Die pauschale Aufteilung der Gestellungsvergütung in einen Arbeitnehmer- und einen Unternehmerteil bringt eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung. (Symbolbild: pixabay.com)

Für das Bundesministerium für Finanzen war das VwGH-Erkenntnis vom 23. April 2021 (Ra 2020/13/0089) Anstoß, die Entlastung von der Abzugsteuer durch die Verordnung zur Abzugsteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellung pragmatisch neu zu regeln.

Ausgangssituation
Da ausländische Arbeitgeber bei Gestellung von Arbeitskräften zur Arbeitsausübung in Österreich der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, müssen die Beschäftiger in diesen Fällen 20% Abzugsteuer vom Gestellungsentgelt einbehalten. Auch wenn das anwendbare DBA Österreich das Besteuerungsrecht an den Unternehmensgewinnen des Überlassers entzieht, weil keine Betriebsstätte in Österreich besteht, ist eine Entlastung von dieser Abzugsteuer nicht ohne weiteres möglich. Die Abzugsteuer dient nämlich auch der Sicherstellung der Besteuerung der überlassenen Arbeitnehmer. Wenn die Einkünfte der überlassenen Arbeitnehmer in Österreich nicht bereits steuerlich erfasst wurden (durch Lohnsteuerabzug oder Veranlagung), muss laut VwGH die fiktive Einkommensteuer der überlassenen Arbeitnehmer errechnet werden. Die Abzugsteuer kann nur insoweit rückerstattet werden, als sie diese fiktive Einkommensteuer übersteigt. Die erforderliche Vergleichsberechnung würde zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand auf Seite der Unternehmen sowie der Finanzverwaltung führen. Durch die Erlassung der DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung hat das BMF versucht, mit einem pauschalen Ansatz eine Verwaltungsvereinfachung zu erreichen.

Eckpunkte der neuen Verordnung – Pauschalierung
Die neue Verordnung teilt die Abzugsteuer pauschal in einen 70%-igen Arbeitnehmer- und einen 30%-igen Unternehmerteil auf. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der überlassenen Arbeitskräfte gelten mit 70% der Abzugsteuer vom Gestellungsentgelt als pauschal erfasst. Eine Entlastung des 30%-igen Unternehmerteils ist möglich, wenn Österreich abkommensrechtlich mangels Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers kein Besteuerungsrecht an den Unternehmensgewinnen aus der Arbeitskräftegestellung hat. Es ist keine Möglichkeit vorgesehen, im Verfahren ein abweichendes prozentuelles Verhältnis nachzuweisen.

Die Steuerentlastung kann im Rahmen der Entlastung an der Quelle oder der Rückerstattung erfolgen:

  1. Entlastung an der Quelle

a) Vollständige Entlastung an der Quelle bei Durchführung eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs
Die neuen Regelungen werden auf Gestellungsvergütungen angewendet, die ab 1. September 2022 zufließen. Eine vollständige Entlastung an der Quelle ist nur bei konzerninterner Personalüberlassung von Angestellten möglich und setzt voraus, dass ein freiwilliger Lohnsteuerabzug durchgeführt wird und eine Ansässigkeitsbescheinigung des ausländischen Überlassers vorliegt.

In allen übrigen Fällen muss wie bisher ein Befreiungsbescheid beantragt werden. Für die Beantragung ist die Durchführung eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs erforderlich oder bei kurzfristiger Arbeitskräfteüberlassung aus Deutschland der Nachweis, dass nach Art 15 Abs 3 DBA-DE keine Steuerpflicht in Österreich besteht.

b) Vereinfachte Entlastung von 30% an der Quelle ohne freiwilligen Lohnsteuerabzug
Auf Gestellungsvergütungen mit Zufluss ab 1. September 2022 können im Fall einer konzerninternen Personalüberlassung von Angestellten 30% der Gestellungsvergütung an der Quelle entlastet werden, wenn eine Ansässigkeitsbescheinigung des ausländischen Überlassers vorliegt. Die Abzugsteuerbelastung kann dadurch auf 14% reduziert werden (70% der Gestellungsvergütung x 20% Abzugsteuer).

Für alle übrigen Fälle soll ab 1. Jänner 2023 ebenfalls die Möglichkeit bestehen, eine Entlastung von 30% der Gestellungsvergütung vorzunehmen, es muss allerdings ein Befreiungsbescheid für diese Teilentlastung an der Quelle beantragt werden. An der technischen Umsetzung dazu wird seitens der Finanzverwaltung noch gearbeitet. Es ist derzeit noch nicht bekannt, in welchem Umfang Unterlagen im Rahmen der Beantragung beigebracht werden müssen, um nachzuweisen, dass keine Umgehungsgestaltung vorliegt.

