Wesentliche Neuerungen durch das WAG 2018
Die neue EU-Finanzmarktrichtlinie („MiFID II“ [Richtlinie 2014/65/EU]) wird auf nationaler Ebene unter anderem durch das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 („WAG 2018“), das ab 3. Jänner 2018 in Kraft tritt, umgesetzt. Die MiFID II sieht verschärfte Anforderungen vor allem im Bereich des Anlegerschutzes sowie höhere Transparenz- und Informationspflichten für Wertpapierdienstleister (zB Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Emittenten) vor. Mit dem WAG 2018 sind in Umsetzung der MiFID II insbesondere folgende wesentliche Neuerungen gegenüber dem WAG 2007 verbunden:
Verschärfungen im Anlegerschutz
Gemäß § 55 WAG 2018 haben Rechtsträger bei Wertpapierdienstleistungen dafür zu sorgen, dass Anleger im Hinblick auf die von ihnen getätigten Investments über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Darüber hinaus haben Rechtsträger gemäß § 48 WAG 2018 bei der Anlageberatung den Kunden rechtzeitig vor der Beratung unter anderem darüber zu informieren, ob die Beratung unabhängig erbracht wird. Bei unabhängiger Anlageberatung und Portfolioverwaltung ist dem Rechtsträger untersagt für die Erbringung der Dienstleistung an die Kunden Vorteile eines Dritten (insbesondere von Emittenten oder Produktanbietern) anzunehmen und zu behalten. Geringfügige nicht-monetäre Vorteile fallen jedoch nicht darunter; diese müssen gegenüber dem Kunden offengelegt werden und geeignet sein, die Qualität der Dienstleistungserbringung zu verbessern. Des Weiteren dürfen geringfügige nicht-monetäre Vorteile die Fähigkeit des Rechtsträgers, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln, nicht beeinträchtigen.
Eine wesentliche Neuerung für die Anlageberatung besteht darin, dass der Anlageberater zu dokumentieren hat, inwiefern das vorgeschlagene Produkt für den Kunden geeignet ist. Gemäß § 60 Abs 2 WAG 2018 hat der Anlegerberater die Geeignetheitserklärung dem Kunden vor der Durchführung des Geschäfts auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Darin müssen Informationen über die erbrachte Beratung sowie Angaben enthalten sein, wie die Beratung auf die Präferenzen, Ziele und sonstigen Merkmale des Privatkunden abgestimmt wurde.
Aufzeichnung von Telefongesprächen
Darüber hinaus besteht gemäß § 33 Abs 2 WAG 2018 für Rechtsträger die Pflicht zur Aufzeichnung von Telefongesprächen oder elektronischer Kommunikation. Die Aufzeichnungen sind fünf Jahre aufzubewahren und auf Anfrage den Kunden zur Verfügung zu stellen.
Erhöhte Kostentransparenz
Die MiFID II sieht außerdem eine erhöhte Kostentransparenz vor. Rechtsträger müssen ihre Kunden über sämtliche Kosten und Nebenkosten betreffend die Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrumente informieren.
Produktüberwachungspflichten bei „aktiven Vertriebsmaßnahmen“
Im Hinblick auf die verschärften Produktüberwachungspflichten wird in den erläuternden Bemerkungen zu § 31 WAG 2018 klargestellt, dass diese lediglich bei „aktiven Vertriebsmaßnahmen“ einzuhalten sind. Eine aktive Vertriebsmaßnahme liegt beispielsweise vor, wenn ein Berater den Kunden kontaktiert, um mit ihm einen Termin für ein Beratungsgespräch zu vereinbaren und im Zuge dieses Termins Finanzinstrumente gekauft werden. Umgekehrt bedeutet ein bloß passiver Vertrieb, dass der Kunde selbst – ohne Initiative des Rechtsträgers – bestimmte Finanzinstrumente verlangt.
Product Governance
Überdies hat der Rechtsträger im Rahmen der umfassenden Produktgenehmigung und –überwachung einen Zielmarkt für das jeweilige Finanzinstrument festzulegen (Product Governance). Gemäß § 30 Abs 10 WAG 2018 ist im Produktgenehmigungsverfahren sicherzustellen, dass alle einschlägigen Risiken für den bestimmten Zielmarkt bewertet werden und die beabsichtigte Vertriebsstrategie dem bestimmten Zielmarkt entspricht.
Wertpapierdienstleister haben bis Anfang Jänner 2018 Zeit die eigenen internen Abläufe und Systeme an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
30.1.2018, Autorin: Mag. Safiye Ünüvar
Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH / www.fwp.at