Neue Gesellschaftsform FlexCo für StartUps und Gründer
Start-Ups erfreuen sich steigender Beliebtheit. Auch in Österreich ist die Welle von Start-Ups ungebrochen und der Trend zeigt nach oben. Nachdem in der Vergangenheit immer wieder beklagt wurde, dass das österreichische Gesellschaftsrecht zu unflexibel für Start-Ups sei und es an steuerlichen Anreizen fehle, hat der österreichische Gesetzgeber nun eine Initiative gesetzt, um dies zu ändern. Die Einführung eines neuen Gesellschaftstyps – der Flexible Company – und steuerliche Begünstigungen für Mitarbeiterbeteiligungen sollen Start-Ups attraktiver und flexibler machen.
Neue Gesetzesentwürfe in der Begutachtung
Seit wenigen Tagen befinden sich zwei neue Gesetze in Begutachtung, das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) und das Start-Up-Förderungsgesetz. Beide Gesetze haben als klares Ziel die Erleichterung der Gründung von Start-Ups vor Augen. Die gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Start-Ups sollen deutlich erleichtert werden. Die Begutachtungsfrist endet am 7. Juli 2023
Gesellschaftsrecht – Flexible Kapitalgesellschaft
Gesellschaftsrechtliches Herzstück der nunmehrigen Start-Up-Offensive sind folgende Maßnahmen:
- Das Stammkapital für GmbHs wird dauerhaft von EUR 35.000,– auf EUR 10.000,– gesenkt. Die bisherigen Bestimmungen zur Gründungsprivilegierung, die zeitlich beschränkt die Möglichkeit vorsahen, eine GmbH mit reduziertem Stammkapital zu gründen, werden aufgehoben.
- Mit dem Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) wird neben der GmbH und der AG eine weitere Kapitalgesellschaft eingeführt, die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexCo).
Die FlexCo
Auf die FlexCo sind primär die Bestimmungen über die GmbH anzuwenden, angereichert um Regelungen aus dem Aktienrecht, wie Bestimmungen über den Erwerb und das Halten von eigenen Anteilen, genehmigtes Kapital und bedingte Kapitalerhöhungen. Damit soll das Beste aus beiden Welten in einer Gesellschaftsform vereinigt werden. Vor allem sollen die flexiblen Instrumente aus der AG für die Durchführung von Kapitalerhöhungen, wie das genehmigte Kapital, die für Start-Ups eine hohe praktische Relevanz haben, leichter zugänglich werden.
Daneben wurde eine lange bestehende Forderung umgesetzt. Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer FlexCo erfordert keinen Notariatsakt mehr. Die Errichtung einer entsprechenden Urkunde durch einen Notar oder einen Rechtsanwalt ist ausreichend.
Die FlexCo ebnet auch den Weg zum Abbau weiterer Formalismen. Der Gesellschaftsvertrag der FlexCo kann vorsehen, dass für eine schriftliche Beschlussfassung (Umlaufbeschluss) nicht mehr die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist. Damit wir die Administration durch schriftliche Beschlussfassungen deutlich erleichtert. Allerdings ist sicherzustellen, dass alle Gesellschafter an der Abstimmung teilnehmen können.
Erleichterte Mitarbeiterbeteiligung – Die Unternehmenswertanteile
Kernstück der FlexCo und das Hauptinstrument einer zukünftigen Mitarbeiterbeteiligung sind die bisher im österreichischen Gesellschaftsrecht unbekannten Unternehmenswert-Anteile. Diese dürfen in einem Ausmaß von bis zu 25 % des Stammkapitals ausgegeben werden. Der geringste Nennbetrag beträgt lediglich einen Cent, was erlaubt, selbst bei einem geringen Stammkapital eine große Zahl an Unternehmenswert-Anteilen auszugeben. Unternehmenswert-Anteilen kommt kein Stimmrecht zu und sie vermitteln auch kein Recht, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten. Dafür trifft sie auch weder eine Ausfallshaftung noch eine Nachschussverpflichtung. Es besteht aber das Recht auf eine Beteiligung am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös. Damit soll, entgegen der bisher üblichen Praxis, die mit schuldrechtlichen Vereinbarungen arbeitet, auch eine korporative Beteiligung von Mitarbeitern bei deutlich reduziertem wirtschaftlichem Risiko möglich werden.
Die Übernahme und Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen wurden noch weiter vereinfacht. Hier reicht bereits die Einhaltung der Schriftform. Die Beteiligung eines Notars oder Anwalts ist nicht erforderlich. Die Inhaber von Unternehmenswert-Anteilen sind auch nicht namentlich im Firmenbuch anzumelden, so wie dies bei einer GmbH der Fall wäre. Die FlexCo hat jedoch ein entsprechendes Anteilsbuch zu führen. Im Firmenbuch wird nur ersichtlich, in welchem Ausmaß Unternehmenswert-Anteilen ausgegeben wurden.
