Umsatzsteuerrichtlinien – Wartungserlass 2020

Der finale Wartungserlass 2020 wurde im Dezember letzten Jahres in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen. Die Anpassungen ergeben sich insbesondere durch die Einarbeitung diverser VwGH-Erkenntnisse bzw EuGH-Urteile sowie durch Klarstellungen zu Gesetzesänderungen betreffend dem Brexit und der COVID-19-Pandemie. Nachfolgend werden ausgewählte Änderungen überblicksmäßig dargestellt.

Brexit
Da der Übergangszeitraum mit Ende 2020 ausgelaufen ist (bis dahin waren die bisher geltenden unionsrechtlichen Mehrwertsteuerreglungen im Verhältnis zum Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland trotz Brexit weiterhin anwendbar), gilt das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ab 2021 grundsätzlich als Drittland. Eine bedeutsame Ausnahme stellt der Warenverkehr mit Nordirland dar, da diesbezüglich die unionsrechtlichen Regelungen weiterhin anwendbar sind (dh Lieferungen von und nach Nordirland bleiben innergemeinschaftliche Lieferungen).

Überdies endet die Frist für Vorsteuererstattungsanträge am 31.3.2021. Da es sich hierbei um eine Fallfrist handelt, ist es besonders wichtig etwaige Erstattungsanträge rechtzeitig vorzubereiten und einzubringen (siehe auch unseren aktuellen Tax News vom 16.12.2020 „COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – Neuerungen in der Umsatzsteuer).

COVID-19-Pandemie
Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie wurden einige Umsatzsteuerbefreiungen bzw -ermäßigungen eingeführt, welche auch in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen wurden. Im Besonderen sehen die Umsatzsteuerrichtlinien betreffend den reduzierten Steuersatz iHv 5 % im Bereich der Gastronomie, Beherbergung, Kultur und Publikationen ausführliche Informationen zum jeweiligen Anwendungsbereich vor. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die Anwendung des reduzierten Steuersatzes – mit der Ausnahme für Zeitungen und anderen periodischen Druckschriften – bis Ende 2021 verlängert wurde.

Ferner ist auf eine Ergänzung für die vorübergehende Erleichterung bei der Nachweisführung von März bis Juli 2020 bei einer Einfuhr, welche auf Grund einer anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung als steuerfrei behandelt wird, hinzuweisen. Wenn der Empfänger zwar die Ware übernommen hat, er sich aber geweigert hat, den CMR-Frachtbrief oder Versendungsbelege entgegenzunehmen bzw dem Frachtführer den Empfang der Ware zu bestätigen, kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (insbesondere Nachweisführung durch andere Dokumente bzw Erklärungen) die Befreiung dennoch in Anspruch genommen werden.

Leasing
Bisher knüpfte die umsatzsteuerliche Behandlung von Leasingumsätzen grundsätzlich an die einkommensteuerlichen Grundsätze an. Wenn das Leasinggut dem Leasinggeber zuzurechnen war, lag eine sonstige Leistung vor. Im umgekehrten Fall (dh das Leasinggut wurde dem Leasingnehmer für Zwecke der Einkommensteuer zugeordnet) wurde für Umsatzsteuerzwecke eine Lieferung angenommen. Nun erfolgt auch aus Sicht der Finanzverwaltung – in Anlehnung an die VwGH- bzw EuGH-Judikatur – die Unterscheidung, ob es sich beim Leasing um eine Lieferung oder eine sonstige Leistung handelt, wie folgt: Kommt es im Rahmen eines Leasingvertrages zur Verschaffung der Verfügungsmacht an den Leasingnehmer, liegt eine Lieferung vor. Eine Lieferung liegt bei einem Standard-Mietvertrag mit Kaufoption jedenfalls vor, wenn aufgrund der finanziellen Vertragsbedingungen davon ausgegangen werden kann, dass die Optionsausübung zum gegebenen Zeitpunkt als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheint (wenn der Vertrag bis zum Ende seiner Laufzeit geführt wird).

Befreiung für Ärzte
Im Zuge des Wartungserlasses erfolgte die Einarbeitung der aktuellen Judikatur hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung für Ärzte wie folgt:

  • Heilbehandlungen können auch telefonisch erfolgen.
  • Die Erstellung von Gutachten im Zusammenhang mit verkehrspsychologischen Untersuchungen fällt ab 1.7.2021 nicht unter die Befreiung.
  • Die Erteilung von Auskünften über Erkrankungen oder Therapien, welche nicht geeignet sind, zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit beizutragen, fallen nicht unter die Befreiung.

Aufsichtsrat – Unternehmereigenschaft
Ein EuGH-Urteil zur Frage, ob ein Aufsichtsrat Unternehmereigenschaft besitzt, wurde in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen. Demnach ist ein Aufsichtsratsmitglied einer Stiftung, welches nicht dem Vorstand bzw Aufsichtsrat untergeordnet ist, jedoch auch nicht in eigenem Namen, auf eigene Rechnung oder auf eigene Verantwortung handelt und eine feste Vergütung (unabhängig von den Arbeitsstunden bzw der Teilnahme an Sitzungen) erhält, nicht selbständig und somit auch nicht unternehmerisch tätig (siehe im Detail auch unseren Tax News vom 22.1.2020 „Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsmitglieds einer Stiftung“).

Zusammenfassende Meldung
Die Umsatzsteuerrichtlinien enthalten nun eine tabellarische Übersicht, wie die einzelnen Sachverhalte bei der Inanspruchnahme der Konsignationslagerregelung in der jeweiligen Zusammenfassenden Meldung zu berücksichtigen sind.

Ferner ist seit 1.1.2020 die fristgerechte Abgabe der Zusammenfassenden Meldung eine materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen. Wenn keine oder nur eine unvollständige oder unrichtige Zusammenfassende Meldung abgegeben wird, ist die innergemeinschaftliche Lieferung steuerpflichtig, außer der liefernde Unternehmer kann sein Versäumnis zur Zufriedenheit der zuständigen Steuerbehörde ordnungsgemäß begründen und die Meldung wird entsprechend berichtigt bzw nachträglich abgegeben. In diesem Zusammenhang wurde nun in den Umsatzsteuerrichtlinien ergänzt, dass eine ordnungsgemäße Begründung vorliegt, solange es keinen begründenden Verdacht gibt, dass die Lieferung im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht.

8.2.2021 / Autorinnen: Stephanie Reisinger, Verena Gabler / Deloitte Österreich / www.deloitte.at