Stromtrades werden peer-to-peer realisiert – also ohne „Mittelsmänner“.

Wien/Salzburg. Die beiden österreichischen Energieunternehmen Salzburg AG und Verbund arbeiten gemeinsam an mehreren Pilotprojekten, um den Einsatz der Blockchain in unterschiedlichen energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen zu testen: im Peer-to-Peer-Trading wie auch bei der Einbindung von Prosumern in lokale Netze und für den Aufbau eines neuartiges Mieterstrom-Modells.

Siegfried Müllegger (Salzburg AG), Manfred Knabl und Stephan Sharma (beide Verbund); Michael Merz (Ponton) / (© Verbund)

Der Strom- und Gasgroßhandel ist einer der bisher konkretesten Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie: Über die von der deutschen IT-Firma Ponton entwickelte Handelsplattform Enerchain werden dezentrale energiewirtschaftliche (Mikro-)Transaktionen unkompliziert abgewickelt. Enerchain bietet eine Blockchain-basierte Infrastruktur, die die Effizienz des Over-the-Counter-Handels verbessert und es Energiehandelsunternehmen ermöglicht, Intermediäre wie Broker zu umgehen, um so die Transaktionskosten erheblich zu senken. Dank niedrigerer Eintrittsbarrieren werden dadurch kleinere Akteure angezogen, die dem Markt neue Liquidität verschaffen. In Summe verspricht Enerchain als Peer-to-Peer-Energiehandelslösung Commodity-Handel auf hohem Vertrauens- und Redundanzniveau bei minimalen Kosten.

Blockchain im Strom- und Gasgroßhandel
„Mit der neuen Blockchain-Technologie ist eine unkomplizierte Abwicklung von Transaktionen im Energiehandel möglich, und der Umbau in ein stärker dezentralisiertes Energiesystem wird beschleunigt“, sagt Leonhard Schitter, Vorstandssprecher der Salzburg AG. „Mit der Abwicklung des ersten österreichische Stromtrades über Blockchain beweist unsere Branche einmal mehr Pioniergeist und die Salzburg AG setzt einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung im Energiegeschäft.“

Die Revolution des Energiehandels durch die Digitalisierung ist voll im Gange. „Neue disruptive Technologien wie Robot-Trading oder auch Blockchain werden den Energiehandel nachhaltig verändern und auf ein neues Effizienzniveau heben“, meint Verbund Trading-Geschäftsführer Stephan Sharma. „In unserer umfassenden Digitalisierungsstrategie befassen wir uns mit unterschiedlichen innovativen Technologien; eine davon ist Blockchain. Sie hat das Potenzial, die Transaktionskosten der Handelsgeschäfte weiter zu senken und die Liquidität im Markt durch den leichteren Zugang neuer Player zu erhöhen.“

„Enerchain als wahrscheinlich erstes und am weitesten fortgeschrittenes Blockchain-Projekt im Energiehandel hat bereits weltweit Interesse geweckt, und wir erwarten, dass sich die Teilnehmerzahl bis zum Sommer erheblich erhöhen wird, sobald die operative Betriebsphase begonnen hat“, hofft Michael Merz, Geschäftsführer der Ponton GmbH. „Für uns als Dienstleister im Bereich der B2B-Integration ist es ein natürlicher Schritt, die Blockchain-Technologie für die Datenkommunikation und Kooperation zwischen Marktteilnehmern einzusetzen.“

Ohne „Mittelsmänner“
Transparenz, Sicherheit und Kosteneffizienz sind die wesentlichsten Vorteile der Blockchain. Verteilt über ein Netzwerk von Millionen von Rechnern, bietet sie eine neue Art, Transaktionen abzuwickeln. Diese Datentransaktionen werden kryptografisch und unveränderbar verschlüsselt und Block für Block in einer Kette („Blockchain“) abgespeichert. Alle Transaktionen müssen von einer Mehrheit des dezentralen Rechner-Netzwerks bestätigt werden, dann sind sie validiert – und für immer transparent und fälschungssicher abgespeichert.

Diese neue Transaktions-Architektur kommt ohne „Mittelsmänner“ aus. Das heißt, die Transaktionen werden peer-to-peer, also direkt zwischen Partnern, abgewickelt, ohne dass eine Bank, eine Börse, ein Broker oder eine andere Institution dazwischengeschaltet wären. Einzelne Datensätze in der Blockchain können weder gelöscht noch mutiert werden, was die Peer-to-Peer Handels-Transaktion de facto zu einer nicht manipulierbaren „Single Source of Truth macht.

12.2.2018, Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at