Neue Sorgfaltspflichten für EU-Importeure/Händler/Exporteure. (Symbold: pixabay.com)

Um weltweit die Wälder zu schützen und gegen die Entwaldung sowie Waldschädigung vorzugehen, hat die Europäische Union eine ambitionierte, neue Verordnung beschlossen: „EU-Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union“. Mit Einführung dieser Verordnung ist die Einfuhr, Bereitstellung und Ausfuhr von bestimmten Waren wie Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee sowie Holz verboten, sofernder:die Importeur:in/Händler:in oder Exporteur:in nicht nachweisen kann, dass die Produkte entwaldungsfrei produziert wurden.

Hintergrund
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Mio. Hektar Wald — etwa 10 % der verbleibenden Wälder der Welt und eine Fläche, die größer ist als die Europäische Union — verloren gegangen sind. Trotz diverser internationaler Bemühungen zum Schutz vor Entwaldung und Waldschädigung gehen weltweit jährlich 10 Mio. Hektar Wald verloren. Zum Vergleich: Österreich hat eine Fläche von 8 Mio. Hektar. Gleichzeitig ist Entwaldung ein Treiber des Klimawandels und beschleunigt den Verlust an biologischer Vielfalt. Ein Ziel des europäischen Green Deals ist es, bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber den Niveau von 1990 zu senken. Eine wichtige Maßnahme, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Bekämpfung von Entwaldung und Waldschädigung.

Einfuhrbeschränkungen ab 30. Dezember 2024
Die EU hat jene Waren identifiziert, deren Produktion für die weltweite Entwaldung und Waldschädigung am relevantesten ist. Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz sowie Erzeugnisse aus diesen Waren (wie zb Rindsleder, Schokolade, Luftreifen aus Kautschuk) gelten als relevante Rohstoffe bzw relevante Erzeugnisse und dürfen nur dann in der EU in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder von der EU ausgeführt werden, wenn diese entwaldungsfrei sind, gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und eine Sorgfaltserklärung vorliegt. Als entwaldungsfrei gelten Flächen, die nach dem 31.12.2020 nicht entwaldet wurden bzw. unter Verwendung von Holz hergestellt wurden, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist. Als „Bereitstellung auf dem Markt“ gilt dabei jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.

Grundsätzlich gelten die Einfuhrbeschränkungen ab dem 30.12.2024. Für alle Kleinstunternehmer:innen bzw kleinen Unternehmen beginnt die Gültigkeit der Einfuhrbeschränkungen ab 30.6. 2025.

Verpflichtungen beim Erfüllen der Sorgfaltspflicht
Marktteilnehmer, also all jene Unternehmen, die relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse in Verkehr bringen, müssen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen. Dazu gehört die Sammlung von allen Informationen, Daten und Unterlagen, aus denen belegt werden kann, dass die relevanten Erzeugnisse entwaldungsfrei sind und im Erzeugerland legal hergestellt wurden und umfasst eine Risikobewertung sowie Maßnahmen zur etwaigen Risikominderung.

Die Sorgfaltserklärung ist den zuständigen Behörden online zu übermitteln und hat unter anderem folgendes zu enthalten: Eine Beschreibung der relevanten Erzeugnisse, Menge, Erzeugerland und gegebenenfalls dessen Landesteile, Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe hergestellt wurden, sowie den Zeitpunkt oder Zeitraum der Erzeugung, Kontaktdaten aller Lieferant:innen sowie Kund:innen. Informationen, dass die Erzeugnisse entwaldungsfrei sind sowie Informationen, dass die Erzeugung der relevanten Rohstoffe im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt ist, einschließlich aller Vereinbarungen, die das Recht begründen, das betreffende Gebiet für die Erzeugung der relevanten Rohstoffe zu nutzen. Die Sorgfaltserklärungen müssen für einen Zeitraum von 5 Jahren buchhalterisch aufbewahrt werden.

Zur Sorgfaltspflicht gehört die Durchführung einer Risikobewertung der zusammengetragenen Informationen. Nur wenn die Risikobewertung ergibt, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko dahin gehend besteht, dass die relevanten Erzeugnisse nichtkonform sind, dürfen die relevanten Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden.

Marktteilnehmer:innen müssen ihren Geschäftskunden für alle relevanten Erzeugnisse, welche den Geschäftskunden verkauft werden, die Referenznummer der jeweiligen Sorgfaltserklärungen sowie alle Informationen, die als Nachweis dienen, dass die Sorgfaltspflicht erfüllt wurde, mitteilen.

Weiters müssen Marktteilnehmer:innen, die keine KMUs sind, jährlich umfassend über ihre Sorgfaltspflichtregelung berichten und dies öffentlich, auch im Internet, zugänglich machen.

Erleichterungen für KMU
Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind Unternehmen, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmale nicht überschreiten: Bilanzsumme: EUR 20 000 000; Nettoumsatzerlöse: EUR 40 000 000; durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250.

KMU-Marktteilnehmer:innen (KMU, die relevante Erzeugnisse in Verkehr bringen) dürfen für all jene Produkte, die bereits einer Sorgfaltsprüfung unterlagen, auf die Referenznummer der Sorgfaltserklärung verweisen und müssen die Sorgfaltspflicht nicht selbst erfüllen. KMU-Händler (KMU, die relevante Erzeugnisse auf den Markt bereitstellen) müssen Informationen zu den relevanten Erzeugnissen (wie Referenznummer der Sorgfaltserklärungen sowie den Namen und Kontaktdaten der Lieferanten und Kunden) sammeln und buchhalterisch aufbewahren.

Nicht-KMU Händler:innen (Nicht-KMU, die relevante Erzeugnisse auf den Markt bereitstellen) müssen hingegen die Sorgfaltspflicht selbst erfüllen.

Sanktionsmöglichkeiten
Die Mitgliedstaaten erlassen Sanktionsvorschriften die angemessen, abschreckend und verhältnismäßig sein müssen. Dabei haben sie einen Ermessensspielraum. Die Sanktionen umfassen unter anderem Geldstrafen, die im Verhältnis zur Umweltschädigung stehen müssen. Diese machen mindestens 4% des jährlichen unionsweiten Gesamtumsatzes aus und können so weit erhöht werden, dass die Geldstrafe höher als der potenzielle Gewinn ausfällt. Weitere Sanktionen umfassen die Einziehung der relevanten Erzeugnisse sowie der damit verbundenen Einnahmen, der Ausschluss von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowie von öffentlicher Finanzierung.

Fazit
Die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten bringt weitreichende Sorgfaltspflichten für Importeur:innen, Händler:innen und Exporteur:innen der betroffenen Warengruppen. Alle betroffenen Unternehmen sollten bereits jetzt die vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Lieferanten prüfen und gegebenenfalls anpassen. Da auch EU-Produzenten von der Verordnung betroffen sind, müssen insbesondere diese bereits jetzt die notwendigen Vorkehrungen (wie Geolokalisierung) treffen, um die Sorgfaltspflicht nachweisen zu können.

2.5.2024, Autorenteam: Barbara Anzinger und Mag. Christian Bürgler, Deloitte Österreich, www.deloitte.at