Nachhaltigkeit forcieren, Verschwendung forcieren – und mit dieser Strategie auch noch gute Gewinne machen.

Bis zum Jahr 2050 soll die Weltbevölkerung laut UN-Experten auf 9,3 und bis 2100 sogar auf mehr als zehn Milliarden wachsen. Jahr für Jahr sind somit mehr als 80 Millionen weitere Menschen zu ernähren, vor allem in den Schwellenländern.

Darüber hinaus wächst in der immer größer werdenden „Mittelschicht“ – etwa in China und in Indien – der Bedarf an hochwertigen Lebensmitteln mit höherem Kalorienwert wie Fleisch und Milch. „Um diesen Bedarf zu decken, müssten in den nächsten 35 Jahren etwa 70 Prozent mehr Nahrungsmittel hergestellt werden“, weiß Christian Petter von BNP Paribas Asset Management. Jedoch stößt unsere Erde bekanntlich schon heute an ihre Grenzen …

Die neue Demographie
Gleichzeitig wird durch die schwachen Geburtenzahlen und die erhöhte Lebenserwartung die Bevölkerung im Durchschnitt immer älter. Dazu kommt eine Zunahme der Single-Haushalte. Diesem Wandel in der Gesellschaft muss die Nahrungsmittelindustrie mit einer Segmentierung der Angebotspalette nachkommen.

„Raubbau muss aber nicht sein“, sagt BNP Paribas AM-Österreich-Chefin Anita Frühwald. So „verschwindet“ ziemlich genau ein Drittel (!) der globalen Nahrungsproduktion. (Was einem pekuniären Verlust von rund 1000 Milliarden Dollar weltweit entspricht – pro Jahr!) Frühwald: „Ein spektakuläres Beispiel für unzureichende Abläufe ist der Weg von den Produzenten zum Verbraucher: Hier verlieren wir derzeit noch bis zu 50Prozent der Lebensmittel, weil diese schlecht gekühlt oder falsch verpackt wurden!“

Es gilt also, vom Getreide oder Gemüsefeld bis zum Glas oder Teller auf allen Ebenen wichtige Ressourcen zu schonen. Dabei werden sich die Verbraucher ihrer Bedeutung bewusst und auch die Wissensvermittlung zum Thema „Gesundheit“ verbessert sich permanent.

Kritische Konsumenten
Weiters werden zunehmend Lebensmittelverpackungen benutzt, die keinen Umweltschaden verursachen. „Immer mehr Menschen möchten sich gesund ernähren und hinterfragen Herkunft und Beschaffenheit ihrer Lebensmittel“, erklärt Frühwald.

Die Konsumenten sind dabei bereit, mehr Geld für nachhaltig erzeugte Lebensmittel, Nahrungsmittel ohne künstliche Farbstoffe und unschädliche Verpackungen auszugeben. Dieses Interesse sollte ständig weiter steigen und die Nachfrage der Verbraucher wird somit ein starker Wachstumsantrieb für den Sektor der nachhaltigen Lebensmittel sein. In einem einzigen Jahrzehnt wurde etwa in den USA die Produktion von Bio-Lebensmitteln um rund 240 Prozent gesteigert, wobei im selben Zeitraum der Anstieg bei den „traditionellen“ Lebensmitteln nur 3 Prozent ausgemacht hat.

Bio „Made in Austria“
Unser Land zählt bekanntlich sogar zu den „Bio-Weltmeistern“, wovon letztlich alle profitieren: die Konsumenten, weil biologische Lebensmittel gesünder sind und besser schmecken; die Bauern, weil sie gesund wirtschaften und dabei mehr verdienen können, und last but not least die Natur: Altes Saatgut oder vergessene Tierrassen werden erhalten, die Monokultur weicht einer lebendigen Vielfalt. In Österreich sind bereits acht Prozent der gekauften Frischprodukte (ohne Backwaren) biologisch. Hauptargumente für den Konsum von Bio-Lebensmitteln in Österreich sind „Gesundheit, gefolgt von „keine Chemie, Kunstdünger, Spritzmittel“, „besserer Geschmack“ und „Kontrolle“, dann folgen Umwelt- und Tierschutz.

Rund 20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe hierzulande sind bereits Biobetriebe und 21 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen werden biologisch bewirtschaftet, was den Titel „Bioweltmeister“ für Österreich durchaus rechtfertigt. Jahr für Jahr kommen rund tausend neue Bio-Betriebe dazu, wobei sich die Zuwächse bei Grün- und Ackerland in etwa die Waage halten.

Nachhaltig investieren
Diese Herausforderungen für Firmen des globalen Ernährungssektors, also die Erfassung von und die Investition in nachhaltigere Produktionsmethoden sowie eine Verbesserung der Praktiken in den Bereichen Umwelt, Unternehmensführung sowie von sozialen Aspekten, stellen eine große Chance für nachhaltige Investitionen dar.

„Von den verringerten Auswirkungen der Produktion bis zum Verbrauch von gesünderen Lebensmitteln verfügen Anleger über eine breite Auswahl, um bei der kompletten Ernährungskette ihre Beiträge zur Wertschöpfung zu leisten“, konstatiert Frühwald. Gleichzeitig ändern sich auch die Rahmenbedingungen des Sektors schnell und werden immer komplexer – das gibt auch neuen Akteuren die Chance, sich auf dem Markt zu etablieren.

Wichtige Grundsätze
Als Anlagethema bietet die Ernährungswirtschaft somit vielfältige Chancen – allerdings ist doch einiges Knowhow vonnöten, um die „richtigen“ Firmen ausfindig zu machen, die Produkte anbieten oder Verfahren einsetzen, die zu höherer Qualität der Lebensmittel führen oder dazu beitragen, dass diese nachhaltig produziert werden.

„Unverzichtbar für die Aufnahme in einen solchen professionellen Food-Fonds ist nicht ,nur‘ das Hauptgeschäftsfeld, also was hergestellt und angeboten wird, sondern immer auch das wie“, fordert Frühwald.

Erst ein Prozent – da geht noch mehr!
Echte biologische Landwirtschaft ist ein streng geregeltes und kontrolliertes System, das besonders in Europa sowie zunehmend auch in Amerika von Bedeutung ist. Auch andere Kontinente holen auf, da die Erkenntnis der Vorzüglichkeit dieses Systems immer stärker bekannt wird. Nach letzten vorliegenden Zahlen wurden weltweit 43 Millionen ha oder etwa ein Prozent der gesamten Agrarfläche biologisch bewirtschaftet, was einer Zunahme von 6 Mio. ha im Jahresvergleich entspricht. Rund ein Dutzend Staaten verfügt über mehr als 10 Prozent Biofläche.

07.01.2018, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at