Hintergrund: Ein Betriebsrat sollte installiert werden – nicht aber von den Mitarbeitern.

Quelle: Salzburger Nachrichten, 3. Mai 2016

Am Dienstagabend, dem 3. Mai 2016, haben über 200 Mitarbeiter des Fernsehsenders einen Offenen Brief unterschrieben, in dem sie sich gegen einen Betriebsrat aussprechen. „Die anonyme Umfrage über die mögliche Gründung eines Betriebsrates unterstützen wir – und das ist die überwältigende Mehrheit aller Mitarbeiter von ServusTV – ausdrücklich nicht“, heißt es in diesem Schreiben:

Offener Brief der Mitarbeiter von ServusTV Salzburg, 03. Mai 2016
Mit Bestürzung und Trauer haben wir heute von der bevorstehenden Schließung unseres Unternehmens erfahren. Diese Entscheidung trifft uns, unsere Geschäfts-Partner und unsere Familien völlig unerwartet. Es ist ein Schock. Sieben Jahre lang hatten wir die Gelegenheit an einer Vision von einem anderen Fernsehen mit zu bauen, das es so nirgendwo gibt und damit einzigartig ist. Ein Programm mit Anspruch, positiver Grundhaltung und politischer Unabhängigkeit. Weit weg von Trash und bad-news. Daran haben wir stets mit großem Einsatz, Leidenschaft und von einem langfristigen Erfolg überzeugt, gearbeitet.
Getragen wurde diese Idee von einem innovativen Unternehmen, an dessen Spitze ein visionärer Unternehmer steht: Sein Engagement war uns gegenüber stets aufrichtig und trotz schwieriger Rahmenbedingungen langfristig angelegt. Dafür wollen wir uns hiermit bei Dkfm. Dietrich Mateschitz ebenso aufrichtig, wie auch herzlich bedanken.

Gleichzeitig ist es uns wichtig, folgendes unmissverständlich festzuhalten: Die anonyme Umfrage über die mögliche Gründung eines Betriebsrates unterstützen wir – und das ist die überwältigende Mehrheit aller Mitarbeiter von ServusTV – ausdrücklich nicht. Mehrere Hinweise lassen bei uns zudem die Frage aufkommen, ob diese anonyme Initiative nicht womöglich von außerhalb des Unternehmens angestoßen wurde.
Wir halten dazu in aller Deutlichkeit fest: Es ist uns kein (Medien) Unternehmen bekannt, das einen derart sozialen und loyalen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegt, wie ServusTV/Red Bull. Wir sind und waren stets stolz, zu dieser Familie gehören zu dürfen, bei der klassische Handschlagqualitäten, mutige Visionen und wechselseitiges Vertrauen immer im Vordergrund standen und stehen.
Auch wenn das Außenstehende – aus welcher Motivation auch immer – anders sehen mögen: Wir wollen und brauchen keinen Betriebsrat. Darüber hinaus verbitten wir uns ausdrücklich jedwede (auch gewerkschaftliche) Einmischung und Stellungnahme von außen.

Namentlich gezeichnet
205 ServusTV-Mitarbeiter, Im Namen vieler weiterer, die durch Tagesgeschäft, Mutterschaft, Krankheit oder Urlaub verhindert sind und nicht unterschreiben konnten.
Der Reim zeigt Nachvollziehbares
Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben am Dienstagabend „fassungslos und entsetzt“ auf die Aussagen von Red-Bull-Chef Mateschitz reagiert. „Die jetzt an den Tag gelegte Haltung ist eines Herrn Mateschitz nicht würdig“, erklärte Gerald Forcher, Geschäftsführer der GPA-djp Salzburg. „Wir leben in Österreich und nicht auf irgendeiner Bananenrepublik.“ „Was soll an der Vorgehensweise über Betriebsratswahlen nachzudenken nicht dienlich sein?“, fragt AK-Präsident Siegfried Pichler in der gemeinsamen Aussendung mit Forcher. Ihm platze der Kragen, wenn so über die betriebliche Mitbestimmung gedacht werde. Sich gewerkschaftlich zu organisieren sei ein Grundrecht.

Unabhängigkeit des Senders gefährdet
Dass der Auslöser für die Schließung des Senders die angedachte Gründung eines Betriebsrats war, hatten die „Salzburger Nachrichten“ am Nachmittag berichtet. Später bestätigte Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz diese Sachlage – sein Statement im genauen Wortlaut: „Unabhängigkeit, Eigenständigkeit und Unbeeinflussbarkeit insbesondere durch politische Parteien, egal welcher Richtung, war von Anfang an ein tragender Pfeiler von Servus TV. Die Betriebsratsgründung hätte diese Werte insbesondere durch die Art und Weise ihres Zustandekommens – anonym, unterstützt von Gewerkschaft und Arbeiterkammer – nachhaltig beschädigt. Dass diese Vorgehensweise bei der Entscheidung in der aktuellen Situation des Senders nicht gerade dienlich war, ist evident.“

Alle 264 Mitarbeiter wurden bereits gekündigt, die Meldung beim AMS langte nach Angaben des Salzburger AMS-Chefs Siegfried Steinlechner Dienstag kurz vor Mittag ein. Von den Kündigungen habe er durch die Medien erfahren, sagte Steinlechner. Er stellt klar: „Wir sind bisher in keine Überlegungen einbezogen.“ Steinlechner nimmt aber an, dass durch den internationalen Radius des Unternehmens nicht nur der Salzburger Arbeitsmarkt betroffen sein werde. Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) hat die bevorstehende Schließung von Servus TV als „schmerzhaft“ bezeichnet. Er sei „betroffen“ ob dieser „Schwächung des dualen Rundfunksystems“, erklärte er am Dienstag in einer Aussendung. „Servus TV hat sich in den letzten Jahren am heimischen Fernsehmarkt etabliert und die Medienlandschaft in Österreich mit seinen vielfältigen Sendeformaten bereichert.“ Die Einstellung schwäche den dualen Markt und koste viele Mitarbeiter den Job, die „mit viel Engagement und Einsatz der Arbeit für ihren Sender nachgegangen sind“. Zugleich verwies der Minister auf bestehende „Maßnahmen wie die Privatrundfunk-Förderung“, mit der man die Sender zu stärken suche.

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