Im Sommer 2017 wurden drei Novellen zur Gewerbeordnung (BGBl I Nr. 94, 95 und 96/2017) verabschiedet, die Änderungen zu (i) Berufsrecht, (ii) Betriebsanlagenrecht und (iii) Geldwäscheprüfung brachten. Sie gehen einerseits auf das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018 zurück, andererseits auf die 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie. Die neuen Bestimmungen sind teilweise schon 2017 in Kraft getreten, zum Teil werden sie erst 2018 wirksam.

Novelle zum Berufsrecht

• Mit der Reform wird ab Mai 2018 eine digitale Gewerbelizenz („Single License“) geschaffen, die sämtliche Gewerbeberechtigungen eines Gewerbeinhabers einschließlich der jeweils eingeräumten Nebenrechte umfasst und im Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) registriert wird. Man erhält sie bei der Anmeldung eines Gewerbes; weitere ausgeübte freie Gewerbe sind dann nur noch „anzuzeigen“ und erweitern die bestehende Gewerbelizenz. Demgegenüber bleiben reglementierte Gewerbe stets anmeldepflichtig, ebenso wie generell alle Erstanmeldungen.

• Die bestehenden Teilgewerbe (reglementierte Gewerbe mit eingeschränktem Befähigungsnachweis) wurden per Oktober 2017 abgeschafft und zum Großteil in freie Gewerbe umqualifiziert. „Erdbau“ sowie „Betonbohren und –schneiden“ zählen hingegen wieder zum reglementierten Baugewerbe. Weiters gehören die bisher reglementierten Gewerbe „Arbeitsvermittlung“ und „Erzeugung kosmetischer Artikel“ nun zu den freien Gewerben.

• Mit Wirkung ab Juli 2017 neu geregelt wurde auch der Tatbestand der ergänzenden Nebenleistungen: Gewerbetreibende sind in bestimmtem Umfang berechtigt, Leistungen anderer Gewerbe zu erbringen, sofern diese ihre Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoll ergänzen. Insgesamt dürfen Nebenleistungen nicht mehr als 30 % des vom Gewerbetreibenden erzielten Jahresumsatzes ausmachen. Wird eine Nebenleistung aus einem reglementierten Gewerbe ohne die dafür notwendige Gewerbeberechtigung erbracht, dann darf diese außerdem nicht mehr als 15% der Gesamtleistung  (zB des Auftragswerts oder des Zeitaufwands) an den jeweiligen Kunden ausmachen und muss zeitlich vor Abnahme bzw. Vertragsende der Hauptleistung erfolgen.

• Alle Gewerbeanmeldungen sind seit Juli 2017 von den Gebühren und Verwaltungsabgaben des Bundes befreit, ebenso kostenfrei sind nun Auszüge aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA).

• Weitere Änderungen der GewO betreffen unter anderem einzelne Gewerbe sowie Meister- und Befähigungsprüfungen und werden hier nicht im Detail erläutert.
Novelle zum Betriebsanlagenrecht

• Das Kernthema der seit 18. Juli 2017 anwendbaren Novelle ist die Vereinfachung und Beschleunigung des Betriebsanlagenverfahrens. Der geplante „One-Stop-Shop“ unter Mitanwendung von bautechnischen oder naturschutzrechtlichen Bestimmungen im betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren konnte aufgrund der fehlenden Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nicht realisiert werden.

• Die Entscheidungsfrist im ordentlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren wurde auf 4 Monate verkürzt, jene im vereinfachten Verfahren, das neu gestaltet und dadurch künftig häufiger zur Anwendung kommen soll, auf 2 Monate.

• Als Alternative zu dem im Regelfall bestellten Amtssachverständigen kann nun auch ein nichtamtlicher Sachverständiger beigezogen werden, der allerdings von der Behörde auszuwählen ist.

• Die Anzeige- und Genehmigungspflicht für temporäre oder emissionsneutrale Änderungen sowie für Ersatzinvestitionen entfällt.

• Die Gebühren und Abgaben des Bundes im Bereich des Betriebsanlagenrechts werden abgeschafft.

 

Geldwäsche-Novelle für Gewerbetreibende

• Die Geldwäsche-Bestimmungen der Gewerbeordnung wurden verschärft, insbesondere wurden zusätzliche Sorgfalts-, Aufbewahrungs- und Überprüfungspflichten für folgende Personen eingeführt:
– Handelsgewerbetreibende, soweit sie Barzahlungen (einschließlich E-Geld) in Höhe von mindestens 10.000 € (statt zuvor 15.000 €) pro Geschäftsfall entgegennehmen oder tätigen,
– Immobilienmakler,
– Unternehmensberater mit bestimmten Geschäftstätigkeiten (z.B. mit Funktion als Treuhänder oder Geschäftsführer) und
– Versicherungsvermittler für Lebensversicherungen und Anlageprodukte.

• Als wesentliche Neuerung erfolgt die Normierung eines risikobasierten Ansatzes. Die betroffenen Gewerbetreibenden sind dementsprechend verpflichtet, eine belegbare und dokumentierte Risikobewertung ihrer Geschäftsbeziehungen anhand bestimmter Risikofaktoren durchzuführen.

• Die allgemeinen Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden kommen bei Begründung einer Geschäftsbeziehung, aber auch bei gelegentlichen Transaktionen mit einem Volumen von mindestens 15.000 € sowie in Verdachtsfällen zur Anwendung und umfassen generell:
– die Feststellung und Überprüfung der Kundenidentität,
– die Feststellung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers,
– die Bewertung von Zweck und Art der angestrebten Geschäftsbeziehung und
– die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung.

• Zusätzlich müssen Gewerbetreibende angemessene Risikomanagementsysteme einschließlich risikobasierter Verfahren zur Identifizierung politisch exponierter Personen (PeP) etablieren. Handelt es sich beim Kunden um eine PEP, hat der Gewerbetreibende die Geschäftsbeziehung von der Führungsebene genehmigen zu lassen und fortlaufend verstärkt zu überwachen.

• Kopien der erhaltenen Dokumente, Informationen und Transaktionsbelege sind für die Dauer von 5 Jahren nach Beendigung der Geschäftsbeziehung aufzubewahren.

• Die Geldstrafen für Verstöße gegen die Geldwäschebestimmungen wurden erheblich auf bis zu 1 Mio. € (5 Mio. € bzw. 10% des Jahresumsatzes bei Versicherungsvermittlern) erhöht.

• Die Bestimmungen der Geldwäsche-Novelle traten am 18. Juli 2017 in Kraft.

21.12.2017, Autoren: Verena Heffermann, Martina Hausberger, Christina Krc / www.pwc.at