Business Aviation überfliegt Corona-Krise
Die internationale Luftfahrtindustrie wurde 2020 hart getroffen und Experten sind einig, dass es noch Jahre dauern wird, bis die Passagierzahlen und Streckennetze wieder die Niveaus von 2019 erreichen werden.
Doch nicht alle in der Branche mussten am Boden bleiben, denn der Bereich Business Aviation verbuchte während der Corona-Krise neue Höhenflüge. Dort wo die großen Airlines ausfielen, übernahmen private Anbieter schnell und unkompliziert wichtige Aufträge. Als Konsequenz erhöhte sich der Marktanteil (gemessen am Flugvolumen) der Business Aviation in Österreich im Jahresvergleich um 4,3 Prozentpunkte auf 11,2 Prozent (2019: 6,9 Prozent). Der Anteil der direkt und indirekt Beschäftigten in der Branche blieb stabil bei 12.400 Personen.
„2020 wurden österreichweit 26 Flughäfen von privaten Anbietern angesteuert, was zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig die private Luftfahrt ist“, fasst Antonia Gilbert, die neue Vorsitzende der Austrian Business Aviation Association (ABAA), das Krisenjahr 2020 zusammen. „Dabei wurden beispielsweise Transporte von Organen und Blutkonserven, Rückholaktionen für Risikopatienten und Lieferungen von dringend notwendigen technischen Ersatzteilen oder systemrelevanten Warenlieferungen, die aufgrund der eingeschränkten Airline-Netzwerke nicht die Zieldestination erreichen konnten, mit Privatjets organisiert.“
Top 3: Österreich gehört zu den beliebtesten Standorten
Per Jahresende 2020 waren in Österreich 226 Privatjets registriert, was einem Wachstum im Vorjahresvergleich von vier Prozent entspricht und deutlich über dem EU-Schnitt von zwei Prozent liegt. Rund 17 Prozent der in der EU 2020 neu zugelassenen Privatjets wurden in Österreich registriert, also beinahe jeder fünfte. Europaweit wurden 2020 nur in Deutschland und Polen mehr Registrierungen verzeichnet, was angesichts der Größe des heimischen Marktes durchaus bemerkenswert ist.
Eine Entwicklung, die auch Alexander Schmidecker, CEO von Raiffeisen-Leasing, bestätigen kann: „2020 konnten wir ein Allzeithoch bei Kundenanfragen verzeichnen. Es kommen vermehrt Anfragen von Unternehmen, die bislang Business Aviation nicht in Betracht gezogen hatten, jetzt aber unter den massiv eingeschränkten Flugverbindungen leiden. Privatjet Operators können sich flexibel an die Terminkalender ihrer Kunden oder Eigentümer anpassen und auch kleinere Flughäfen abseits der großen Ballungszentren anfliegen. Und natürlich ist es in einem Privatjet auch einfacher die geltenden Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen, was für unsere Kunden derzeit oberste Priorität hat.“
Sowohl Gilbert als auch Schmidecker sehen daher in der Corona-Krise für die private Luftfahrtbranche in Österreich eine echte Chance. „Ich bin überzeugt, dass viele Neukunden, die wir in dieser Zeit gewinnen können, auch langfristig auf die Vorzüge der Business Aviation nicht verzichten werden, sei es als Charterkunde oder dass sie selbst einen Privatjet besitzen, da diese maximale Flexibilität im Geschäftsalltag einen klaren Wettbewerbsvorteil bringt,“ so Gilbert.
Auch wenn der Anteil der privaten Luftfahrt nur 0,04 Prozent an den weltweiten CO2-Emmissionen beträgt, bleibt das Thema Nachhaltigkeit und der Fokus auf klimafreundliche Treibstoffe (SAJF – Sustainable Alternative Jet Fuel), wie etwa Biokerosin oder Wasserstoff, ein wichtiges Thema in der Branche.
Die neue FACC-Strategie
Dass der Markt ziviler Passagierflugzeuge weiterhin stark wachsen wird, vermutet man auch beim börsennotierten Rieder Unternehmen FACC – aber anders als bisher. Klimapolitik und Umweltschutz prägen das kommende Jahrzehnt, neue Materialen, effizientere Herstellungsprozesse und Digitalisierung sind gefordert. Darüber hinaus entsteht mit Urban Air eine völlig neue Kategorie von Luftfahrzeugen. Mit der fortschreitenden Privatisierung der Raumfahrt entstehen neue Chancen für die gesamte Branche. Als weltweit führender Technologiekonzern der Aerospace Industrie stellt sich die FACC AG mit der neuen Strategie für die nächste Dekade auf: Von den Veränderungen im Kerngeschäft profitieren, Klimaschutz als Chance begreifen und in neue Märkte vorstoßen.
Denn die globalen Trends bieten ideale Voraussetzungen für die Leichtbau-Innovationen von FACC. Vier Megatrends wirken dabei auf die Luftfahrtindustrie und beeinflussen damit direkt das Kerngeschäft des Konzerns: Die Weltbevölkerung wird bis 2050 um 25 Prozent wachsen, gleichzeitig sind vier Fünftel der Weltbevölkerung noch nie geflogen. Die Urbanisierung schreitet zügig voran: 2050 werden 68 Prozent der Bevölkerung in Megastädten mit mehr als zehn Millionen Einwohnern leben. Neue Mobilitätskonzepte sind hier notwendig.
