Telekom – das unterschätzte Milliardenbusiness
Die Telekommunikationsindustrie ist für den Wirtschaftsstandort Österreich von immenser Bedeutung – aber die Umsätze stagnieren. Dienste und Anwendungen wie Open Data, E-Government, E-Commerce, Smart Cities, Soziale Medien oder alle Arten von Streaming-Diensten wären in entsprechend hoher Qualität ohne Telekom-Infrastruktur und die damit einhergehende Internet-Geschwindigkeit nicht möglich. Die Digitalisierung hat in unserem Leben Einzug gehalten.
„Hinter ihr stehen eine enorme Wirtschaftsleistung und die Telekommunikationsanbieter, die mit ihren Netzen die Digitalisierung erst ermöglichen“, sagt Klaus Steinmaurer, der per 1. Juli als neuer Geschäftsführer im Fachbereich Telekommunikation und Post der staatlichen Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) Johannes Gungl als obersten Telekomregulator abgelöst hat. Dennoch zeigt sich ein bemerkenswertes Bild bei den „Telkos“: Trotz ihrer Bedeutung für unsere Kommunikation und für den Wohlstand stehen sie unter Druck.
Stagnierende Umsätze
OTT-Dienste wie Skype, WhatsApp oder Facebook Messenger ersetzen herkömmliche SMS: Allein in den vergangenen sechs Jahren ist der Versand von SMS um beinahe drei Viertel bzw. genau um –72% eingebrochen, von 7,8 Mrd. 2012 auf 2,2 Mrd. Euro im Vorjahr.
Gleichzeitig steigt der Datenverbrauch stetig stark an. 2012 betrug der durchschnittliche mobile Datenverbrauch im Endkundenmarkt weniger als 25 Mio. GB pro Quartal. Allein in den sechs Jahren bis 2018 hat sich dieser Wert auf 373 Mio. GB fast verfünfzehnfacht. Dennoch sinken die Preise, insbesondere im mobilen Breitband je GB. Anfang 2012 waren es knapp unter 25 € pro GB, 2018 sind es unter zwei Euro. Das entspricht einem Rückgang von 92% in lediglich sechs Jahren.
Dabei stagniert der Umsatz der Telkos im Mobilfunk seit 2012 bei rund 600 Mio. € pro Quartal; sogar mit einem leicht negativen Trend – und das, während die Netze immer leistungsfähiger werden und immer bessere Qualität bieten. „Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung über die Systematik der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hinaus wurde bislang nur unzureichend thematisiert“, erklärt Steinmaurer. Deshalb hat das Wirtschaftsforschungsinstitut Economica vor Kurzem im Auftrag der RTR eine Studie erstellt, um die ökonomische Bedeutung der Telekommunikationswirtschaft aufzuzeigen.
6,96 Milliarden Euro
Demnach hat die Bruttowertschöpfung, die unmittelbar und mittelbar mit der gesamten Telekomwirtschaft im Zusammenhang steht, im Jahr 2018 rund sieben Mrd. € betragen und war für 79.380 Arbeitsplätze verantwortlich. „Darin eingerechnet sind die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche wie etwa die Herstellung von Glasfaserkabeln oder die Vermietung von Telekommunikationsanlagen“, erklärt Studienautor Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung und Leiter des Economica Instituts.
Ein Teil der Bruttowertschöpfung sind indirekte Effekte: Die gesamte Telekomwirtschaft bezieht Vorleistungen von anderen Sektoren, in denen wiederum Wertschöpfung entsteht. Diese indirekten Effekte betragen zwei Mrd. €.
229 Mio. € wiederum betragen die induzierten Effekte; diese entstehen dadurch, dass das in der gesamten Telekommunikationswirtschaft erzielte Einkommen den Konsum und somit die Gesamtnachfrage erhöht. Dadurch schaffen sie weitere Wertschöpfung.
Allein die Telekommunikations-Betreiber des Kernbereichs der TK-Wirtschaft lösen 2018 eine Bruttowertschöpfung von insgesamt 4,33 Mrd. € aus.
