Zwei Telekom-Bosse im Gespräch
„Wohl oder Weh der Telekommunikationsunternehmen“ entscheidet sich in den nächsten zwei Jahren.
Magenta Telekom-CEO Andreas Bierwirth erwartet für die Wirtschaft in Österreich einen massiven Digitalisierungsschub nach Corona. Auch wenn die Telekommunikation vielleicht zu den Profiteuren zählt, sind von der Pandemie alle betroffen. Da braucht es Verantwortung und Mut, die richtigen Schritte zu gehen. Voraussetzung sind totales Commitment zum Team und das gemeinsame Verständnis einer Vision der Zukunft.
„Im Spitzensport arbeitet man mit Stäben, Psychologen und Taktikern. Das sollte im Management nicht anders sein. Wir wollen ja Spitzenleistungen erbringen.“ Über die Rolle einer Ländergesellschaft in einem internationalen Konzern: „Da darf man nicht auf die Chance der Zukunft warten, dass irgendwer von oben sagt, du musst aber das und das machen, sondern wir sollten mehr Ideen haben als umsetzbar sind und dann schauen, wie weit wir kommen.“
Markenwechsel notwendig
Den Kauf des Kabel-TV-Anbieters UPC 2015 nennt Bierwirth einen Glücksfall. Dieser wäre sechs Monate später aufgrund von US-Aktivitäten des Konzerns gar nicht mehr möglich gewesen. Der Umstieg von T-Mobile auf Magenta im Vorjahr war „pure Notwendigkeit“: „Wir haben für das Wachstum der Firma einen eigenen Markt geschaffen, dadurch konnten wir uns eine Spur weit von den dynamischen Entwicklungen auf dem Mobilfunkmarkt entkoppeln. Außerdem wäre die Verbreiterung mit der Marke T-Mobile nicht zu bewältigen gewesen. Sie steht ja nicht für Fernsehen oder Breitband.“
Bierwirth: „Das Rebranding war ein absolut logischer Schritt. Das Einmalinvestment in die Marke, die jetzt schon viel bunter und vielfältiger wahrgenommen wird als T-Mobile jemals wahrgenommen wurde, war eine wichtige Operation – aber nicht die einzige. Wir haben auch die Zweitmarke Telering aus dem Markt herausgenommen und zu Magenta migriert. Gerade für die Telering-Kunden war es deutlich einfacher, eine Marke Magenta zu akzeptieren als in die Parallelmarke T-Mobile reinzugehen.“
Was vielleicht nicht so gut geklappt hat dabei, waren die Prozesse im Detail. „Das haben wir unterschätzt. Wir sind durch die Übernahme von UPC ein technologischeres Unternehmen geworden.“ Die Art und Weise sowie Geschwindigkeit der Transformation in eine völlig neue Firma hätten ihn selbst überrascht. Und das nicht nur im Team, sondern auch innerhalb der Geschäftsführung. „Es ist nur noch eine Kollegin von T-Mobile dabei, alle anderen sind neu. Da gibt es andere Bedürfnisse, eine andere Generation. Ich bin plötzlich der Älteste, das macht auch etwas mit uns.“
Covid-19 und die Folgen
Hinsichtlich der Corona-Folgen meint Bierwirth, dass die Telekomwirtschaft zwar nicht zu den Verlierern zählt, aber ebenso schwer darunter leidet. Durch den Wegfall von Geschäftsreisen und Tourismus etwa haben sich auch die Roamingumsätze quasi über Nacht pulverisiert, das hat Auswirkungen auf die Ergebnisse. Umgekehrt fordert der Kapitalmarkt durch die zunehmende Digitalisierung, dem Trend zu HomeOffice und VideoConferencing steigende, zumindest aber stabile Gewinne. „Das heißt, wir müssen das, was wir durch Roaming verloren haben, aus uns selber wieder rausschnitzen, durch Kurzarbeit und Kostensenkungsprograme, um durch die nächsten 12 bis 24 Monate zu kommen.“
Hinzu kommt, dass sich das Thema Kostensenkung bei Magenta durch die noch laufende Integration von UPC potenziert. „Im Rahmen des fünfjährigen Mergerplans hätten wir jedes Jahr Kostensynergien“, sagt Bierwirth. „Jetzt müssen wir zusätzlich Kosten senken aufgrund der Corona-Situation. Das macht es für viele Mitarbeiter unverständlich. Wir sind ja stabil, bauen aber trotzdem Mitarbeiter ab. Das hat aber nichts mit Corona zu tun, sondern ist eine Folge des Mergers. Gleichzeitig müssen wir noch Kurzarbeit und andere Einsparungen machen, um den negativen Corona-Effekt wegzuarbeiten.“
Nicht zu vergessen: „Das Wichtigste ist natürlich, dass unsere Kunden im Businessbereich auch noch unsere Kunden bleiben, und nicht sozusagen die Krise zwar uns nicht betrifft, aber wir am Ende keine Kunden mehr haben, weil im Frühjahr die große Insolvenzwelle rollt. Das betrachten wir mit Sorge.“
Bierwirth zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Was uns sehr gut getan hat, ist, dass die Systemrelevanz der Telkos für das Land klarer wurde. Wir sind ja ein sehr stark regulierter Bereich – siehe Telekommunikationsgesetz, Konsumentenschutz, Auktionen. Hier wird man uns künftig mit sehr viel mehr Augenmaß regulieren. Die Firmen müssen ja weiterhin fähig bleiben, in die Infrastruktur zu investieren.“
Drei-CEO Jan Trionow: „Bei den Investitionen werden wir nicht sparen!“
Bei der großen 5G-Frequenz-Auktion hat Drei ein Drittel aller Frequenzpakete ersteigert. Schon 2019 hat Drei mit der Ersteigerung von 5G-Mobilfunkfrequenzen im Bereich 3,4 bis 3,8 GHz den Grundstein für Österreichs erstes kommerzielles 5G-Netz in städtischen Ballungszentren gelegt. Aktuell hat Drei rund 200 5G-Sendeanlagen in Echtbetrieb in allen Bundesländern, bis Jahresende soll sich diese Zahl auf mehr als 300 erhöhen.
