Graphen-„Sandwich“ macht unmögliches Material möglich
Atome verbinden sich miteinander, indem sie Elektronen austauschen. Die Art und Weise, wie dies geschieht, hängt von der Art der Atome, aber auch von Bedingungen wie Temperatur und Druck ab. In zweidimensionalen (2D) Materialien wie z.B. Graphen schließen sich Atome in einer Fläche zu Strukturen zusammen, die nur ein Atom dick sind, was zu Eigenschaften führt, die durch die Quantenmechanik bestimmt werden. Forscher*innen der Universität Wien haben erstmals ein neues 2D-Material hergestellt, das aus Kupfer- und Jodatomen besteht, die zwischen zwei Graphenschichten eingeschlossen sind. Diese Ergebnisse, aktuell veröffentlicht in Advanced Materials, machen den Weg frei für die Entwicklung weiterer 2D-Materialien.
Die Entwicklung neuer Materialien ermöglicht entweder eine verbesserte Effizienz bekannter Anwendungen oder aber völlig neue Anwendungen, die mit den bisher verwendeten Materialien unmöglich waren. Tatsächlich wurden in den letzten hundert Jahren zehntausende konventionelle Materialien wie Metalle und ihre Legierungen identifiziert. Eine ähnliche Anzahl möglicher 2D-Materialien wurde vorhergesagt, aber bisher konnte nur ein kleiner Anteil davon in Experimenten hergestellt werden. Ein Grund dafür ist die Instabilität vieler dieser Materialien selbst unter Laborbedingungen.
In ihrer neuesten Studie synthetisierten die Forscher*innen 2D-Kupferjodid, das in einem Graphen-Sandwich stabilisiert wurde – ein erstes Beispiel für ein Material, das sonst unter normalen Laborbedingungen nicht existieren kann. Bei der Synthese wird der große Abstand zwischen den einzelnen oxidierten Graphenschichten ausgenutzt, wodurch Jod- und Kupferatome in den Zwischenraum diffundieren und das neue Material wachsen kann. Die Graphenschichten üben beidseitig sehr hohen Druck auf das eingeschlossene Material aus und stabilisieren somit die Sandwichstruktur.
„Als wir das neue Material zum ersten Mal in unseren Mikroskopiebildern sahen, waren wir – wie so oft – überrascht“, sagt Kimmo Mustonen, der Erstautor der Studie. „Wir brauchten eine ganze Weile, um herauszufinden, wie die Struktur genau aussieht. Dieses Wissen ermöglichte uns schließlich, ein neues chemisches Verfahren zu entwickeln und die Synthese in großem Maßstab mit dem Unternehmen Danubia NanoTech unter der Leitung von Viera Skákalová durchzuführen“, fährt er fort. Das Verstehen der Struktur war eine Gemeinschaftsarbeit von Wissenschafter*innen der Universitäten Wien, Tübingen, Antwerpen und CY Cergy Paris. „Um sichergehen zu können, dass wir wirklich eine Einzelschicht aus Kupfer und Jod haben, mussten wir mehrere elektronenmikroskopische Techniken anwenden, einschließlich der neuesten Methoden, die wir erst kürzlich entwickelt haben“, fügt der zweite Hauptautor Christoph Hofer hinzu.
Nach dem 2D-Kupferjodid wurde die Synthesemethode von den Forscher*innen bereits auf andere neue 2D-Materialien erweitert. „Die Methode scheint wirklich universell zu sein und ermöglicht den Zugang zu Dutzenden neuen 2D-Materialien – eine aufregende Perspektive!“ sagt Kimmo Mustonen abschließend.
20.1.2022 / Quelle: Universität Wien / www.univie.ac.at