Das ergibt sich aus den bezogenen, vorgelagerten Leistungen im Wert von 1,16 Mrd. €, aus der selbst ausgelösten Wertschöpfung von 3,03 Mrd. € und der induzierten Wertschöpfung durch Konsum im Wert von 138,85 Mio. €. „Die Leistungen der Telekommunikationswirtschaft sind eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer digitalen Ökonomie und modernen Gesellschaft“, fasst Helmenstein zusammen.
- Die Wertschöpfungseffekte – Top-10-Sektoren Mio. Euro
- Telekommunikationsdienstleistungen 2.474
- Informationstechnologie und -dienstleistungen (DL) 1.144
- Unternehmensführung/-beratung-DL 702
- EDV-Geräte, elektronische/optische Erzeugnisse 224
- Bauinstallations- u. sonst. Ausbauarbeiten 170
- DL des Grundstücks- und Wohnungswesens 118
- Wirtschaftliche Dienstleistungen 80
- Finanzdienstleistungen 71
- Reparatur von EDV-Geräten und Gebrauchsgütern 66
- Einzelhandelsleistungen (ohne Kfz) 65
Verteilung der Wertschöpfungseffekte auf die Top 10-Sektoren in Mio. Euro; Quelle: Economica
Drei pusht 5G: In Linz beginnt’s
Österreichs erstes echtes, zusammenhängendes 5G-Netz ist das erste in der Drei-Gruppe und auch eines der ersten weltweit.
Für den Start des Echtbetriebs hat Drei insgesamt 20 Sendestationen in Linz mit 5G ausgerüstet. Einer der ersten Kunden ist das Ars Electronica Center. Bis zum Jahresende peilt das Unternehmen die 5G-Vollversorgung der Stadt und weiterer Regionen in ganz Österreich an. „Wo das genau sein wird, hängt davon ab, wo 5G am dringendsten benötigt wird“, erklärt Drei-CEO Jan Trionow. Im Laufe des Jahres – wenn genügend Standorte angebunden sind – wird der kommerzielle Start von 5G erfolgen. Dann wird Drei auch seine ersten 5G-Tarife präsentieren. Trionow: „Bis dahin können unsere Pilotkunden 5G mit speziellen SIM-Karten und zur Verfügung gestellten 5G-Routern nutzen. Denn allgemeine ‚5Gready-Tarife‘ anzubieten, ohne eine entsprechende 5G-Netzabdeckung und 5G-taugliche Endgeräte bereitzustellen, halten wir für überflüssig und weckt bei Kunden falsche Erwartungen. Wir stecken unser Geld in den Netzausbau und die Entwicklung echter Anwendungen anstatt in leere Werbekampagnen.“
Ein Gigabit pro Sekunde
Zum Start des Echtbetriebes in Linz stellte sich 5G einem konventionellen Geschwindigkeitstest. Auf Fast.com, dem Speedtest von Netflix, erreichte das 5G-Netz von Drei Spitzen-Download-Raten von fast einem Gigabit/Sekunde. Bald geht noch mehr, da Drei 2019 noch nicht das volle ersteigerte Frequenzspektrum nutzen kann.
Als einer von zwei Anbietern hatte Drei bei der österreichischen Frequenzauktion Anfang März 2019 die erforderlichen Frequenzen für den 5G-Start noch in diesem Jahr erworben. Alle übrigen Betreiber werden mit 5G im nächsten Jahr folgen.
Wozu braucht man 5G?