Herr Trionow, wie zufrieden sind Sie mit den Resultaten der 5G-Auktion?
Aus volkswirtschaftlicher Perspektive war sie ein sehr großer Erfolg für den Standort Österreich! Ein Kompliment an die Regierung und an die Regulierungsbehörde für die faire Auktion und die moderaten Preise, mit denen Verantwortung und Weitblick bewiesen wurde. Die optimale Versorgung des Landes war diesmal offenkundig wichtiger als eine kurzfristige Erlösmaximierung. Wir haben ein Drittel aller Frequenzpakete ersteigert – und damit eine ausgezeichnete Frequenzausstattung für 5G.
Verraten Sie uns einige Details dazu?
Wir haben neun der 27 vergebenen Frequenzblöcke ersteigert, darunter Pakete in allen drei vergebenen Frequenzbereichen, also 700, 1.500 und 2.100 MHz. Besonders positiv sehen wir die zusätzlichen Anreize für die Versorgung von ländlichen Gebieten in Form einer Reduzierung des Kaufpreises, wenn man sich freiwillig verpflichtet hat, auch sehr entlegene ländliche Regionen mit schnellem High-Speed Internet zu versorgen.
Durch die Verpflichtung, mit 43 Prozent die meisten der unterversorgten Katastralgemeinden – nämlich 738 – mit 5G zu versorgen, hat Drei auch die höchsten Preisabschläge seitens der RTR erworben und bezahlt als Netto-Auktionspreis 49,559 Millionen Euro.
Bleiben wir gleich bei der Betriebswirtschaft. Wie haben sich denn die Auswirkungen der Pandemie für Drei manifestiert?
Zu Beginn war es natürlich – nicht nur für uns – eine große Herausforderung, die kritische Infrastruktur der Telekommunikation und damit operative Stabilität bzw. die konkreten Abläufe zu gewährleisten. Das ist uns sehr gut gelungen, die Netze haben standgehalten, obwohl zwei Drittel mehr Sprachverkehr und ein Drittel mehr Datenvolumen zu bewältigen waren. Unterm Strich hält dieser Trend übrigens an, wir halten aktuell weiterhin bei 30 Prozent mehr Datenvolumen im Vergleich zum Vorjahr und es steigt weiter an, mit teilweise sehr starken ‚Ausreißern‘ nach oben, etwa bei der internetbasierten Sprach- und Videotelefonie mit einem Anstieg um 138 Prozent.
Allerdings war und ist die Covid-19-Pandemie eine massive wirtschaftliche Herausforderung, die Telekommunikation ist keineswegs automatisch ein ‚Krisengewinner‘, weil die großzügigen Pakete (‚Unlimited‘, etc.) speziell in Österreich die Mehrnutzung weitestgehend ‚abgefangen‘ haben, während das Roaming-Geschäft fast vollständig weggebrochen ist. In Summe ist es für Drei zu einem leichten Umsatzeinbruch gekommen, und 2021 wird sicher zu einer beachtlichen Herausforderung – auch, weil 5G für Drei das größte Rollout-Programm der Firmengeschichte bedeutet.
Was kommt noch auf Sie zu?
Ein Umsatzwachstum ist unter anderem wegen des 5G-Ausbaus die Grundlage für die gesamte Telekommunikationsbranche und somit auch der wichtigste Teil der Unternehmensstrategie von Drei. Schwerpunkte für uns sind unter anderem TV sowie Gas und Strom für die Haushalte, aber auch das große Thema Sicherheit. Das bedeutet natürlich Verlässlichkeit im Tarif- bzw. Kostenbereich, aber auch Schutz vor Virenbefall und Schadsoftware, also technische Vorkehrungen und darüber hinaus Versicherungsprodukte wie Handyschutz, Online-Banking sowie neuerdings Reiseschutz.
Mit dem ‚Digitalimpuls Gipfelsturm‘ hat Drei vor einigen Wochen zum ersten Mal in Europa einen Experten-Talk in 2.700 Meter Seehöhe live gestreamt.
Ein weiteres wichtiges Thema ist für Drei die Gesundheit, etwa das intelligente Datennetz Healix, mit dem man Daten wie ELGA, Patientenvorgeschichte, Röntgenbilder oder andere Untersuchungsergebnisse sicher mit anderen Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern austauschen kann.
Last but not least gibt es einen weiteren wesentlichen ‚Hebel‘, an dem 2021 weiter ‚gedreht‘ werden muss, nämlich den europäischen Rechtsrahmen für Telekommunikation mit der dringend notwendigen Harmonisierung des Konsumentenschutzes und der Umsetzung der EU-Vorgaben in nationales Recht.
9.11.2020 / Autor: Paul Christian Jezek / p.jezek@lex-press.at