Mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit
Mit dem am 29.6.2017 im Nationalrat beschlossenen „Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz“ (BGBl I 125/2017) kommt es zu einer Neuregelung der Versicherungszuordnung nach den §§ 412a – 412e ASVG sowie § 194b GSVG und § 182a BSVG mit Bindungswirkung. Diese soll künftig bei jeder (rechtskräftigen) Versicherungszuordnung eintreten, sofern keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist. Die Versicherungszuordnung erfolgt mit Bescheid des zuständigen Krankenversicherungsträgers nach dem ASVG oder der SVA bzw SVB (bei übereinstimmender Zuordnung zur GSVG- bzw BSVG-Pflichtversicherung). Entsprechend dem Zweck dieser Normen bezieht sich diese Neuregelung auch auf die versicherungsrechtliche Prüfung von Zeiträumen, die vor dem Inkrafttretenszeitpunkt (1.7.2017) liegen.
Verfahrenseinleitung
Die Einleitung des Verfahrens zur Versicherungszuordnung kann grundsätzlich auf drei Arten erfolgen. Entweder aufgrund einer amtswegigen Sachverhaltsdarstellung (§§ 412b und 412 c ASVG), aufgrund einer Anmeldung zur Pflichtversicherung (§ 412d ASVG) oder auf Antrag der versicherten Person oder ihres Auftraggebers (§ 412e ASVG).
Amtswegige Feststellung
Tritt im Rahmen einer versicherungsrechtlichen Prüfung bzw einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) der substantielle Verdacht auf, dass anstelle der bisherigen Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 und 4 GSVG (als freie Gewerbetreibende und neue Selbständige) bzw § 2 Abs 1 Z 1 BSVG (als Ausübende eines bäuerlichen Nebengewerbes) eine Pflichtversicherung nach dem ASVG vorliegt, so hat gemäß den neuen Regelungen der Krankenversicherungsträger nach dem ASVG bzw das Finanzamt die SVA bzw SVB ohne unnötigen Aufschub über diesen Verdacht zu verständigen. Die weiteren Ermittlungen sind sodann aufeinander abgestimmt, im Rahmen des jeweiligen Wirkungsbereiches durchzuführen. Dies stellt bereits eine wesentliche Erleichterung dar, denn derzeit erfolgt eine Beiziehung der SVA erst im Rahmen der Schlussbesprechung. Bei einvernehmlicher Feststellung durch beide Träger (GKK – SVA bzw SVB) erfolgt eine Bindung der Einstufung auch für spätere Prüfungen. Dies allerdings nur für die jeweilige Tätigkeit und die konkrete Person. Zudem darf keine Veränderung des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten sein. Wenn keine einvernehmliche Feststellung erfolgt, so hat sich der KV-Träger mittels Bescheid mit den abweichenden Vorbringen der SVA bzw SVB auseinanderzusetzen. Die Bescheide des KV-Trägers sind der versicherten Person und ihrem Dienstgeber, der SVA bzw SVB sowie dem sachlich und örtlich zuständigen Finanzamt zu übermitteln. Eine Bindungswirkung tritt diesfalls erst ein, wenn der Bescheid rechtskräftig wurde.
Anmeldung zur Pflichtversicherung
Auch bei Neuaufnahme bestimmter Erwerbstätigkeiten soll von der SVA geprüft werden, ob eine Zuständigkeit der SVA oder des SV-Trägers nach dem ASVG besteht. Eine automatische Überprüfung soll ua bei Anmeldung der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 GSVG (bestimmte freie Gewerbe), nach § 2 Abs 1 Z 4GSVG (selbständige Erwerbstätige) oder nach § 2 Abs 1 Z 1 letzter Satz BSVG (zB Waldhelfer, Hagelschätzer, Zuchtwart, etc.) stattfinden. Nicht von dieser Regelung erfasst sind sohin beispielsweise Neuanmeldungen von Gesellschafter-Geschäftsführern nach § 2 Abs 1 Z 3 GSVG. Die SVA bzw SVB hat bei Vorliegen einer Pflichtversicherung nach dem ASVG den KV-Träger ohne unnötigen Aufschub von der vorläufigen Anmeldung zu verständigen und die Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Betreffend Bescheiderlassung gelten die analogen Regelungen wie bei der amtswegigen Feststellung.
Versicherungszuordnung auf Antrag
Für Fälle der Versicherungszuordnung nach § 2 GSVG oder § 2 Abs 1 Z 1 letzter Satz BSVG soll darüber hinaus der versicherten Person oder ihrem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Antrag auf Überprüfung der Versicherungszuordnung zu stellen. Auch hier gelten wiederum die Regelungen hinsichtlich der Bescheiderlassung und über das Verfahren wie bei der amtswegigen Feststellung analog.
Beitragsrechtliche Rückabwicklung
Kommt es nun zu einer rückwirkenden Neuzuordnung, so ist eine beitragsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen. Die SVA hat eine Stornierung der Pflichtversicherung nach dem GSVG durchzuführen, wenn in diesem Zeitraum keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Andernfalls ist die Beitragsgrundlage nach § 26 GSVG um die aufgrund dieser Tätigkeit festgestellte Beitragsgrundlage . Soweit Beiträge in der KV, PV und UV ungebührlich entrichtet wurden, hat eine Überweisung an den zuständigen Krankenversicherungsträger und Anrechnung auf die ihm geschuldeten Beiträge stattzufinden. Bei Überschuss hat eine Erstattung an die versicherte Person zu erfolgen.
25.08.2017, Autor: Christoph Straubinger, www.deloitte.at