E-Commerce beeinträchtigt industrielle Wertschöpfungskette
Industrievertriebe müssen ihre Geschäftsmodelle revidieren, um zu überleben.
Wien. Eine Umfrage unter Industriekäufern in Europa, den USA und China liefert Anhaltspunkte dafür, dass der Onlinehandel für Disruption beim Industrieeinkauf sorgt. Mit Direktkäufen beim Hersteller und dem Wachstum bei elektronischen Marktplätzen entwickelt sich die industrielle Wertschöpfungskette ständig weiter und traditionelle Vertriebe geraten unter Druck, wenn es darum geht, Marktanteile zu halten.
Auf der Basis einer Befragung von 800 Einkäufern in Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien zeigt die UPS-Analyse zum Kaufverhalten in der Industrie, dass 2017 mehr als 90% der Industriekäufer direkt beim Hersteller einkaufen – ein Anstieg von 27% im Vergleich zur letzten UPS-Käuferumfrage im Jahr 2015. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass die Einkäufer einen größeren Teil ihres Budgets bei Herstellern ausgeben: Hersteller-Direkteinkäufe machen mittlerweile 44% der Kundenausgaben in Europa aus.
Druck auf die Zwischenhändler
„Das Kaufverhalten in der Industrie im Jahr 2017 ist von Disruption geprägt, und Direktkauf sowie Onlinehandel ersetzen die etablierten Geschäftsbeziehungen zwischen Vertrieb und Einkauf“, sagt David Hudson, Marketing Manager, UPS Deutschland. „Egal, ob es sich um Herstellerdirektkäufe oder elektronische Marktplätze handelt – der traditionelle Zwischenhändler erfährt Druck von überall und Online-Informationen sowie die Transaktionsfähigkeit treiben diese Veränderung maßgeblich voran.“
Wie können Industrieverkäufer diese Verlagerung bei der Nachfrage bewältigen? Laut der UPS-Umfrage besteht der größte Einzelfaktor darin, den After-Sales-Service zu verbessern: 86% der industriellen Abnehmer erwarten von ihren Zulieferern Serviceleistungen nach dem Kauf – eine Steigerung von 8% gegenüber 2015. Obwohl ein effektiver Retourenprozess den wichtigsten After-Sales-Service darstellt, erwarten Käufer darüber hinaus ein breiteres Dienstleistungsangebot. Dabei werden Wartung und Reparaturen vor Ort von mehr als 70% der Befragten als wichtigste Faktoren genannt. Tatsächlich hilft der After-Sales-Service Zulieferern im Hinblick darauf, die Kundentreue und die Rentabilität zu steigern: 55% der Befragten signalisierten ihre Bereitschaft, den Anbieter aufgrund des After-Sales-Service zu wechseln.
Mehr Tempo, bitte!
Ferner erwarten die Käufer schnellere Zustellung. Zwei von fünf Käufern gaben an, dass sie bei mindestens einem Viertel ihrer Industriebestellungen die Zustellung noch am selben Tag benötigen und 60% sagten, sie brauchen die Lieferung für alle Bestellungen normalerweise innerhalb von 48 Stunden oder weniger.
Die Studie unterstreicht darüber hinaus die Bedeutung des Versicherungsschutzes im Rahmen des Lieferantenangebotes und das Wachstum bei grenzüberschreitenden Umsätzen. Die Hälfte aller europäischen Käufer in der Umfrage gaben an, dass sie zu einem Zulieferer wechseln würden, der besseren Versicherungsschutz bietet. Im Hinblick auf grenzüberschreitende Umsätze zeigt die Umfrage, dass 33% der Befragten ihre Produkte hauptsächlich im europäischen Ausland beschaffen. Direkt im Anschluss daran folgen die USA und China als weitere bedeutsame Einkaufsquellen.
Hohe Erwartungen
In Deutschland ist die Anzahl der Befragten, die ihren Kauf mithilfe der zuständigen Kundenbetreuer ausgeführt haben, von 52% im Jahr 2015 auf 43% in 2017 gefallen. Die Anzahl der Käufer, die am Standort der Zulieferer einkaufen, sank ebenfalls drastisch von 41% (2015) auf 26% (2017). Gleichzeitig wird der Online-Einkauf immer beliebter in Deutschland, da bereits 77% der industriellen Abnehmer dieses Jahr auf elektronischen Marktplätzen eingekauft haben. Deutsche Industriekäufer liegen immer noch in Führung, wenn es um die Veränderungen bei den Herstellerdirektverkäufen geht: 94% der Unternehmen kaufen mittlerweile direkt beim Hersteller ein. Die Erwartungen der deutschen Käufer an den After-Sales-Service sind ebenfalls hoch: 85% der Unternehmen gaben an, dass sie Service vor Ort erwarten.
„Unternehmen, welche die Veränderungen in den Mustern des Industrievertriebes erkennen, wird es gelingen, ihre Kunden zu halten und in neue Märkte zu expandieren“, sagte David Hudson. „Dies beinhaltet das Anbieten benutzerfreundlicher Online-Kanäle, Investitionen in die Lieferketten und die Erkenntnis der wachsenden Bedeutung von After-Sales-Service.“
2.2.2018, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at
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