Sein eigener Herr sein … Ihre eigene Frau sein? So wenig das Gendern in diesem Bereich bis dato „gegriffen“ hat, so diffus wirkt anno 2018 der Begriff „Freie Berufe“.

Worum geht’s konkret? So viel ist klar: Die Gruppe der Freien Berufe in Österreich unterliegt nicht der Gewerbeordnung. Sondern: Sie verfügen über eigene Interessensvertretungen. Freie Berufe finden sich vor allem im Gesundheitswesen, im juristischen Bereich, in Wirtschaft und Technik. Auch viele Kreative und in der Publizistik Tätige gehören der Berufsgruppe der sogenannten Freiberufler an. Diese Freiberufler sind entweder nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz oder nach dem Freiberuflich-Selbständigen Gesetz versichert.

Die Voraussetzungen
Für die Ausübung eines Freien Berufes ist kein Gewerbeschein notwendig, lediglich eine Meldung an das Finanzamt muss erfolgen. Das Finanzamt ist dann auch jene Behörde, die letztendlich entscheidet, ob es sich bei der Tätigkeit tatsächlich um einen Freien Beruf handelt. Freiberufler arbeiten eigenverantwortlich und selbständig. Aufträge zu erhalten, Kunden, Patient oder Klienten zu gewinnen, obliegt ihnen daher selbst.

Voraussetzungen für einen Freien Beruf sind entweder entsprechende berufliche Qualifikationen, Ausbildungen oder schöpferische Begabung. Freiberufler in Österreich kann nur werden, wer auch seinen Berufssitz im Bundesgebiet hat. Bei Freien Berufen, die eine einschlägige Ausbildung voraussetzen, muss diese nachgewiesen werden.

Nostrifikationsbescheid
Wurde die Ausbildung im Ausland absolviert, ist ein sogenannter „Nostrifikationsbescheid“ mit der Eintragung der positiv abgeschlossenen Ergänzungsausbildung vorzulegen, wobei bei EU-Bürgern der Zulassungsbescheid für die Berufsausübung ausreichend ist. Für Berufe im Gesundheitsdienst ist auch ein ärztliches Attest über die gesundheitliche Eignung erforderlich.

Ein Auszug aus dem Strafregister ist für alle Freiberufler zwingend. Auch für die Freien Beruf gelten die Begünstigungen bei Neugründung. Liegt eine derartige entweder von der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft oder vom Gründerservice der Wirtschaftskammer ausgestellte Erklärung vor, müssen bei der Meldung weder Stempelgebühren noch Verwaltungsabgaben entrichtet werden.

Beispiele gefällig?

7.918 Rechtsanwälte in Österreich sind ebenfalls Freiberufler (Bild: pixabay.com)

– Im Gesundheitsbereich sind praktizierende Humanmediziner und Tierärzte klassische Beispiele für Freie Berufe. Auch Hebammen und Heilmasseure fallen in die Berufsgruppe. Apotheker nehmen eine Zwischenstellung ein, da sie vorwiegend verkäuferisch tätig sind.
– Im juristischen Bereich sind es Notare und Rechtsanwälte, die als Freiberufler tätig sind.
– In der Wirtschaft zählen selbständige Steuerberater, Buchhalter und Sachverständige zu den Freiberuflern.
– Zu den kreativen Freien Berufen zählen Designer, Musiker, Schauspieler, Schriftsteller und ähnlich schöpferisch Tätige.
– Häufig arbeiten auch Dolmetscher und Journalisten (wie auch der Autor dieser Zeilen) als Freiberufler.
– Innerhalb des technischen Bereichs finden sich Architekten und Ingenieure.

Werkvertrag als Basis
Die Gruppe der Neuen Selbständigen hat sich aus der Gruppe der Freiberufler entwickelt. Auch sie benötigen keinen Gewerbeschein. Neue Selbständige arbeiten auf Basis eines Werkvertrags. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch liegt ein Werkvertrag dann vor, wenn eine Person die Herstellung eines Werkes oder die Fertigstellung eines Projektes gegen Entgelt übernimmt. Neue Selbständige sind unabhängig vom Auftraggeber und nicht weisungsgebunden. Sie müssen über eigene Betriebsmittel und Räumlichkeiten verfügen. Dabei können – außer Personen – auch Gesellschaften als Neue Selbständige auftreten.

