Neue Erkenntnisse für COVID-19-Test- und Präventionsstrategien
In einer in Kooperation von Forscherinnen und Forschern der Universität Oxford, der Queen Mary University London, der Medizinischen Universität Graz und dem Institut für Höhere Studien (IHS) durchgeführten Studie wurde die diagnostische Genauigkeit von Antigentests (Lateral-Flow-Tests, LFT) in der allgemeinmedizinischen Praxis im Vergleich zum PCR-Test an der gleichen PatientInnengruppe in Österreich untersucht. Die Ergebnisse belegen, dass der LF-Test den Virusbefall rasch anzeigt: sowohl im frühen Infektionsstadium, zu Beginn der Symptome und auch bei niedrigem CT-Wert. Es wird eine 95 % Übereinstimmung mit PCR bei positiven und 89 % bei negativen Ergebnissen erreicht.
„Die Studienergebnisse liefern Grundlagen für künftige Eindämmungsstrategien im Rahmen der Primärversorgung, die so einen wichtigen Beitrag in einer Pandemie leisten kann“, erklärt Thomas Czypionka, Leiter des Bereichs Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik am IHS. „Auch im Rahmen künftiger Lockerungen wird – neben den Impfungen – die frühzeitige Erkennung von infizierten Personen durch zuverlässige Tests notwendig sein, um COVID-19 zu kontrollieren.“ In Kombination mit sofortiger Selbstisolierung, Fallmeldung und Kontaktverfolgung kann eine bevölkerungsweite Testung mit LFT zu einer effektiven Präventions- und Kontrollstrategie beitragen, indem Übertragungsketten unterbrochen werden.
Studienpraxen aus dem Ennstal, initiiert durch den Allgemeinmediziner Oliver Lammel aus Ramsau am Dachstein, haben für die Studie 2.562 symptomatische PatientInnen im realen Umfeld der Primärversorgung getestet. „Die Studie unterstützt durch ihre Aussage die Bemühungen um bevölkerungsweite LFT-Tests. Wichtig ist jedoch, dass die Tests von fachkundigem Personal korrekt durchgeführt werden, so wie das bei unserer Studie der Fall war“, so Lammel. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch vom Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der Med Uni Graz ist begeistert, denn mit dieser Studie ist es erstmals in der Steiermark gelungen, Hausarztpraxen aktiv in den Forschungsprozess einzubeziehen. Siebenhofer-Kroitzsch: „Forschung aus der Praxis für die Praxis und mit einem Ergebnis, welches unverzüglich zu einer Optimierung der Versorgung im Rahmen der COVID-19 Pandemie beitragen kann.“
Werner Leber von der Queen Mary University of London erklärt: „Frühere Studien haben gezeigt, dass LFT beim Nachweis von Covid-19 möglicherweise weniger empfindlich ist als PCR, insbesondere bei asymptomatischen Personen und im frühen oder späten Stadium einer Infektion, wenn die Viruslast am niedrigsten ist. Wir haben jedoch festgestellt, dass die beiden Testmethoden bei Patientinnen und Patienten, die neu symptomatisch sind, ein ähnliches Maß an Genauigkeit aufweisen. Viele Länder erwägen, LFT zu verwenden, um künftige Wellen der Pandemie zu bewältigen. Unsere Ergebnisse unterstützen diesen Schritt, aber die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Tests sollte ein wesentlicher Bestandteil jeder Strategie sein.“
Jasmina Panovska-Griffiths vom Big Data Institute, The Queen’s College, an der University of Oxford ergänzt: „In unserer Studie waren sowohl kürzere Symptomdauer als auch höhere Viruslast mit einem positiven LFT assoziiert. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, früh in der Infektion mit LFT zu testen, und zeigt, dass bei neu symptomatischen Patientinnen und Patienten beide Testmethoden eine ähnliche Genauigkeit aufweisen. Unsere Studie ist die erste Studie, die zeigt, dass Point-of-Care-Antigentests mittels LFT in Kombination mit der klinischen Beurteilung symptomatischer Patientinnen und Patienten eine SARS-CoV-2-Infektion in der Primärversorgung schnell und genau erkennen können.“
Die Studie “Comparing the diagnostic accuracy of point-of-care lateral flow antigen testing for SARS-CoV-2 with RT-PCR in primary care (REAP-2)” wurde durch das Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union gefördert (grant agreement No 101016233 [PERISCOPE]). Die Publikation ist online abrufbar.
14.7.2021 / Autor: Institut für Höhere Studien – Institute for Advanced Studies (IHS) / IHS