PwC Index der digitalen Zentralbankwährungen: Europa hinkt im globalen Wettlauf hinterher
Aufholbedarf in Europa: Gesetzesentwurf zum digitalen Euro erst 2023 geplant – Deutschland und Frankreich als treibende Kräfte
Die Zukunft des Geldes ist digital: Central Bank Digital Currencies (CBCD), die digitalen Währungen der Zentralbanken, werden in Zukunft einen festen Platz in der Finanzwelt einnehmen. Schätzungen und Analysen zufolge erwägen bereits mehr als 80 Prozent der Zentralbanken die Einführung einer digitalen Währung oder haben sie bereits etabliert. Der aktuelle „PwC CBDC Global Index 2022“ analysiert und bewertet die weltweit führenden CBDC-Projekte und zeigt die aktuellen Herausforderungen und Trends auf.
Digitale Zentralbankwährungen: Nigeria, die Bahamas und China an der Spitze
Im Index wird die Liste der Retail-Projekte angeführt vom eNaira der Zentralbank von Nigeria (CBN), dem ersten CBDC in Afrika und dem Sand Dollar, der von der Zentralbank der Bahamas seit Oktober 2020 als gesetzliches Zahlungsmittel ausgegeben wird. Damit waren die Bahamas das erste Land, das auf CBDC setzte. China folgte als erste große Volkswirtschaft im selben Jahr mit einer eigenen digitalen Zentralbankwährung, dem digitalen Yuan und befindet sich ebenfalls unter den Top drei Retail CBDC Projekten. Offizielles Ziel dieser Projekte ist es, die finanzielle Inklusion voranzutreiben, und gleichzeitig, durch die Akzeptanz im Privatsektor, das BIP zu erhöhen.
Auch im Wholesale gibt es bereits Bemühungen, grenzüberschreitende Devisenzahlungen in Echtzeit durchzuführen: Als führend weist der Index dabei die gemeinsame Initiative der Hong Kong Monetary Authority (HKMA) und der Bank of Thailand (BoT), das so genannte mBridge-Projekt, aus.
Digitaler Euro: EU plant Gesetzesentwurf 2023
Die Europäische Kommission plant, Anfang 2023 einen Gesetzentwurf für einen digitalen Euro vorzulegen, der als Rechtsgrundlage für die virtuelle Version einer Euro-Banknote bzw. -Münze dienen soll. Dabei geht es um den Zugang zu Zentralbankgeld in digitaler Form für tägliche Transaktionen, die möglichst hohe Datenschutzstandards bieten.
Während die EZB die endgültige Entscheidung über die Zukunft und Notwendigkeit des digitalen Euro aber erst treffen wird, scheinen politische Entscheidungsträger:innen in Europa bereits überzeugt: Deutschland und Frankreich etwa drängen die EZB bereits seit letztem Jahr, den Prozess zu beschleunigen, da sie befürchten, dass die Eurozone im Vergleich zu anderen Wirtschaftszonen zurückbleiben könnte.
„Die meisten Zentralbanken haben noch keine Entscheidung über die Einführung eines CBDC getroffen, gleichzeitig schließen sie dies aber auch nicht aus. Die derzeitigen Erfolge einiger Pilotprojekte zeigen deutlich, dass digitale Währungen womöglich die institutionelle digitale Transformation vorantreiben und das Zahlungssystem umwälzen werden“, erklärt Johannes Edlbacher, Steuerexperte und Partner bei PwC Österreich.
Stablecoins als Brückenbauer
Im Gegensatz zu den politischen Faktoren, die die digitalen Währungen der Zentralbanken antreiben, bieten privat ausgegebene Stablecoins eine quasi halbstaatliche Option und einen Großteil des gleichen Nutzens, ohne die Aspekte einer staatlich initiierten Emission. Stablecoins vereinen alle Vorteile der digitalen Währungen, wie geringe Transaktionskosten und leichte Übertragbarkeit, sind aber durch Vermögenswerte, wie z.B. eine Fiat-Währung, besichert und schlagen so eine Brücke zwischen dem traditionellen Finanzökosystem und digitalen Technologien.
„Die Rolle von Stablecoins auf den Kryptomärkten wird – trotz des Absturzes der Kryptowährung TerraUSD – wachsen, da die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen eine stärkere Rolle von Stablecoins im gesamten Finanzökosystem durchsetzt,“ ist Experte Edlbacher überzeugt. „Sie ermöglichen außerdem günstigere und schnellere Zahlungen und haben das Potenzial, die Zahlungswelt zu revolutionieren, indem sie Personen ohne Bankzugang in das Finanzsystem holen.“
Einheitliche Umsetzung noch ausstehend
Der diesjährige Index zeigt, dass die Zentralbanken ihre Aktivitäten im Bereich der digitalen Währungen verstärken. Die Länder haben einen unterschiedlichen Reifegrad bei CBDCs und jedes Land hat unterschiedliche Motivationsfaktoren. „Die Verbesserung der finanziellen Eingliederung, die Erleichterung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs und die Bekämpfung der Finanzkriminalität sind alles Faktoren, die eine Rolle spielen. Wir gehen davon aus, dass die Erforschung, Erprobung und Einführung von CBDCs im Jahr 2022 intensiviert wird“, erklärt Johannes Edlbacher.
Für Finanzinstitute ist es bereits heute besonders wichtig zu verstehen, wie die Zentralbanken zu digitalen Währungen stehen, denn letztendlich werden CBDCs durch das Zahlungssystem fließen und sich in den Bankbilanzen niederschlagen. „Daher sind sorgfältige Konsultationen mit den Zentralbanken von entscheidender Bedeutung, um den Business Case für CBDCs zu klären, und zwar unter den Gesichtspunkten der Inklusivität, der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Interoperabilität. Klar ist, dass die Senkung der Kosten für Zahlungen in einer Volkswirtschaft der gesamten Wirtschaft und den Bürgern einen Mehrwert bringt. Wenn die CBDCs letztendlich effizientere Zahlungen ermöglichen können, wird dies allen zugutekommen“, schließt Edlbacher.
31.5.2022, Autor: PwC, www.pwc.at