  1. Rückerstattung – Anwendung auf alle offenen Fälle
    Grundsätzlich ist eine Rückerstattung innerhalb von fünf Jahren ab Einbehaltung möglich.

a) Vollständige Entlastung
Eine Rückerstattung in voller Höhe kann nur durchgeführt werden, wenn ein freiwilliger Lohnsteuerabzug für die überlassenen Arbeitskräfte vorgenommen wurde. Bei kurzfristiger Arbeitskräfteüberlassung aus Deutschland genügt der Nachweis, dass nach Art 15 Abs 3 DBA-DE keine Steuerpflicht in Österreich besteht.

Eine vollständige Rückerstattung der Abzugsteuer ist laut Verordnung auf Basis einer durchgeführten Veranlagung (ohne freiwilligen Lohnsteuerabzug) nicht möglich. Dies ist insofern kritisch zu betrachten, als der VwGH diese Möglichkeit ausdrücklich als Weg vorgezeichnet hat. Nach § 98 Abs 1 Z 4 EStG hat die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern zu unterbleiben, wenn sie indirekt bereits durch die Abzugsteuer erfasst wurden. Da die Verordnung den Weg in eine Entlastung der 70% der Gestellungsvergütung endgültig versperrt, wenn kein freiwilliger Lohnsteuerabzug durchgeführt wurde, bleibt es bei der mittelbaren Besteuerung durch die Abzugsteuer. Eine Veranlagung dieser Einkünfte wäre nach dem Verständnis des BMF daher gar nicht möglich.

b) Entlastung von 30%
Im Rückerstattungsverfahren können 30% der Abzugsteuer vom Gestellungsentgelt erstattet werden, auch wenn kein freiwilliger Lohnsteuerabzug durchgeführt wurde. In den Web-Formularen ist diese Teilrückerstattung derzeit noch nicht umgesetzt.

Fazit und offene Fragen
Auch wenn eine grundlegende Reform der Abzugsteuer leider unterblieben ist, bringt die pauschale Aufteilung der Gestellungsvergütung in einen Arbeitnehmer- und einen Unternehmerteil eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung.

Für die Abstimmung mit ausländischen Verwaltungsbehörden kann es vorteilhaft sein, dass die Verordnung nun explizit ausführt, dass 70% der Abzugsteuer der steuerlichen Erfassung der überlassenen Arbeitskräfte dienen. Inwieweit ein Nachweis der auf den Arbeitnehmer entfallenden Abzugsteuer dadurch bei der Veranlagung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Ausland als Besteuerungsnachweis akzeptiert wird, muss sich in der Praxis erst herausstellen.

Wie praktikabel die Teilentlastung von 30% der Gestellungsvergütung an der Quelle bei gewerblicher Arbeitskräfteüberlassung oder bei Überlassung von Arbeitern im Konzern sein wird, wird wesentlich davon abhängen, in welchem Umfang und Detailgrad eine Dokumentation im Rahmen der Antragstellung beigebracht werden muss. Der Erlass und die Formulare werden erst Anfang nächsten Jahres vorliegen.

Wird ein freiwilliger Lohnsteuerabzug zur Entlastung von der Abzugsteuer durchgeführt, verlangt die Verordnung, dass der ausländische Arbeitgeber eine Lohnsteuerhaftung nach § 82 EStG übernimmt. Eine derartige Lohnsteuerhaftung ist bei einem freiwilligen Lohnsteuerabzug gesetzlich ausdrücklich nicht vorgesehen. In welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen der Überlasser dennoch zur Haftung herangezogen werden kann, wird durch die Rechtsprechung zu klären sein.

Es war ein Wunsch aus der Praxis, dass der freiwillige Lohnsteuerabzug auch vom Beschäftiger durchgeführt werden können soll. Die DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung verweist auf den Lohnsteuerabzug im Sinne des § 47 Abs 1 lit b EStG, also auf einen freiwilligen Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber. Es bleibt abzuwarten, ob der Erlass explizit auf den Fall eingehen wird, dass der Beschäftiger die Arbeitgeberpflichten übernimmt.

Da die Sicherstellungsfunktion der Abzugsteuer nur beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer betrifft, muss bei Arbeitnehmern mit unbeschränkter Steuerpflicht eine vollständige Rückerstattung auch dann möglich sein, wenn kein freiwilliger Lohnsteuerabzug vorgenommen wurde. Die Verordnung sieht jedoch keinen vereinfachten Verfahrensweg für diese Fälle vor. Es bedarf daher weiterhin einer gesonderten Abstimmung mit der Finanzverwaltung.

7.11.2022, AutorIn: Marlies Ursprung-Steindl und Martin Jann, PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, www.pwc.at