Drittländische Mobilfunkbetreiber in Österreich müssen sich zur Umsatzsteuer registrieren, um die im Inland anfallende Umsatzsteuer im Veranlagungswege zu erklären. (Imagebild: pixabay.com / Montage)

Österreichische Roamingleistungen an Empfänger im Drittland unterliegen der österreichischen Umsatzsteuer.
In der Rechtssache SK Telecom vom 15.4.2021, C-593/19, beschäftigt sich der EuGH mit dem Leistungsort von Roamingleistungen von einem in einem Drittland ansässigen Unternehmer an Drittstaatsangehörige in Mobilfunknetzen in der EU und erläutert die Voraussetzungen für eine Leistungsortverlagerung in das Inland.

Sachverhalt
Die SK Telecom ist ein südkoreanischer Mobilfunkanbieter, der an seine südkoreanischen Kunden Roamingleistungen während ihres Aufenthaltes in Österreich erbringt. Für diese Roamingleistungen verrechnet SK Telecom ihren Kunden Roaminggebühren. Bei Roamingleistungen handelt es sich um Telekommunikationsdienstleistungen, die grundsätzlich am Ansässigkeitsort des Kunden steuerbar sind. Um eine Doppelbesteuerung, eine Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, besteht jedoch eine unionsrechtliche Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, den Leistungsort in das Inland zu verlagern. Dies ist möglich, wenn der Kunde im Drittland ansässig ist und die Telekommunikationsleistungen im Inland genutzt oder ausgewertet werden. Österreich hat von dieser Möglichkeit in Form einer Verordnung Gebrauch gemacht. Nach bisheriger Ansicht der Finanzverwaltung kann der Leistungsort jedoch nur dann ins Inland verlagert werden, wenn die Leistungen keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung im Drittland unterliegen. Fraglich war, ob diese Ansicht mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar sei und ob es auch bei einem vorübergehenden Aufenthalt eines nicht steuerpflichtigen Endkunden zur Verlagerung des Leistungsorts kommen soll.

Urteil des EuGH
Der EuGH judiziert, dass Roamingleistungen an Drittstaatsangehörige in Mobilfunknetzen in der EU bereits aufgrund der Natur dieser Leistungen in jenem Staat genutzt bzw ausgewertet werden, welcher die Mobilfunknetze zur Verfügung stellt. Folglich würden Roamingleistungen in jenem Staat genutzt bzw ausgewertet werden, in welchem sich die Leistungsempfänger bei Bezug der Leistung – wenn auch nur vorübergehend – aufhalten. Eine Leistungsortverlagerung in das Inland müsse jedoch das Ziel verfolgen, eine Doppelbesteuerung, eine Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Der EuGH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass die Prüfung, ob eine Doppelbesteuerung, eine Nichtbesteuerung oder eine Wettbewerbsverzerrung vorliege, ausschließlich auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten zu beurteilen sei. Die Leistungsortverlagerung könne daher ohne Berücksichtigung der konkreten Rechtslage in dem betreffenden Drittland ins Inland erfolgen. Nach Ansicht des EuGH lag im vorliegenden Fall eine Nichtbesteuerung in der EU vor, weshalb eine Leistungsortverlagerung ins Inland möglich war. Der EuGH weist abschließend darauf hin, dass sich andere Möglichkeiten zur Behandlung eines solchen Sachverhaltes aus einem einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen mit dem betroffenen Drittland ergeben könnte.

Fazit
Der EuGH urteilt, dass Roamingleistungen, die ein in einem Drittland ansässiger Unternehmer an Kunden desselben Drittlands in Mobilfunknetzen eines EU-Mitgliedstaates erbringt, der Umsatzsteuer in dem betreffenden Mitgliedstaat unterliegen können. Für diese Bestimmung ist die konkrete steuerliche Behandlung im Drittland – entgegen der bisherigen Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung – irrelevant. Gegenteiliges könnte jedoch durch einschlägige völkerrechtliche Abkommen geregelt werden.

Die Folge daraus ist, dass sich drittländische Mobilfunkbetreiber durch diese vom EuGH bestätigte Rechtsansicht in Österreich zur Umsatzsteuer registrieren müssen, um die durch die Nutzung und Auswertung im Inland anfallende Umsatzsteuer im Veranlagungswege zu erklären.

11.10.2021 / Autorinnen: Stephanie Reisinger, LL.M. und Mag. (FH) Verena Gabler / Deloitte Österreich / www.deloitte.at