Umsatzsteuer: Neue Mietverhältnisse bei Asset Deal
Der VwGH hat entschieden, dass bei einem Asset Deal (zB Verkauf eines Gebäudes) mit Einzelrechtsnachfolge umsatzsteuerlich neue Mietverhältnisse entstehen. In der Praxis bedeutet das, dass ab dem Verkauf eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Geschäftsräumen nur möglich ist, wenn der Mieter nahezu ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze erzielt.
Die Vermietung von Räumlichkeiten zu Geschäftszwecken ist unecht umsatzsteuerbefreit, dh die Steuerfreiheit ist mit dem Verlust des Vorsteuerabzuges für den Vermieter verbunden. Der Unternehmer kann jedoch, um den Vorsteuerabzug geltend machen zu können, zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Ob die Ausübung der Option zur Steuerpflicht sinnvoll ist, wird im Einzelfall zu prüfen sein und unterliegt seit dem 1. StabG 2012 der wesentlichen Einschränkung, dass die Option zur Steuerpflicht nach § 6 Abs 2 UStG nur mehr möglich ist, wenn der Mieter die gemieteten Räumlichkeiten nahezu ausschließlich für zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke verwendet. Anwendbar ist die Regelung des § 6 Abs 2 UStG idF 1. StabG 2012 auf alle Mietverhältnisse, die nach dem 31. August 2012 begonnen haben („neues Mietverhältnis“).
Eine steuerfreie Vermietung berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug bzw. sind in der Vergangenheit geltend gemachte Vorsteuern (anteilig) zu berichtigen.
Wann liegt ein neues Mietverhältnis vor?
Klargestellt wurde vom VwGH (VwGH 3.4.2019, Ro 2018/15/0012) bereits, dass bei Verschmelzungen mit Gesamtrechtsnachfolge kein neues Mietverhältnis vorliegt und die Optionsmöglichkeit vom Vermieter daher weiterhin unabhängig von den vom Mieter erzielten Umsätzen zusteht.
Anders hingegen ist nach einem aktuellen VwGH Erkenntnis ein Asset Deal mit Einzelrechtsnachfolge zu sehen: Hier kommt es, auch bei zwingendem Übergang der Mietverträge nach § 1120 ABGB zu einem neuen Mietverhältnis aus umsatzsteuerlicher Sicht (VwGH vom 20.10.2021, Ra 2019/13/0084).
Erkenntnis des VwGH
Die WB GmbH erwarb ein Grundstück mit vermietetem Gebäude, wobei ein geringer Anteil an Mieter vermietet war, die überwiegend unecht befreite Umsätze erzielten. Strittig war in weiterer Folge der vom Erwerber zur Gänze geltend gemachte Vorsteuerabzug. Während dieser vom BFG mit Verweis auf das VwGH-Erkenntnis aus dem Jahr 2019 anerkannt wurde, bejahte der VwGH das Vorliegen eines neuen Mietverhältnisses.
Begründet hat der VwGH dies damit, dass die Inkrafttretensbestimmung des § 6 Abs 2 UStG in § 28 Abs 38 Z 1 UStG auf den „Beginn des Mietverhältnisses“ und nicht auf den zivilrechtlichen Vertragsabschluss anknüpfe, die Bestimmung diene bloß der „Vermeidung von Härten“. Der Käufer trifft seine Entscheidung aber im Wissen zu den Konsequenzen, weshalb im Zustandekommen eines neuen Mietverhältnisses keine Härte erblickt werden kann, die zu vermeiden wäre. Der VwGH verweist an dieser Stelle in seiner Begründung auch auf ein Erkenntnis des OGH, welcher sich in diesem Zusammenhang mit der Frage nach einem etwaigen Ersatzanspruch des Vermieters an den Mieter in Höhe des zusätzlichen Vorsteueraufwands zu beschäftigen hatte und diesen in einem Fall verneinte (OGH 20.10.2020, 1 Ob 165/20a).
Nicht betroffen sind Vermietungen für Wohnzwecke, die stets umsatzsteuerpflichtig sind.
Weitere Überlegungen
Anders als im Erkenntnis aus 2019 zu Verschmelzungen mit Gesamtrechtsnachfolge angeführt, scheint bei Transaktionen mit Einzelrechtsnachfolge nicht entscheidend zu sein, ob das ursprünglich abgeschlossene Vertragsverhältnis weitergeführt wird. Es scheint auch nicht relevant, dass es auch bei Übertragung einer vermieteten Liegenschaft im Wege eines Asset Deals zum zwingenden Übergang von bestehenden Mietverträgen kommt.
Praktische Überlegungen
Aus praktischer Sicht wird in Zukunft noch stärker darauf zu achten sein, welche umsatzsteuerlichen Konsequenzen sich aus Transaktionen oder Umstrukturierungen mit Grundstücken ergeben. Bei großen Projekten sollten etwaige Auswirkungen (Vorsteuerberichtigungen aufgrund der zwingend umsatzsteuerfreien Vermietung nach Kauf) bereits im Vorfeld geprüft und gegebenenfalls quantifiziert werden. Dies umso mehr, als auch ein Ersatzanspruch in Höhe des zusätzlichen Vorsteueraufwands des Vermieters (Käufers) gegenüber dem Mieter nach § 30 UStG in einem Fall bereits vom OGH verneint wurde.
10.1.2022 / Autorin: Anna Menheere / PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft / www.pwc.at