ursprünglich vorgesehenen, kurzen Umsetzungsfristen gesehen. Nun soll das Inkrafttreten für die meisten Änderungen um 2,5 Jahren verschoben werden.

Fristen für das Inkrafttreten der Änderungen gemäß Kompromissvorschlag:

  1. Juli 2027: Änderungen Plattformwirtschaften und Einzige EU-Mehrwertsteuerregistrierung
  1. Juli 2030: Einführung digitale Meldepflichten und verpflichtende elektronische Rechnungsstellung (“DRR”)
    Nach Inkrafttreten der Richtlinie können die EU-Mitgliedstaaten die im Inland ansässigen Unternehmen auch verpflichten, für inländische Leistungen E-Rechnungen auszustellen. Eine vorherige Genehmigung durch den EU-Rat sowie die Zustimmung des Rechnungsempfängers ist künftig nicht mehr erforderlich.

Details der Neuerungen gemäß Kompromissvorschlag

Plattformwirtschaft – fiktive Leistungskette

  • Digitale Plattformen, die die kurzfristige Vermietung von Unterkünften oder Personenbeförderung unterstützen, werden so behandelt werden, als hätten sie selbst diese Dienstleistungen empfangen und erbracht.
  • Bei Anwendung der Leistungskettenfiktion tritt die Plattform gegenüber dem Kunden als fiktiver Leistender und gegenüber dem Leistenden als fiktiver Leistungsempfänger auf und stellt die Mehrwertsteuer für die zugrunde liegende Dienstleistung in Rechnung.
  • Die Dienstleistung an die Plattform gilt als steuerbefreit ohne Recht auf Vorsteuerabzug.
    Außerdem wird eine Verpflichtung für die Plattform, die in die Lieferung von Gegenständen eingebunden ist, eingeführt, den Eigentümer der Gegenstände über ein Verbringen der Gegenstände zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten zu informieren, wenn der Eigentümer das Verbringen nicht ausdrücklich beauftragt hat.

Einheitliche EU-Mehrwertsteuerregistrierung

  • Die Regelungen zur Umkehrung der Steuerschuld und zum One Stop Shop („OSS“) werden ausgeweitet, das Modell der fiktiven Leistungskette wird auf sämtliche Lieferungen innerhalb der EU über Online-Marktplätze ausgeweitet (auch für das Verbringen von eigenen Gegenständen) und die Vereinfachungsregelung für Konsignationslager abgeschafft.
  • Im Fall der Margenbesteuerung kommt es zu keinem Übergang der Steuerschuld. Plattformen, die in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sind und nur inländische Lieferungen in diesem Mitgliedstaat ermöglichen, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Lieferkettenfiktion.

E-Rechnung und Digitale Meldepflicht

  • Künftig gilt eine elektronische Rechnung nur dann als Rechnung iSd UStG, wenn diese in einem standardisierten Format ausgestellt wird. Jedenfalls als mögliches Format gilt das bereits aus B2G bekannte Format iSd RL 2014/55/EU.
  • Quasi-Echtzeit Reporting von innergemeinschaftlichen B2B Transaktionen an lokale Finanzverwaltungen basierend auf standardisierten elektronischen Rechnungen (idR nicht betroffen: nationale B2B Umsätze, Drittlandsumsätze, B2C-Transaktionen).
  • Elektronische Rechnungen für Umsätze, die unter die digitale Meldepflicht fallen, müssen innerhalb von 10 Tagen ab Leistungsdatum ausgestellt werden.
  • Sammel-(e-)Rechnungen sind weiterhin erlaubt, aber mit der Einschränkung, dass sie nur noch maximal die Umsätze eines Kalendermonats umfassen dürfen und dass sie bis zum 10. Tag des Folgemonats ausgestellt werden.
  • Die Bankverbindung des leistenden Unternehmers ist künftig ein verpflichtendes Rechnungsmerkmal.
  • Die digitale Meldung der Umsätze durch den Rechnungsaussteller hat an dem Tag zu erfolgen, an dem die Rechnung ausgestellt wurde oder spätestens hätte ausgestellt werden sollen (dh 10 + 0 Tage nach Leistungsdatum).
  • Die Frist für die Meldung durch den Leistungsempfänger beträgt 5 Tage nach Rechnungstellung bzw. ist spätestens an jenem Tag, an dem die Rechnung spätestens hätte ausgestellt werden sollen (dh 10 + 5 Tage nach Leistungsdatum).
  • Die Mitgliedstaaten können die Gewährung des Vorsteuerabzugs für Umsätze, die unter eine nationale digitale Meldepflicht fallen, davon abhängig machen, dass eine elektronische Rechnung im strukturierten Format vorliegt.

14.5.2024, Autorin: Johanna Rosenauer, PwC Österreich Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GmbH, www.pwc.at