Zinshäuser unter der Lupe – und ein Blick auf die Wiener Stadtentwicklung
Die Covid-19-Pandemie hat den Wunsch nach Sicherheit verstärkt. Investoren haben ihre Strategie angepasst und setzen auf weniger Risiko, während private Käufer mehr Eigenkapital einbringen und finanzielle Mittel von anderen Anlageformen abziehen.
Diese Faktoren lassen die Nachfrage am Zinshausmarkt dynamisch steigen. „Wir erwarten ein sehr gutes Zinshausjahr – um ein Rekordjahr vorauszusagen, ist es jedoch noch zu früh“, erklärt Investmentmakler Markus Arnold von Arnold Immobilien.
Starke Nachfrage beflügelt Preise
Besondere Nachfrage besteht in der Bundeshauptstadt. Seit dem Frühling haben sich hochwertig sanierte und gut vermietete Häuser um zehn Prozent verteuert. „Denn Investoren wollen sich um nichts mehr kümmern müssen“, meint Arnold. Das schlägt sich auf die Einstiegspreise nieder: Wenn alles passt, werden für Häuser in Topqualität und -lage derzeit Spitzenpreise bezahlt. Im besonderen Fokus stehen die Bezirke eins bis neun, wobei Häuser in Szenevierteln alles toppen. Außerhalb des Gürtels wird es deutlich billiger.
Im vergangenen Jahrzehnt sind die durchschnittlichen Quadratmeterpreise um rund 140 Prozent gestiegen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Rendite beim Zinshausinvestment fast völlig in den Hintergrund gerückt ist. Laut Markus Arnold geht es vielmehr darum, Geld in einen sicheren Hafen zu bringen.
Hohe Renditen bei Landzinshäusern
Außerhalb Wiens besteht die größte Nachfrage in Oberösterreich und in der Steiermark, wobei sich das Interesse eher auf die Landeshauptstädte fokussiert. Lokale Investoren hingegen greifen auch außerhalb von Linz und Graz zu. Diese „Landzinshäuser“ bringen aufgrund der absolut niedrigen Preise mehr Rendite: „In Wels beispielsweise sind das immerhin zwischen drei und vier Prozent“, schildert Arnold. Übrigens verzeichnet die Berliner Niederlassung von Arnold Immobilien eine ähnliche Situation wie in Österreich:
Berlin und andere deutsche Landeshauptstädte boomen. Sekundärstädte locken mit günstigen Renditen und Preisen. Derzeit wird auch von internationalen Investoren das heimische Zinshaus stark nachgefragt. Aufgrund des strengen Mietrechtsgesetzes kommt eher der Neubau infrage, berichten die Arnold Immobilien-Niederlassungen aus Berlin, Bratislava, Prag und Budapest. Das größte Interesse verzeichnen derzeit die neuen Niederlassungen in Mailand und Madrid, wo die Corona-Pandemie die größten Eruptionen hervorgerufen hat. „In unsicheren Zeiten kann der Immobilienstandort Österreich ganz besonders punkten“, resümiert Arnold.
Immobilienwerte mit Blick in die Zukunft
Ganz generell unterliegen Immobilien unterliegen dynamischen Prozessen, daher macht es einen großen Unterschied, wenn auch ihr zukünftiges Potenzial berücksichtigt wird. „Die klassischen Parameter für die Ermittlung des Wertes einer Immobilie wie z.B. Bausubstanz, Lage, Anbindung an den öffentlichen Verkehr etc., orientieren sich an der Gegenwart“, erklärt Markus Arnold – inwieweit etwa Zwischengeschoße, Anbauten, Umwidmungen und Ähnliches vorgenommen werden können. Ein zusätzlicher Hebel, gerade in dynamisch wachsenden Städten wie Wien, kommt von der Stadtentwicklung und Raumplanung. „Wenn diese beiden Faktoren abgebildet werden, sind deutlich höhere Werte zu erzielen.“
Wien wächst, jedoch nicht alle Teile profitieren davon gleichermaßen. Arnold: „Während es mancherorts boomt, prägen immer häufiger auch Leerstände, besonders in den innerstädtischen Lagen, das Stadtbild.“ Diese Entwicklung wird durch den Onlinehandel noch beschleunigt – Grund genug für die Stadt Wien, diesem Trend mit dem STEP-Fachkonzept entgegenzuwirken. Dessen Zielsetzung besteht darin, die Attraktivität der Geschäftsstraßen zu sichern und in den neuen Stadtteilen der Bundeshauptstadt lebendige Zentren zu schaffen. Die Verkaufsflächen beispielsweise sind zwischen 2006 und 2014 in den peripheren Lagen um ein Drittel gewachsen, stagnieren hingegen in den klassischen Einkaufsstraßen. Deshalb soll in den städtischen Lagen der Bestand erneuert und durch Gestaltungsmaßnahmen – etwa im öffentlichen Raum – attraktiver werden. Für dezentrale Einkaufszentren oder Fachmarktzentren sind klare Beschränkungen geplant – ohne gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr geht künftig gar nichts mehr.
Auswirkungen des Wachstums
Die Herausforderungen aufgrund des Wachstums der Stadt werden auch vor dem Hintergrund der Pandemie weiterhin bestehen. Bis 2044 wird ein Bevölkerungszuwachs von rund 20 Prozent erwartet. Für die Bezirke 10, 11 und 20 bis 22 wird sogar ein Wachstum von bis zu 27 Prozent vorausgesagt. Die extremen Preisentwicklungen für Wohnen haben auch bis ins Umland durchgeschlagen, was den sogenannten Suburbanisierungstrend verstärkt hat.
Der Schlüsselfaktor für eine funktionierende und attraktive bauliche Entwicklung der Stadt, auf den hinkünftig gesetzt wird, ist die Grundstücksmobilisierung. „Anhand der zukünftigen Entwicklung Wiens kann man erahnen, in welchem dynamischen Umfeld sich Immobilien vielfach befinden“, sagt Jakobus Schlager, Leiter der Akquisition bei Arnold Immobilien. Die Immobilienbewertung versucht, den Wert einer Immobilie zu einem bestimmten Stichtag zu ermitteln. Jedoch fällt dieser ermittelte Wert meist geringer aus als der reale Marktpreis. Per Definition gelten Immobilien als „unbeweglich“. Fließt bei der Immobilienbewertung das Know-how der Stadtentwicklung mit ein, macht das einen deutlichen Unterschied. „Ein weiterer wichtiger Aspekt steckt vielfach im Gebäude selbst, inwieweit eine Liegenschaft in eine andere Nutzung umgewandelt werden kann“, erklärt Schlager. Manchmal kann ein Hotel in ein Wohngebäude umgewandelt oder ein altes Bankgebäude zu einem Hotel entwickelt werden. Wenn sich beide Liegenschaften in Wien oder in einer anderen boomenden Region befinden, so lässt das den deutlichen Wertunterschied erahnen.
Auch in den ländlichen Räumen können Liegenschaften ungeahntes Potenzial entfalten, wenn etwa ältere Fachmärkte in ein Logistiklager für den boomenden Onlinehandel umgenutzt werden. Arnold Immobilien versucht diese Veränderungen in und um die Immobilie mit ihrem Konzept der „Dynamischen Liegenschaftsbewertung“ möglichst umfassend abzubilden. „Dafür haben wir die Kompetenz und die Augen und Ohren für unsere Kunden am Markt, um den wahren maximalen Wert einer Liegenschaft zu erzielen“, sagt Markus Arnold.
16.10.2020 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at