„Das Ars Electronica Futurelab arbeitet im Schnittfeld von Kunst, Technologie und Gesellschaft“, sagt Horst Hörtner, Leiter des Ars Electronica Futurelabs. „Uns interessieren die Potenziale neuer Technologien vor allem hinsichtlich einer nachhaltigen Gestaltung unserer Zukunft. Alle unsere Projekte kreisen letztlich um diese Frage und wollen mit den Mitteln der Kunst einen möglichst breiten gesellschaftlichen Diskurs anzetteln. 5G ist für uns einerseits im Kontext der Schwarm-Steuerung von Drohnen und Robots spannend – ein Feld, das wir sowohl künstlerisch als auch wissenschaftlich sehr erfolgreich bearbeiten. Andererseits haben wir mit dem Deep Space 8K eine prototypische Infrastruktur entwickelt, die in Kombination mit der Bandbreite sowie der sehr geringen Latenzzeit von 5G völlig neue Anwendungen möglich machen könnte.“
Beispiele aus der Praxis
Gemeinsam mit dem Telekomausstatter ZTE und dem Kärntner Unternehmen IOT40 hat Drei das Bee-O-Meter konzeptioniert: einen smarten Bienenstock, der nicht nur die ausfliegenden und zurückkommenden Bienen zählt, sondern auch die sie umgebende Umwelt überwacht und Bienenzüchter bei messbaren, negativen Einflüssen auf das Bienenvolk tagesaktuell alarmiert.
Außerdem kooperiert Drei mit PlayGiga: Das spanische Unternehmen hat eine Cloud Gaming- Plattform entwickelt, durch die Telekommunikationsunternehmen in der Lage sein werden, beliebte Spiele via 5G und ohne Konsole direkt am TV-Gerät, am Smartphone oder am VR Device zu streamen.
Das Marktforschungsunternehmen GlobalData geht in seiner Prognose vom April davon aus, dass sich der weltweite Markt für Video Games durch 5G und Cloud Gaming von 131 Mrd. USD 2018 bis 2025 auf 300 Mrd. USD vergrößern wird.
Remote Piloting
Einen Lastwagen steuern ohne Lenker am Fahrersitz – mit 5G und Datenübertragung in Echtzeit ist das keine Zukunftsmusik mehr. Unfallfrei kurvt ein Lkw über das Gelände des Headquarters von Drei in Wien. Der Fahrer sitzt am virtuellen Steuer in Linz; alle erforderlichen Bild-Informationen erhält er live und ohne Verzögerung. Alle seine Steuerbefehle in Linz erreichen den Lkw unmittelbar in Wien und bringen das Fahrzeug – wenn auch „nur“ einen Modell-Laster – sicher ans Ziel.
Beispiel Weinkontrolle
Ein neuer, digitaler Kanarienvogel bringt mehr Sicherheit im Weinkeller und schlägt Alarm, wenn der CO2-Anteil in der Luft den kritischen Grenzwert überschreitet. Durch eine Anbindung via Narrowband-IoT (NB-IoT) ist der Kanari selbst im Weinkeller mit der Außenwelt verbunden und holt Hilfe, wenn es tief unter der Erde ernst wird. Die Messwerte werden zusätzlich in einer Cloud-Lösung dauerhaft dokumentiert. Im Fall von NB-IoT ermöglicht die geringe Bandbreite dem Gerät auch noch in weiter Entfernung vom Sender und tief unter der Erde ausreichenden Empfang.
Der 5G Kick-off der ZTE Corporation
Im Rahmen des 5G-Starts haben Geschäftskunden von Hutchison Drei Austria moderne ZTE 5G-Geräte erhalten, um das ultraschnelle Internet der Zukunft exklusiv zu testen. Die frühe Bereitstellung von 5G wie nun in Linz ist entscheidend, um sich mit der Leistung des 5G-Netzes und der Technologie vertraut zu machen und um zu gewährleisten, dass branchenführendes Service und höchste Geschwindigkeit erreicht werden, sobald 5G flächendeckend in Österreich eingesetzt wird.
ZTE lieferte die Infrastrukturtechnologie für Österreichs erste zusammenhängende 5G-Versorgung in Linz und brachte kürzlich mit der neuen Flaggschiffserie ZTE Axon 10 Pro auch das erste 5G-Smartphone auf den heimischen Markt. Das moderne Smartphone mit attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis ist in einer LTE- und in einer 5G-Version erhältlich.
02.08.2019, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at