EuGH prüft Vereinbarkeit der Stabilitätsabgabe mit EU-Recht
Der VwGH hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Stabilitätsabgabe in ihrer für das Jahr 2014 geltenden Fassung mit den Grundfreiheiten vereinbar ist (Beschluss vom 18.10.2017; Ro 2016/13/0012). Anlass des Vorabentscheidungsersuchens ist die Revision eines Kreditinstitutes, in welcher ein Verstoß der Stabilitätsabgabe gegen die Dienstleistungsfreiheit und die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit dargelegt wird. Beschränkungen der Grundfreiheiten sind – von Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich nicht zulässig.
Ausgangsverfahren
Die Revisionswerberin ist ein österreichisches Kreditinstitut, dessen Bilanzsumme zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Bankgeschäften mit Kunden in anderen EU-Mitgliedstaaten resultiert. Der Anteil der Einlagen und sonstigen Passiven aus Auslandsgeschäften betrug im Streitjahr 2014 rund 25 % der Bilanzsumme. Nach der im Jahr 2014 geltenden Fassung des Stabilitätsabgabegesetzes (StabAbgG) ermittelt sich die Stabilitätsabgabe nach der unkonsolidierten Bilanzsumme mit gewissen Anpassungen des jeweiligen Kreditinstituts.
Verstoß gegen Grundfreiheiten
Das Kreditinstitut erhob Beschwerde gegen die festgesetzten Abgaben. Als Begründung wurde ausgeführt, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht vorliege und die Bestimmungen daher nicht angewendet werden dürften. Zunächst wird ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit argumentiert. Dieser ergebe sich aus § 2 StabAbgG, wonach die unkonsolidierte Bilanzsumme als Bemessungsgrundlage für die StabAbg heranzuziehen ist. Tätigt ein Kreditinstitut bilanzwirksame Geschäfte mit Kunden in anderen Mitgliedstaaten über eine dortige Zweigniederlassung, fließen diese Geschäfte in die Bemessungsgrundlage ein. Bei Ausübung derselben Geschäfte durch konzernzugehörige Tochtergesellschaften würden dagegen solche Geschäfte von der Bemessungsgrundlage nicht erfasst. Somit liege aufgrund der Art und Weise wie ein Kreditinstitut seine Leistungen im EU-Ausland anbiete eine Differenzierung vor. Dabei handle es sich um einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit. Darüber hinaus könnte abhängig von der Art der getätigten ausländischen Geschäften auch ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gegeben sein, da direkte Auslandsinvestments (im Gegensatz zu Geschäften von anderen juristischen Personen im Konzern) durch die österreichische Regelung aufgrund der Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage weniger attraktiv seien.
Verbotene Beihilfe
Die Revisionswerberin argumentiert auch, dass es sich durch die teilweise Befreiung bestimmter anderer Unternehmen von der Stabilitätsabgabe um eine verbotene Beihilfe handeln könne. In diesem Zusammenhang wandte sie sich – neben der Nichteinbeziehung der sich aus Konsolidierungen ergebenden Bemessungsgrundlagenteile – auch gegen die Nichteinbeziehung gesicherter Einlagen gemäß § 93 BWG und gegen den in § 3 StabAbgG vorgesehenen Freibetrag als selektive Steuerbegünstigungen, durch die der Wettbewerb zugunsten von Konkurrenten der Revisionswerberin verzerrt werde. Diese Bedenken teilt der VwGH jedoch nicht, weshalb dieses Vorbringen nicht Teil des Vorabentscheidungsverfahrens ist.
Ausblick
Sofern der EuGH einen Verstoß gegen die Grundfreiheiten bestätigt, bestünde für den österreichischen Gesetzgeber Handlungsbedarf, um die Diskriminierung zu beseitigen. Zwar wurde das StabAbgG gegenüber der im Jahr 2014 geltenden Fassung geändert, allerdings bestünde nach wie vor Anpassungsbedarf zur Beseitigung einer allfälligen Unionsrechtswidrigkeit. Die Entscheidung des EuGH bleibt abzuwarten.
14.2.2018, Autorin: Edith Lebenbauer / www.deloitte.at