In verschiedensten Newslettern der Immobilienbranche wird das Thema Nachhaltigkeit immer wieder aufgegriffen und berichtet, dass sog „Green Leases“ stark auf dem Vormarsch seien. Begründet wird dies nicht nur damit, dass von Seiten der Politik immer strengere Anforderungen an die Projektentwicklung und die Bauwirtschaft gestellt werden, um deren CO2-Bilanz zu verbessern, sondern auch damit, dass institutionelle Investoren die Etablierung „grüner Mietverträge“ als Branchenstandard erwarten. Dies wirft die Frage auf, welche konkreten Merkmale solche „grünen Mietverträge“ aufweisen und wodurch sich Vermieterinnen und Vermieter bzw deren Asset-Management gegenüber Mitbewerberinnen und Mitbewerbern auszeichnen können.

Als Grüne Mietverträge oder Green Leases werden Bestandverträge bezeichnet, welche die nachhaltige Ausstattung, Bewirtschaftung und Nutzung von Bestandobjekten zum Ziel haben. (Bild: pixabay.com)

Bedeutung
Als Grüne Mietverträge oder Green Leases werden Bestandverträge bezeichnet, welche die nachhaltige Ausstattung, Bewirtschaftung und Nutzung von Bestandobjekten zum Ziel haben. Green Leases sind primär in Zusammenhang mit geschäftlich genutzten Liegenschaften relevant. Die konkreten Ausgestaltungsmöglichkeiten sind dabei mannigfaltig. Derzeit handelt es sich in der Regel um Standardformulare, die schlichtweg mit zusätzlichen „Nachhaltigkeits-Klauseln“ versehen werden. Aus diesem Umstand und der (nach derzeitigem Stand) mangelnden Möglichkeit der Zertifizierung eines Bestandvertrages als „grün“ resultiert eine gewisse Problematik. Die Klauseln erschöpfen sich mitunter in reinen Empfehlungen oder sehen bei Verstößen gegen die Verpflichtungen keine bzw nur inadäquate Sanktionen vor. In solchen Fällen ist es zweifelhaft, ob der Vertrag insgesamt überhaupt als „grün“ qualifiziert werden kann. Dies wirft wiederum die Frage auf, welche Konsequenzen ein unberechtigter Marktauftritt als „grüner Vermieter“ hätte. Insbesondere institutionelle Investoren (Fonds), die zur Einhaltung von ESG-Kriterien verpflichtet sind (zB zur Aufrechterhaltung des österreichischen Umweltzeichens), sollten besonders darauf bedacht sein, auch die umweltfreundliche Bewirtschaftung ihrer ökologisch-zertifiziert gebauten Bestandsobjekte zu gewährleisten.

Regelungsinhalte
Der Inhalt eines Green Lease muss dementsprechend an jede Vermietungssituation unter Berücksichtigung insb der Art des Gebäudes, der beabsichtigten Nutzung und der Interessen der Parteien individuell angepasst werden. Regelungsinstrumente, die zur Verfügung stehen, sind bspw:

  • Energiemonitoring und –management: Da Verbrauchszähler in österreichischen Gebäuden ohnehin der Standardfall sind, können vertragliche Regelungen aufgenommen werden, welche die Bestandnehmerseite dazu verpflichten, gewisse Schwellenwerte nicht zu überschreiten.
  • Umweltfreundliche Reinigung: Bei der Art der Reinigung und der Auswahl der Reinigungsmittel können strenge Vorgaben für den Wasserverbrauch und die Umweltverträglichkeit normiert werden.
  • Nutzerhandbuch: Korrespondierend mit der Verpflichtung der Bestandnehmerseite, gewisse Verbrauchsschwellen nicht zu überschreiten, kann der Vermieter bzw die Vermieterin dazu verpflichtet werden, taugliche Nutzerhandbücher zu erstellen und auszuhändigen, die die energie- und ressourcensparende Bewirtschaftung der Immobilie aufzeigen.
  • Erhaltung und Veränderungen des Bestandobjekts: Es kann ein nachhaltiger Qualitätsstandard für etwa auszuführende Erhaltungsarbeiten und Veränderungen am Bestandgegenstand vereinbart werden. So kann die jeweils erhaltungspflichtige Partei dazu verpflichtet werden, nur Materialien aus Listen ökologischer Baustoffe oder mit gewissen Zertifizierungen einzusetzen. Auch hier muss aber besondere Sorgfalt bei der Vertragserrichtung an den Tag gelegt werden. Auch im gewerblichen Mietrecht kann die Möglichkeit, die Bestandnehmerseite zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten zu verpflichten, stark eingeschränkt sein (insb im Vollanwendungsbereich des MRG).

Normativität
Die Klauseln sollten bestenfalls als Verpflichtungen ausgestaltet werden, die der berechtigten Partei die Möglichkeit der Klage auf Vertragszuhaltung eröffnen oder im Fall des Verstoßes Pönalen vorsehen (allenfalls in Form von Spenden an Umweltschutzorganisationen). Die obige Aufzählung dient überdies nur als Beispiel und stellt bei Weitem nicht die einzigen Möglichkeiten dar, Bestandverträgen ein umweltfreundlicheres Antlitz zu geben.

Fazit
Green Leases sind ein wichtiges Instrument, um die Immobilienbranche nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Sowohl für die Bestandgeber- und Bestandnehmerseite als auch für das Asset- oder Facility-Management besteht durch den Abschluss solcher Verträge die Möglichkeit, sich entsprechend am Markt zu positionieren und einen Image-Boost zu erlangen. Um sicherzustellen, dass die Verträge auch tatsächlich die Bezeichnung „grün“ verdienen und gleichzeitig die berechtigten Interessen der Parteien gewahrt bleiben, sollte aber qualifizierte Unterstützung bei der Vertragsgestaltung hinzugezogen werden.

14.8.2020, Autorin: Gabriele Etzl / Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte / www.deloitte.at