Um die Inhaber von Unternehmenswert-Anteilen an einer Wertsteigerung der Gesellschaft partizipieren zu lassen, muss der Gesellschafsvertrag zudem zwingend ein Mitverkaufsrecht vorsehen, wenn die Gründergesellschafter – die im Gesellschaftsvertrag festzulegen sind – ihre Beteiligung mehrheitlich veräußern. Ausweislich der Materialien sollen sukzessive Verkäufe möglich sein. Das Mitverkaufsrecht wird dann durch die Übertragung ausgelöst, nach der die Gründungsgesellschafter insgesamt über weniger als die Hälfte ihrer anfänglichen Stammeinlagen verfügen. Der Grund für diese Regelung ist nicht einsichtig. Das Potential für Umgehungen durch die Zurückbehaltung eines Kleingeschäftsanteils ist offensichtlich. Erfolgt die Veräußerung sukzessive, muss den Inhabern von Unternehmenswert-Anteilen aber zumindest ein Preis angeboten werden, der dem nach dem Verkaufsvolumina gewichteten rchschnitt aus den (höheren) Preisen bei vorangegangenen Verkäufen und dem Preis beim aktuellen Verkauf entspricht.
Die Aufnahme weiterer Auslöser des Mitverkaufsrechts im Gesellschaftsvertrag ist möglich. Die Gründergesellschafter haben die Einhaltung des Mitverkaufsrechts zu garantieren.
Für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses mit Inhabern von Unternehmenswert-Anteilen hat der Gesellschaftsvertrag eine zwingende Verkaufsmöglichkeit vorzusehen. Neben den zum Erwerb verpflichteten Personen ist insbesondere auch festzulegen, wie der Kaufpreis zu ermitteln ist.
Steuerrecht – Besteuerungsaufschub
Start-Ups und junge KMU sind aufgrund mangelnder Liquidität häufig nicht in der Lage, entsprechende Vergütungen für hochqualifizierte Arbeitnehmer in Geld zu leisten. Oft wird den Arbeitnehmern daher eine Beteiligung an der Gesellschaft angeboten. Die in diesem Fall durchzuführende sofortige Besteuerung des geldwerten Vorteils führt aber zu einem zusätzlichen Liquiditätsbedarf beim Empfänger („dry income“-Problematik). Das Start-Up-Förderungsgesetz soll dieses Thema adressieren, indem ein Besteuerungsaufschub gewährt wird.
Dieser Besteuerungsaufschub ist aber an diverse Voraussetzungen gebunden:
- Die Anteile dürfen nur unentgeltlich oder zum Nennwert an Arbeitnehmer gewährt werden und es müssen sachliche, betriebsbezogene Gründe vorliegen.
- Das Unternehmen darf nicht in einen Konzern eingebunden sein und die Anteile am Kapital oder den Stimmrechten am Unternehmen dürfen auch nicht zu mehr als 25 % durch Unternehmen gehalten werden, die in einen Konzernabschluss einzubeziehen sind.
- Bestimmte Größenmerkmale dürfen nicht überschritten werden (z.B. nicht mehr als 100 Arbeitnehmer, jährlicher Umsatzerlös nicht mehr als EUR 40 Mio).
- Die Anteile werden binnen 10 Jahren ab der Gründung des Unternehmens begeben.
- Die Beteiligung eines einzelnen Arbeitnehmers darf 10 % nicht überschreiten.
- Die Übertragung der Beteiligung darf nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich sein (Vinkulierung).
Der Besteuerungsaufschub gilt primär bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile. Daneben gibt es noch weitere Auslöser der Besteuerung, wie beispielsweise die Aufhebung der Vinkulierung (wenn im selben Kalenderjahr keine Veräußerung oder Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgt), die Überschreitung der 10 %-Beteiligungsschwelle, der Tod des Arbeitnehmers oder die Liquidation des Unternehmens. Die Besteuerung tritt auch bei einer Beendigung des Dienstverhältnisses ein. Allerdings gilt dies nicht für Unternehmenswert-Anteile an einer FlexCo (siehe Punkt 2.3 oben). In Bezug auf diese hat der Arbeitnehmer das Recht, die Besteuerung – unter anderem – bis zur tatsächlichen Veräußerung hinauszuschieben. Allerdings hat er in diesem Fall auch selbst eine Veranlagung vorzunehmen.
Die Komplexität der Bewertung des geldwerten Vorteils wird durch eine Pauschalregelung vermindert. Der geldwerte Vorteil bemisst sich im Falle der Veräußerung der Anteile nach dem Veräußerungserlös und in allen anderen Fällen nach dem gemeinen Wert in dem Zeitpunkt, in dem der Besteuerungsaufschub wegfällt. Stirbt der Dienstnehmer oder hat das Dienstverhältnis zumindest drei Jahre gedauert und fällt der Besteuerungsaufschub frühestens nach Ablauf von 5 Jahren ab der erstmaligen Gewährung von Anteilen weg, ist der geldwerte Vorteil als sonstiger Bezug zu 75 % mit einem festen Satz von 27,5 % zu erfassen. Der Rest fällt unter den Lohnsteuersatz.
31.5.2023, Autor: Mag. Peter Blaschke, Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH, www.fwp.at