Kunststoff als Werkstoff der Zukunft
Abseits aufgeregter Diskussionen um Strohhalme und Plastiksackerln gab Borealis-CEO Alfred Stern beim Business Breakfast der U.S.-Handelskammer am 24. Mai im Hilton Vienna Plaza Einblicke in die Bedeutung von Kunststoff als Werkstoff der Zukunft, der echte Kreislaufwirtschaft ermöglicht.
„Die globale Bevölkerungs- und Wohlstandsentwicklung führt zu einem steigenden Konsum und wird damit die Nachfrage nach Produkten aus Kunststoff weiter antreiben. Heute lebt nur noch eine Milliarde Menschen von weniger als zwei U.S.-Dollar pro Tag. Alleine in Österreich ist die Zahl der Autos in den letzten 15 Jahren um eine Million auf vier Millionen angestiegen“, führt Stern ein.
Kunststoff ermöglicht unser modernes Leben
Autos werden durch den verstärkten Einsatz von Kunststoff leichter, wodurch der Treibstoffverbrauch sinkt. Sicherheitseinrichtungen wie Airbags oder Sitzgurte wären ohne Kunststoff nicht herstellbar. In den letzten Jahren haben zwei Milliarden Menschen durch Plastikrohre Zugang zu sauberem Trinkwasser bekommen.
Erneuerbare Energien wie Solar- oder Windkraftwerke sind ebenfalls auf den Werkstoff angewiesen, um beispielsweise Leitungen auf größere Distanzen zu isolieren und damit den Energieverlust zu minimieren. Auch das moderne Gesundheitswesen ist an Plastik gebunden: Die weltweite Durchimpfungsrate von 80 Prozent der Kinder gegen fundamentale Kinderkrankheiten ist beispielsweise nur durch Einwegspritzen möglich.
30 bis 40 Prozent der Nahrungsmittel in Europa werden ungegessen weggeworfen: Kleinere Haushaltsgrößen verlangen nach anderen Abfüllmengen und entsprechenden Verpackungen, die ebenfalls aus Kunststoff hergestellt werden.
Kreislaufwirtschaft statt Verbotspolitik
In den EU-Staaten werden 8,4 Prozent der Plastikabfälle recycelt (+79 Prozent seit 2006), 7,4 Prozent landen auf Deponien (-43 Prozent seit 2006) und 11,3 Prozent werden zur Energiegewinnung verbrannt (+61 Prozent seit 2006). Die höchsten CO2-Emissionen weltweit stammen aus den Vereinigten Staaten und China.
60 Prozent der weltweiten Plastikabfälle, die in den Ozeanen landen, stammen aus Ostasien und weitere elf Prozent aus Südasien. Nordamerika und Europa verursachen nur rund zwei Prozent des globalen Plastikmülls in den Ozeanen. Ein aktuelles Problem stellen jedoch die Müll-Exporte in Entwicklungsländer dar, die den Müllberg verschieben aber nicht verkleinern: Deutschland exportiert beispielsweise jährlich 3,5 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr.
Strohhalme sind dabei nicht das große Problem: Wenn alle Strohhalme an den Küstenregionen im Meer landen würden, würde das nur 0,03% des Plastikmülls in den Weltmeeren ausmachen. Zur Diskussion um Plastiksackerln erinnert Stern an die Wiederverwendbarkeit: Ein Plastiksackerl kann bis zu 80 Mal wiederverwendet werden, während Papiersackerln in der Produktion deutlich mehr Wasser und Energie benötigen.
„Die Zukunft des Kunststoffs liegt in der Wiederverwertung und Kreislaufwirtschaft“, betont Stern. Borealis entwickelt gemeinsam mit seinen Kunden Lösungen und Technologien, die bereits in der Herstellung auf Recycling und Wiederverwertung ausgelegt sind. „Die Industrie muss neue Technologien und Monetarisierungsmodelle in der Kreislaufwirtschaft entwickeln, um den Prozess voranzutreiben“, ist Stern überzeugt.
Derzeit können aus 100 Kilogramm Plastikmüll etwa 60 Prozent für neue Produkte verwendet werden. Eine Steigerung dieser Quote ist durch Optimierungen in der Mülltrennung und -entsorgung sowie neuen Technologien machbar.
Vorzeigemodell in Indonesien
Das von Borealis gemeinsam mit Systemiq initiierte Projekt „STOP Ocean Plastics“ setzt in Indonesien – dem zweitgrößten Plastikmüllverursacher der Welt – an. 90 Prozent des Mülls werden dort heute in der Natur entsorgt oder verbrannt, wodurch es zu einer starken Umweltverschmutzung kommt, die sich negativ auf den Tourismus auswirkt. Durch neue Infrastrukturprojekte zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft sollen also neue Arbeitsplätze und bessere Lebensbedingungen geschaffen werden.
29.5.2019, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at