Wissenschaft statt Vorurteile!
Mit einer Studie über die Wohlfahrtseffekte der Migration will die Boston Consulting Group (BCG) mit Vorurteilen aufräumen, dass Migration die Einheimischen ihre Arbeitsplätze kosten oder zu einem „Brain-Drain“ in den Herkunftsländern führen würde. Ganz im Gegenteil kommen die Analysten in einer jüngst veröffentlichten Bewertung zu dem Ergebnis, das die meisten Länder rund um den Globus von Migration klar profitieren können.
Positiv für vier Fünftel der Staaten
Für rund 80 Prozent aller Länder sei Zu- und Abwanderung unterm Strich ein Gewinn, heißt es in der Analyse. Im Schnitt verzeichnet ein Land durch Zuwanderung durchschnittlich ein Plus im BIP-Wachstum von zwei Prozentpunkten (!). Berücksichtigt wurden bei dieser Modellrechnung sowohl die Einwanderung, Auswanderung, das Bildungsniveau beider Ströme sowie Welthandel und Rücküberweisungen der Migranten in ihre Heimatländer.
Nicht ganz neue Zahlen …
Für die Migrationszahlen wurde die OECD-Statistik aus dem Jahr 2010 herangezogen – das sind laut BCG die aktuellsten weltweit vergleichbaren Zahlen. Für Österreich standen damals 10,8 Prozent Ein- und 4,6 Prozent Auswanderung (gemessen an der Gesamtbevölkerung) zu Buche.
Laut der Studie ergibt sich für Österreich ein deutlicher Wohlstandsgewinn aus der Zuwanderung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf und Jahr erhöht sich aufgrund der Zu- und Auswanderungsströme demnach um 1.700 US-Dollar (umgerechnet rund 1.390 Euro). Österreich profitiere vor allem von der höheren Nachfrage, die durch die Zuwanderung im Inland entstehe, sowie von einer erhöhten Innovationskraft in den Firmen. Diese würden in erster Linie von mehr Diversität in den Teams profitieren, in weiterer Folge steigen auch die Produktivität und die Einkommen an.
Die Einwanderung in andere EU-Länder, die wichtige Handelspartner für Österreich sind, verbessert zudem die Exportmöglichkeiten für österreichische Produkte. „So kann Einwanderung in anderen Ländern dafür sorgen, dass es zu positiven Wohlstandseffekten in Österreich kommt“, erklärt Johann Harnoss, BCG Associate Director für Innovation
Australien als Spitzenreiter
Beim Wohlstandsgewinn weltweit führend ist übrigens Australien, wo der BIP-Zuwachs bei 5.800 Dollar pro Kopf und Jahr liegt. Deutschland liegt dagegen mit 800 Dollar deutlich hinter Österreich. Das liegt einerseits daran, dass Österreich sowohl mehr Zu- als auch Auswanderung verzeichnet als Deutschland, und auch daran, dass Österreich einen Netto-Überschuss aus Rücküberweisungen generiert, während Deutschland hier ein Defizit verkraften muss.
Weltweit bringt die Zuwanderung in Ziel- und Herkunftsländern jährlich ein BIP-Plus von 2,7 Billionen US-Dollar (rund 2,2 Billionen Euro). Für die Zukunft würden sich aber noch deutlich höhere Gewinne erzeugen lassen, die Grenzen müssten dafür aber weiter geöffnet werden. „Je nachdem, wie stark man die Grenzen öffnet, liegt der mögliche zukünftige Zugewinn zwischen 15 und 95 Billionen Dollar pro Jahr“, heißt es in der Studie.
5.6.2021 / Autor: Paul Christian Jezek / paul.jezek@lex-press.at