Größenordnungen
Die Freien Berufe Österreichs als Dachverband der Kammern der Freien Berufe zählte für das gesamte Bundesgebiet zuletzt folgende Mitglieder, wobei nicht in Kammern organisierte Freiberufler – wie zB Journalisten – nicht erfasst sind:

Berufsstand (Anzahl)
Apotheker (5.918)
Architekten, Ingenieurkonsulenten (6.957)
Ärzte (35.758)
Notare (942)
Patentanwälte (71)
Rechtsanwälte (7.918)
Tierärzte (3.821)
Wirtschaftstreuänder (9.643)
Zahnärzte (4.869)

Pflegen als Beruf
Diplomierte/r Gesundheits- und KrankenpflegerIn bzw. Gesundheits- und Krankenschwester/-pfleger

Eine selbstständige Berufsausübung ist in Form des freien Berufes „Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege“ möglich. Dazu ist der Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung gemäß Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (Qualifikationsnachweis) und eines Berufssitzes in Österreich zu erbringen und die Meldung der Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit bei der Bezirksverwaltungsbehörde erforderlich. Zu beachten sind überdies – wie bei jeder selbstständigen Berufstätigkeit – die Meldepflichten bei Finanzamt und Sozialversicherung.

„Freiheit, die ich meine,
Die mein Herz erfüllt,
Komm’ mit deinem Scheine,
Süßes Engelbild.“
(Max von Schenkendorf)

 

INTERVIEW – „So wird man Pfleger“
„Wie messe ich den Blutdruck eines Patienten?“, „Wie gehe ich damit um, wenn mein Patient Schmerzen äußert?“, „Wie spreche ich Patienten richtig an?“ – diese und viele weitere Fragen beschäftigen angehende Absolventen des Bachelorstudiengangs Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Burgenland. „Antworten bieten Lehrveranstaltungen aus dem Skills Training“, sagt Erwin Gollner, Departmentleiter Gesundheit. „Im Rahmen der sehr praxisorientierten Lehreinheiten arbeiten die Studierenden mit Skills Trainern, also zum Beispiel aus Kunststoff modellierten Körperteilen, oder aber auch Kunststoffpuppen, die sogar interagieren können.“ In einem Skills Lab wird für die Studierenden die reale Arbeitsumgebung eines Krankenhauszimmers simuliert.

Übung macht den Meister
Der Gesundheitsbereich – speziell die Krankenpflege – ist Zukunftsthema und Job-Bringer zugleich. Hier setzt der Bachelor Gesundheits- und Krankenpflege an und deckt den Bedarf an gut ausgebildeten Fachleuten ab. Um Studierende auf den fachlich richtigen Umgang mit späteren Patienten optimal vorzubereiten, bedient man sich am Studienzentrum Pinkafeld Hilfsmittel aus dem Skills Training. Von aus Kunststoff modellierten Armen zum Üben des Blutdruckmessens bis hin zu hochentwickelten Kunststoffpuppen, die interagieren können, reicht die Palette, erklärt Alfred Schatz. Er nimmt sich in der Lehre an der FH Burgenland im Besonderen dem Bereich Skills Training an. „In weiterer Folge unterstützen uns auch Schauspieler dabei, für die Studierenden reale Pflegesituationen zu simulieren. Damit trainieren die angehenden Gesundheits- und Krankenpfleger sowohl die Techniken als auch ihre soft skills.“

Premiere im Praktikum
Zum direkten Kontakt der Studierenden mit pflegebedürftigen Personen kommt es spätestens in den Praktika. „Mehr als die Hälfte unseres Studiums besteht aus Praktika“, berichtet Clarissa Glatz, Studentin des Bachelorstudiengangs. Dieser hohe Praxisanteil ist es auch, der das Studium für sie auszeichnet. „Nach dem ersten Praktikum wusste ich, das ist das richtige Studium für mich“, ist sie begeistert. Am Ende des Studiums steht der Erwerb eines allgemeinen Diploms. Studierende durchlaufen davor eine generalistische Ausbildung, in der sie verschiedene Fachbereiche der Gesundheits- und Krankenpflege kennenlernen. Welche Fach- und Teilbereiche das sind, ist vorgegeben, genauso wie die Dauer der einzelnen Praktika – mindestens vier Wochen bzw. 160 Stunden. In welche Einrichtung die Studierenden gehen, wählen sie selbst.

Durch die vielen Phasen im Beruf wird es für die Studierenden möglich, eine große Bandbreite an Einsatzgebieten kennenzulernen. So arbeitete Clarissa Glatz z. B. bereits in der Altenpflege, im Operationssaal, auf einer neurologischen Station sowie in einem Herz-Lungen-Rehabilitationszentrum, der Gynäkologie und HNO-Station mit und sammelte Erfahrungen in der Hauskrankenpflege.

6.4.2018, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at