Nun ist nach langen politischen Verhandlungen der Entwurf zur Novellierung von § 9 DSG veröffentlicht worden. Dieser war notwendig geworden, nachdem der VfGH Anfang 2023 die im DSG verankerte Pauschalausnahme von der DSGVO für journalistische Tätigkeiten („Medienprivileg“) mit Wirkung zum 1.7.2024 aufgehoben hatte. (Symbolbild: pixabay.com)

Fokus auf Medienunternehmen
Der Entwurf sieht für Medienunternehmen und -dienste iSd MedienG anstatt der bisherigen Vollausnahme nun detailliertere, aber weiterhin weitreichende Erleichterungen für journalistische Datenverarbeitungen vor. Diese konzentrieren sich im Wesentlichen auf fünf Themenbereiche:

  • Das Redaktionsgeheimnis und der Quellenschutz (§ 31 MedienG) werden für das Datenschutzrecht deutlich ausgedehnt. Dies verhindert zB eine Pflicht zur Offenlegung von Rechercheergebnissen an Betroffene.
  • Es wird eine eigene Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken geschaffen. Diese umfasst auch sensible (zB Gesundheitszustand von einem Politiker) und strafrechtsrelevante Daten (zB Berichte über eskalierende Demonstrationen).
  • Die Betroffenenrechte werden deutlich eingeschränkt:
    • Die Informationspflichten (Art 13 und 14 DSGVO) sowie das Widerspruchsrecht (Art 21 DSGVO) sind ausgeschlossen.
      • Die Rechte auf Auskunft (Art 15 DSGVO), Berichtigung (Art 16 DSGVO), Löschung (Art 17 DSGVO) und Einschränkung der Verarbeitung (Art 18 DSGVO) sind erst anwendbar, wenn auf Grundlage der entsprechenden Daten ein Bericht veröffentlicht wurde.
      • Diesfalls unterliegen sie weiteren Einschränkungen: So bestehen diese Rechte nicht bei noch nicht veröffentlichten Informationen. Hinsichtlich bereits veröffentlichter Inhalte sind sie zudem weiter auf die konkret in der Anfrage genannten Veröffentlichungen samt individueller Begründung des Betroffenen eingeschränkt. Doch selbst dann kann das Medium die Auskunft, Berichtigung oder Löschung zum Schutz des Redaktionsgeheimnisses oder in Abwägung zum Schutz der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit verweigern.
        -Falls der Verantwortliche sich weigert, Betroffenenanfragen Folge zu leisten, kann sich dieser bei der Datenschutzbehörde beschweren. Diese informiert jedoch nur über das Ergebnis ihrer Prüfung und legt keine Details offen.
  • Um den Schutz des Redaktionsgeheimnisses umfassend zu machen, müssen Data Breaches bei Medienunternehmen nur bei hohem Risiko für die Betroffenen der Datenschutzbehörde gemeldet und Betroffene nur nach Anweisung der DSB informiert werden.
  • Der Verantwortliche und etwaige Auftragsverarbeiter unterliegen nicht den starren Regeln für Datenübermittlungen in Drittstaaten (Kapitel V DSGVO), sondern müssen geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung umsetzen.
  • Die Regelungen über die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden in der EU (Kapitel VII DSGVO) sind nicht anwendbar. Daher ist die nationale Datenschutzbehörde allein für Verfahren gegen Medienunternehmen und -dienste aufgrund journalistischer Datenverarbeitungen zuständig.

Abgerundet wird dieses Maßnahmenbündel mit der Möglichkeit in Verhaltensregeln (Art 40 DSGVO) Präzisierungen für die Einschränkung der Betroffenenrechte sowie geeignete Maßnahmen bei Datenübermittlungen in Drittstaaten vorzusehen.

Eingeschränkte Ausnahmen für Bürgerjournalismus
Der Entwurf umfasst (anders als bisher) aber nun auch eine eigene Regelung für Journalismus außerhalb von Medienunternehmen und -diensten, um Bürgerjournalismus abzusichern. Auch dort besteht das datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis und die Ausnahme von der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden in der EU. Die Betroffenenrechte wurden ebenfalls eingeschränkt, jedoch weniger stark als bei Medienunternehmen und -diensten. Zudem fehlen insbesondere die eigenständige Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken sowie die Änderungen für Datenübermittlungen in Drittstaaten und Data Breaches.

Fazit: Erhöhte Komplexität führt zu Rechtsunsicherheit
Positiv ist, dass die Neuregelung bereits auf gesetzlicher Ebene Interessensabwägungen – insbesondere zu den Informationspflichten und zum Auskunftsrecht – vorwegnimmt. Jedoch verbleibt bei vielen Punkten ein doch erheblicher Argumentationsspielraum, was zu erhöhter Komplexität gegenüber dem Status quo und (zunächst) zu Rechtsunsicherheit führt. Es ist anfangs mit einem Anstieg an Beschwerden in diesem Bereich zu rechnen. In den dazu sodann anhängigen Verfahren hat der Verantwortliche zudem glaubhaft darzulegen, warum eine Einschränkung oder gar Verweigerung der Betroffenenrechte erforderlich ist und wie dies im Einklang mit dem Redaktionsgeheimnis steht. Es bleibt abzuwarten, wie die einzelnen Regelungen von der Datenschutzbehörde und den Gerichten konkret gelebt und gehandhabt werden. Die DORDA Datenschutzexperten halten Sie über die weiteren Entwicklungen natürlich wie gewohnt am Laufenden.

3.6.2024, Autorenteam: Dr. Axel Anderl, LL.M., Mag Nino Tlapak, LL.M. und Felix Zopf, DORDA Rechtsanwälte GmbH, www.dorda.at