Gewährleistung neu und was Unternehmer jetzt tun müssen
Seit 1.1.2022 gelten die neuen Gewährleistungsbestimmungen und sind im täglichen Geschäftsverkehr sowohl b2c (also bei Unternehmer-Verbrauchergeschäften) als auch b2b (also bei Geschäften zwischen Unternehmern) anzuwenden.
Durch die Gewährleistungsreform ergeben sich vor allem im b2c Bereich wesentliche Änderungen und Neuerungen: So ändert sich beispielsweise b2c beim Warenkauf bzw. bei digitalen Leistungen nicht nur der Mangelbegriff grundlegend, sondern es gilt nunmehr für digitale Leistungen und Waren mit digitalen Elementen auch eine Aktualisierungspflicht. Zudem hat sich b2c die Frist zur Beweislastumkehr auf ein Jahr verlängert und es wurde eine neue dreimonatige Verjährungsfrist eingeführt. Die Aktualisierungspflicht und die dreimonatige Verjährungsfrist gelten auch b2b. Doch auch die Bestimmungen zum sogenannten „Händlerregress“ (also dem Rückgriff in der Vertragskette) ändern sich weitreichend. Die neuen Gewährleistungsbestimmungen gelten im Geschäftsverkehr „online“ wie „offline“ gleichermaßen, sodass sie auch beim Fernabsatz zu beachten sind.
Aufgrund der neuen Bestimmungen ergeben sich für Unternehmer daher insbesondere folgende „To dos“, um die tägliche Geschäftspraxis an das neue Gewährleistungsrecht anzupassen (wobei hier natürlich auf die Unterschiede b2b und b2c Rücksicht genommen werden muss):
- Mitarbeiter müssen auf die neuen Bestimmungen/Begriffe (z.B. neuer Mangelbegriff b2c) geschult und die Arbeitsabläufe an die neuen Fristen und Vorgaben (z.B. Aktualisierungspflicht) angepasst werden.
- Wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) die Gewährleistung geregelt wird, müssen die Klauseln an die neuen Bestimmungen, insbesondere an die neuen Begriffe und Fristen, angepasst werden (z.B. wurde der Begriff „Wandlung“ durch den Begriff „Vertragsauflösung“ ersetzt).
- Falls Hersteller, Importeure oder Händler freiwillige Garantien einräumen und ihre Endkunden Verbraucher sind, müssen die Garantieerklärungen an die neuen (Form-)Vorschriften für Garantien angepasst werden. Händler müssen auch sicherstellen, dass die Garantiebestimmungen mit dem Produkt gemeinsam übergeben werden.
- Es muss geprüft werden, ob – im Sinne der neuen Bestimmungen – Waren mit digitalen Elementen verkauft oder digitalen Leistungen angeboten werden, für die nun eine Aktualisierungspflicht besteht. Falls ja, sollten entsprechende Vorkehrungen zur Abwicklung und Durchführung (unter Umständen auch Vereinbarungen mit Herstellern/Lieferanten) getroffen werden. Die Aktualisierungspflicht kann allerdings gegenüber Kunden (b2b und b2c) entsprechend der gesetzlichen Vorgaben ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Ebenso kann die gegenüber Verbrauchern bestehende Verpflichtung, stets die neueste Version bereitzustellen, ausgeschlossen werden.
- Es kann überlegt werden, gegenüber Verbrauchern bestimmte „objektiv vorausgesetzte Eigenschaften“ bei Produkten und digitalen Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Möglichkeiten zu beschränken oder auszuschließen.
- Bestimmungen in AGB, Vertragsformblättern oder Verträgen über den Händlerregress müssen an das neue Gewährleistungsrecht angepasst werden.
- Aufgrund des neuen Mangelbegriffs besteht unter Umständen auch Bedarf, Inserate, Packungsbeilagen, Verpackungen sowie sonstige Werbeaussagen anzupassen, um allfällige Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit „öffentlichen Aussagen“ zu vermeiden.
Zusammengefasst stellt das neue Gewährleistungsrecht Unternehmer nicht nur bei der praktischen Umsetzung vor neue Herausforderungen, sondern erfordert auch Handlungsbedarf bei der Anpassung von Unterlagen, Verträgen und AGB.
04.03.2022 / Autor: Stefan Adametz / Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH / www.fwp.at