Der Klimawandel bleibt ein prägendes Thema und die Forderungen nach grünen Technologien und umfassende Umweltverantwortung werden für die Luftfahrtindustrie noch wichtiger. Neue Märkte werden zudem durch die weitere Globalisierung und Digitalisierung entstehen. Der Ausbau der Satellitenkommunikation und die damit verbundene Kommerzialisierung der Raumfahrt bieten ein hohes Marktpotential. „FACC wird sich hier überall mit starken Produktlösungen und Innovationen einbringen und das Grundbedürfnis der Menschen nach Mobilität nachhaltig und leistbar decken“, sagt CEO Robert Machtlinger. „Innovative Leichtbaulösungen für die Aerospace-Industrie sind und bleiben dabei unser Kerngeschäft. Wir bauen unsere Kompetenz in der Leichtbautechnologie weiter aus, werden durch unser Engagement in neuen Segmenten unsere starke Marktposition erweitern und zusätzliches Wachstum erzielen. Wir sind Luftfahrt, wir können Luftfahrt und wir glauben an die Luftfahrt.“
Committted to the Sky – at all Levels
Die Aviation-Industrie ist und bleibt der Kernmarkt von FACC, der sich in dieser Dekade eine Ebene nach oben und unten erweitert. Drohnentechnologien werden den Luftraum unmittelbar über dem Boden für breite Mobilitätsanwendungen erschließen. Der Bedarf an neuen Lösungen für die urbane und interurbane Mobilität steigt. Logistik-, Such-, Rettungsdrohnen und elektrisch betriebene Lufttaxis sind eine Antwort darauf. Parallel geht durch die Privatisierung der Raumfahrt eine Verschmelzung von Aviation und Space vor sich, durch den steigenden Bedarf an Trägerraketen, Satelliten und Raumfahrtanwendungen ist der Weltraum ein signifikanter Wachstumsmarkt. „In beiden Ebenen ist unser Leichtbau-Knowhow stark nachgefragt und FACC wird ihr Geschäft auf diese beiden Bereiche erweitern. Mit unserem Wissensvorsprung können wir auch in beiden Marktsegmenten sehr gut punkten und unsere Expansion vorantreiben“, so Machtlinger.
2030 soll FACC zu den 50 größten globalen Aerospace-Konzernen gehören, aktuell liegt das Unternehmen unter den Top-100. Ein wichtiger Hebel wird dabei gerade für die Flugzeugbranche das Thema Nachhaltigkeit sein. „Nachhaltigkeit ist seit Jahren fix in unserer DNA verankert. Speziell im Umfeld der Klimaziele bietet sich die Chance, Luftfahrt neu zu denken: mit innovativen Technologien von FACC, die Fliegen umweltfreundlicher, leiser und angenehmer für die Passagiere machen“, zeigt Machtlinger die Ziele des Unternehmens auf. Die Nachhaltigkeitsthemen sind hier breit gestreut und reichen von einer gänzlich neu gedachten Flugzeugkabine hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen bis hin zu intelligenten Leichtbaustrukturen, die aus 100 Prozent recyclingfähigen Materialien und in kurzen, energiesparenden Prozessen hergestellt werden.
Mit einem Drei-Phasen-Modell will FACC sukzessive an Marktstärke zulegen:
Phase 1: Evolution stellt Performance in den Fokus.
Als Best-in-Class-Performer wird FACC ihre Marktanteile in den bestehenden Kernsegmenten erhöhen und gleichzeitig Innovationen vorantreiben, um die strategischen Ziele der Kunden nachhaltig zu unterstützen.
In der Phase 2 – Transformation – will das Unternehmen mit neuen Technologien bestehende Komponenten substituieren und damit bestehende Flugzeugmuster unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verbessern. Zusätzlich generiert FACC durch den Eintritt in neue Märkte neues Wachstum und erhöht ihre Marktpräsenz.
In der Phase 3 – Diversifikation – zielt FACC darauf ab, mit gänzlich neuen Technologien bestehende Märkte disruptiv zu verändern. Gleichzeitig strebt das Unternehmen basierend auf ihrer Leichtbaukompetenz die nachhaltige Expansion in neue Märkte an.
„Unser Know-how in der Leichtbautechnologie sind starke Wettbewerbsvorteile. Bei der Ausweitung unseres Portfolios richten wir den Blick nach oben und nach unten und werden uns auch in den hochattraktiven neuen Marktsegmenten ‚Urban Air Mobility‘ und ‚Space‘ einbringen“, skizziert Robert Machtlinger die weitere strategische Vorgehensweise des Konzerns. „Wir haben als eines der ersten Unternehmen in unserer Branche auf die aktuellen Veränderungen umfassend reagiert und uns angepasst. Die Einschnitte waren hart, aber notwendig. Was andere noch vor sich haben, haben wir hinter uns. Wir sind aus allen Krisen bisher gestärkt hervorgegangen und werden das auch dieses Mal tun. Mit der neuen Strategie haben wir ein klares Ziel und richten den Blick nach vorne. Unser Kurs ist klar: die Chancen, die vor uns liegen, wahrnehmen und das Unternehmen zurück auf den Wachstumskurs führen.“
20.3.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at